Software SAP droht eine Übernahmeschlacht

Die Berufung von Ex-SAP-Chef Léo Apotheker an die Spitze von Hewlett-Packard könnte sich als der erste Schritt zu einer Übernahmeschlacht um die deutsche Software-Ikone erweisen. Mit von der Partie dürfte nicht nur der US-Computergigant, sondern die Creme der gesamten IT-Branche sein.

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SAP Quelle: Andreas Körner für WirtschaftsWoche

Normalerweise mimt Hasso Plattner gern den grantelnden Elder Statesman der IT – besonders, wenn er über aktuelle Entwicklungen in seiner Branche spricht. Doch diesmal wirkte der Aufsichtsratsvorsitzende und Mitbegründer des deutschen Softwarekonzerns SAP ungewohnt aufgeräumt.

„Ich gratuliere Léo Apotheker zu seiner Ernennung als Vorstandsvorsitzenden von Hewlett-Packard. Dies ist eine interessante und herausfordernde Aufgabe, und ich wünsche ihm dafür alles Gute“, ließ sich der 66-Jährige Ende vorvergangener Woche zitieren. Tags zuvor hatte der Verwaltungsrat des amerikanischen IT-Giganten Hewlett-Packard (HP) die weltweite Computerbranche mit der Sensationsnachricht überrascht: Der im Februar als SAP-Chef geschasste Apotheker werde vom 1. November an die Nachfolge von Mark Hurd an der HP-Spitze antreten. Der Amerikaner musste vor rund zwei Monaten wegen Unregelmäßigkeiten bei der Reisekostenabrechnung gehen. 

Die handzahme Stellungnahme Plattners lässt nur eine Deutung zu: Die Führungsspitze in Deutschlands Vorzeigesoftwarehaus weiß genau, welche Signalwirkung die Top-Personalie hat. Da wechselt der ausgewiesene Softwarespezialist Apotheker nach 20 Jahren bei SAP zum weltgrößten IT-Konzern mit rund 115 Milliarden Dollar Umsatz. Und das zu einem Unternehmen, das gerade im Zukunftsmarkt Software mit drei Prozent seines Geschäfts allenfalls ein Schattendasein führt.

Branchenkenner halten es da nur für logisch, dass mit dem Amtsantritt von Apotheker bei HP die Entscheidungsschlacht um die Zukunft des Juwels der deutschen IT-Industrie näher rückt: „Ich gehe davon aus, dass HP an SAP als Kaufobjekt nicht vorbeigehen kann“, sagt Helmuth Gümbel, Gründer des IT-Analyseunternehmens Strategy Partners, der SAP seit rund 20 Jahren beobachtet. Ins gleiche Horn stößt Peter Goldmacher, Finanzanalyst bei der US-Investmentbank Cowen in San Francisco: „Wir wären nicht überrascht, würden HP und SAP zusammengehen, die Kombination ergäbe jedenfalls Sinn.“

Tschira eröffnet Übernahmedebatte

Damit stehen die beiden Branchenexperten nicht allein. Fast zeitgleich mit der Berufung von Apotheker zum HP-Chef hatte SAP-Mitgründer Klaus Tschira, einer der drei Urväter des Weltkonzerns im badischen Walldorf, von sich aus die Übernahmedebatte eröffnet. „Ja, da gäbe es schon denkbare Käufer“ für SAP, gab der heute 69-Jährige vor gut einer Woche in der WirtschaftsWoche zum Besten.

Aktuell, so beteuerte Tschira freilich auch, gebe es keine Verkaufspläne. Das muss nicht so bleiben. Denn der Druck auf die Walldorfer durch den Wandel in der IT steigt. Die Branche hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verändert. Die Konzentration eines Unternehmens ausschließlich auf Software, wie sie vor allem SAP-Aufsichtsratschef Plattner will, ist zur großen Ausnahme geworden. SAP droht den Anschluss an die Konkurrenten zu verlieren, zumindest als eigenständige Firma. Damit könnten die Walldorfer – wenn nicht sofort, so doch vielleicht in einem Jahr – zum Ziel einer gewaltigen Übernahmeschlacht werden, zu der sich die Stars der Branche jetzt warmlaufen.

Generalisten statt Spezialisten

Schuld an dieser Entwicklung sind die jüngsten Trends in der IT-Branche, auf die SAP bisher kaum reagierte. Früher zählte in der Computerindustrie die Spezialisierung. Die Unternehmen als wichtigste Kunden kauften Datenbanken etwa bei Ora cle oder IBM, Software bei SAP und Microsoft, Computer bei HP, IBM, Sun oder Dell, Speichersysteme bei EMC oder HP. Sodann ließen sie alles von einem Dienstleister wie IBM oder Accenture zusammensetzen. Wichtig war für die Abnehmer, nicht von einem IT-Lieferanten allein abhängig zu sein.

Doch die Strategie führte irgendwann einmal nicht mehr weiter. Zwar vermieden die Unternehmen eine zu große Abhängigkeit, gleichzeitig wurden die IT-Systeme unterschiedlicher Herkunft aber immer komplexer. Laut dem Marktforschungsunternehmen Forrester Research geben Unternehmen inzwischen im Schnitt 60 Prozent ihres IT-Budgets nur noch dafür aus, ihre Rechner und Programme zu unterhalten.

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