Teva schluckt Ratiopharm Das große Geschäft mit den Billigpillen

Für stolze 3,6 Milliarden Euro geht Ratiopharm an den israelischen Teva-Konzern. Das Geld ist gut angelegt: Der Generikamarkt wächst weiter. Dabei schien die Branche fast am Ende.

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Das Logo des Generika-Konzerns Quelle: dpa

Es klang wie ein Abgesang: Der Boom sei vorbei, jammerten die Hersteller von billigen Nachahmermedikamenten (Generika) landauf, landab in den vergangenen Monaten. Und sie wussten reichlich Gründe für ihre Klagen anzuführen: Preise und Margen verfallen. Die Krankenkassen pressen den Generikaherstellern – in Deutschland, aber auch anderswo in Europa – immer höhere Rabatte ab. Wer daher heute ein Generikaunternehmen verkaufe, müsse sich bescheiden, ein hoher Kaufpreis sei damit nicht zu erzielen.

Von wegen: Für üppige 3,6 Milliarden Euro übernahm der israelische Weltmarktführer Teva vor wenigen Tagen Ratiopharm, eine der bekanntesten deutschen Marken. Eigentümer Ludwig Merckle hat das Unternehmen teuer verkauft – selbst Optimisten hatten bis vor Kurzem nur mit einem Kaufpreis von etwa drei Milliarden Euro gerechnet. Ludwigs Vater Adolf Merckle, der sich im vergangenen Jahr das Leben nahm, hatte das Unternehmen einst aufgebaut (siehe Kasten), für das Teva jetzt tief in die -Tasche greift. Die Israelis glauben an die Zukunft des Generikamarktes. Zu Recht.

Positive Prognosen für Generikamarkt

Tatsächlich dürfte die Bedeutung der Kopien von Arzneien, deren Patentschutz abgelaufen ist, eher zu- als abnehmen. „Der Absatz von Generika wird aus mehreren Gründen drastisch steigen“, sagt Norbert Hültenschmidt, Partner bei der Unternehmensberatung Bain & Company und Leiter der weltweiten Praxisgruppe Pharma/Healthcare.

„In vielen Ländern laufen die Gesundheitskosten aus dem Ruder, viele Krankenkassen und Versicherungen weltweit fordern deshalb einen weltweit höheren Einsatz von Generika“, so Hültenschmidt, „immer häufiger verschreiben die Ärzte inzwischen auch Kombinationstherapien von neuen Medikamenten und Generika.“

Doch nicht nur Kassen und Ärzte erkennen zunehmend die Bedeutung von Generika, sondern auch die Unternehmen. Hültenschmidt: „Bei großen Pharmakonzernen laufen zunehmend die Patente für die Kassenschlager aus. Deshalb brauchen die Unternehmen dringend -Ersatz, und einige investieren verstärkt in Generika.“

Der Bain-Berater erwartet, dass der Volumenabsatz von Generika weltweit in den kommenden drei bis vier Jahren um jeweils sechs bis acht Prozent zulegen wird.

Bereits von 2005 bis 2009 ist die Menge der verkauften Nachahmerprodukte um 31 Prozent gestiegen, der Umsatz kletterte um 44 Prozent, wie das internationale Marktforschungsinstitut IMS Health errechnet hat. Anders sieht es bei den übrigen, meist patentgeschützten Pillen aus: Sie verloren drei Prozent Absatz – schafften aber auch damit dank steigender Preise noch ein Umsatzplus von 20 Prozent.

Bei den Generika steigen nicht nur die Verkäufe, auch die Gewinne dürften wieder anziehen. Zwar sinken derzeit die Margen bei den Nachahmerpillen durch den harten Konkurrenzkampf und den Druck der Krankenkassen, Rabatte zu gewähren, um Exklusivverträge zu gewinnen. Doch womöglich scheint hier – zumindest in Deutschland – aus Sicht der Branche das Schlimmste überstanden: Die CDU fordert bereits, die von der Generikaindustrie beklagten Rabattverträge wieder abzuschaffen.

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