Stahl ThyssenKrupp will Iran-Bande vollständig lösen

Die USA suchen weiter Distanz zu Unternehmen, die mit der "Achse des Bösen" Geschäfte machen. Ein Grund für ThyssenKrupp sich nicht mit der Großmacht anzulegen.

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Juli 2000: Irans damaliger Quelle: REUTERS

Im US-Bundesstaat Alabama hat ThyssenKrupp gerade zwei neue Stahlwerke gebaut, das Unternehmen will mit der amerikanischen Auto- und Maschinenbauindustrie ins Geschäft kommen, die Karrosseriebleche und Stahlteile von den Deutschen kaufen sollen. Da passt der Iran als Geschäftspartner nicht mehr ins Konzept der ThyssenKrupp-Vorstände. Mahmud Ahmadineschad ist dem Weißen Haus ein Dorn im Auge, das US-Establishment will die weltweiten Geschäfts mit dem Iran austrocknen.

ThyssenKrupp und Siemens sind die beiden deutschen Unternehmen, die noch lebhafte Geschäftskontakte in den Iran pflegen - nicht weil sie das Mahmud-Regme so sehr mögen, sondern weil es seit alters her gute kulturelle und geschäftliche Kontakte in den Iran, vormals Persien gibt. Die iranische Geschäftswelt ist deutsch- und franzosenfreundlich, das liegt an der historischen Erfahrung, die das Land mit den im Kolonialstil auftretenden Briten und den stets auftrumpfenden Amerikanern gemacht haben. Die guten deutsch-iranischen Beziehungen sind unabhängig von der Besetzung der Staatsspitze, ob nun der Schah, der Ayatolla Khomeni oder Mahmud Ahmadineschad dort regiert.

Reisebüro sorgt für Ärger

Dennoch wird für einen Konzern wie ThyssenKrupp das Geschäft mit dem Iran jetzt gefährlich. Denn die Amerikaner differenzieren nicht mehr nach technologischen Beziehungen auf Fachebene oder hochrangigen Wirtschaftskontakten, die dem Iran eine Bühne geben könnten. Das Weiße Haus erwartet, dass Ahamadineschad in einem Jahr die Atombombe bauen kann, jedwede Geschäftsbeziehung, die nach Technologietransfer riecht - und sei er noch so banal - soll nun unterbunden werden, andernfalls droht dem jeweiligen Unternehmen das Aus mit den Geschäftsbeziehungen in die USA. Die US-Administration macht Druck auf die amerikanischen Unternehmen, mit irannahen Geschäftspartnern keine Beziehungen mehr zu pflegen.

Der Iran hielt einst 25 Prozent an Krupp, ein Schah-Abgesandter gehörte dem Aufsichtsrat an, später ein Khomeni-Gefolgsmann. Es wurde auch von Seiten des Iran im fusionierten Unternehmen ThyssenKrupp stets betont wirtschafsorientierte und ideologiefreie Strategien mitgetragen. Die iranische Seite im Aufsichtsrat hatte sich besonders positiv für die Fusion von Thyssen und Krupp eingesetzt, was man von der damaligen Staatskanzlei in Düsseldorf nicht sagen konnte. Umso überraschter war der Iran-Vertreter im Aufsichtsrat, als er den Anteil des von den USA geächteten Staates verkaufen und seinen Platz im Kontrollgremium räumen musste.

Nun beteuert ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz, dass es keinerlei Neugeschäfte mit dem Iran - auf welcher Sachebene auch immer - mehr geben werde. Solche Kontakte gibt es zwischen Ingenieursgesellschaften von ThyssenKrupp-Polysisus mit Sitz im ostwestfälischen Neubeckum, von wo das Zementgeschäft koordiniert wird. Zement-Produktionstechnik in die Iran? Auch das geht nicht mehr, will der Revierkonzern mit seinen Stahlinteressen nicht mit der politischen Klasse in den USA anecken.

Bleibt noch ein Spurenelement, dass ThyssenKrupp partout nicht los wird. Das Reisebüro Dr. Tigges in Essen mit einem zweistelligen Millionenumsatz und 105 Mitarbeitern gehört zu 24 Prozent dem iranischen Staat - aus alten Tagen. 76 Prozent gehört ThyssenKrupp, die Kruppianer sind seit Wochen intensiv dabei, für das Paket einen Käufer zu finden, der zu einem annehmbaren Preis in das Paket des Iran einsteigen will. Doch das gelingt nicht, die 76 Prozent von ThyssenKrupp sind auch nicht zu verkaufen. Der Stahlkonzern wickelt einen Großteil seiner Geschäftsreisen mit diesem Reisebüro ab, das könnte noch für Empfindlichkeiten mit den amerikanischen Einreisebehörden sorgen.

Die Vorstände wollen das Reisebüro so schnell wie möglich abschütteln. Es wäre schade, wenn GM in Alabama nicht bestellt, nur weil Ekkhard Schulz seine Reise nach Washington oder Detroit über Dr. Tigges gebucht hat.

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