Tarifeinigung Fluglotsen sagen den Streik ab

Bis zum Schluss mussten Fluggäste und Airlines auf einen Kompromiss hoffen: Jetzt einigten sich Lotsen und Flugsicherung in letzter Minute. Der Streik ist vom Tisch. Mit der Einigung endet eine monatelange Hängepartie.

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Lotsen in Frankfurt: Die Deutschen verdienen im internationalen Vergleich gut. Quelle: handelsblatt.com

Tausende Flugreisende in Deutschland können aufatmen: Der härteste Tarifkonflikt in der Geschichte der Flugsicherung ist beigelegt, ein drohender Streik der Fluglotsen ist vom Tisch. In einem letzten Vermittlungsgespräch auf Initiative von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) einigten sich die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) und das bundeseigene Unternehmen auf einen neuen Tarifvertrag für die Beschäftigten der Deutschen Flugsicherung.

„Das war heute nochmals ein hartes Ringen um Detailfragen“, sagte Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba nach den etwa siebenstündigen Verhandlungen in Frankfurt. Angesichts eines drohenden Ausstands hatte sich der oberste Dienstherr der Fluglotsen, Minister Ramsauer, in den Konflikt eingeschaltet. „Wir haben uns in allen wesentlichen Punkten durchsetzen können“, sagte GdF-Tarifvorstand Markus Siebers.

Der DFS zufolge erhalten alle rund 6000 Mitarbeiter für eine Laufzeit von 17 Monaten in zwei Stufen ein Gehaltsplus von 5,2 Prozent. Bei der bis zuletzt umstrittenen Beförderung von Team- und Schichtleitern der Fluglotsen gab es eine Einigung. „Wir haben uns auf beiden Seiten bewegen müssen“, sagte DFS-Chef Dieter Kaden. Nach den Berechnungen des Unternehmens erhöhen sich die Personalkosten durch die Einigung um etwa 9 Prozent. „Wir haben alles getan, um Schaden von der Luftverkehrsbranche und der Volkswirtschaft insgesamt abzuwenden“, sagte Kaden.

Ein Streik in dieser Woche hatte unmittelbar bevorgestanden, nachdem die letzte Schlichtungsrunde in dem seit Monaten tobenden Tarifkonflikt geplatzt war. Hauptstreitpunkt war die Beförderung von Schicht- und Teamleitern. In allen anderen Punkten hatten die Tarifparteien eine Einigung erzielt - auch über das Gehalt.

Ramsauers Intervention brachte den Durchbruch

Nach der Intervention Ramsauers erklärte sich die GdF noch einmal zu einem Gespräch mit der Flugsicherung unter Leitung des Schlichters Volker Rieble bereit. Die GdF-Mitglieder hatten im Sommer bereits per Urabstimmung für einen Streik gestimmt, der nach heftigen juristischen Auseinandersetzungen durch die Schlichtung vorläufig abgewendet worden war.

Nach Angaben der GdF muss nun noch die Tarifkommission bei einem Treffen am 20. Oktober der Einigung zustimmen. Eine Annahme der Vereinbarung gilt als so gut wie sicher.

Damit ist ein Tarifkonflikt gelöst, der sich schon seit Jahresbeginn hinzieht. Anfang August war die Situation eskaliert - die Fluglotsen wollten zwei Mal einen kompletten Vormittag lang den Flugverkehr lahmlegen. Die Arbeitsniederlegungen wurden jedoch beide Male kurz vorher verhindert. Durch die Streiks standen jeweils bis zu 2500 Flüge auf der Kippe, bis zu 400.000 Passagiere wären gestrandet. In Deutschland arbeiten nach Gewerkschafts-Angaben etwa 5500 Beschäftigte bei der Flugsicherung, davon 2400 Fluglotsen.

Die Fronten zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft waren zuletzt verhärtet. Zu viel war in den vergangenen Wochen passiert: Zweimal wurden die Arbeitsgerichte angerufen, mehrfach kündigten die Fluglotsen Streiks an,am vergangenen Freitag schließlich platzte die letzte Schlichtungsrunde.

Es ging nicht in erster Linie ums Geld

In dem Konflikt ging es nicht vordergründig ums Geld – über ein Gehaltsplus von 5,2 Prozent für die DFS-Tarifbeschäftigten waren sich die Parteien dem Unternehmen zufolge relativ schnell einig.

Hintergrund des mit aller Härte geführten Konflikts waren vor allem die Veränderungen im europäischen Luftverkehr. Auf dem Weg zum einheitlichen Europa-Luftraum will die EU-Kommission die Flugsicherungen in den Wettbewerb zwingen. Ein wichtiger Punkt ist eine Deckelung der Gebühren unter dem bisherigen Niveau. Bislang legt die Flugsicherung ihre Kosten einfach auf die Kunden um. Das hat in der Vergangenheit finanzielle Zugeständnisse an die Lotsen erleichtert, die weltweit zu den Spitzenverdienern ihres Berufsstandes gehören.

In Zukunft muss mehr Verkehr mit weniger Mitteln abgewickelt werden. Den Lotsen fällt es dabei schwer einzusehen, dass für die Sicherheit weniger Geld da sein soll, während die Airlines über diverse Gebühren und der Staat über neue Steuern die Passagiere abkassieren. Die Lotsen vermuten, dass ihr Unternehmen von der Luftfahrtindustrie massiv zu einer harten Linie gedrängt wird.

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