Top-Unternehmer Deutschlands Unruhestifter

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Wie Trüffelschweine

Eine Bezeichnung für diese Kaste gibt es noch nicht. Klar ist nur, dass sie die Basis für ein Phänomen bilden, das Deutschland von vielen Ländern unterscheidet: die unzähligen außergewöhnlich erfolgreichen Familienunternehmen und kleinen Mittelständler. Werte wie „Vertrauen, Verantwortung oder Verlässlichkeit, aber auch Hartnäckigkeit“, zählt der Nürnberger Berater und Experte für Familienfirmen, Arnold Weissman auf, um die wichtigsten Eigenschaften der sonderbaren Gesellen zu charakterisieren.

Was erfolgreiche Unternehmer ausmacht, hat die Wirtschaftswissenschaftler schon immer interessiert – vor allem in Abgrenzung zum gierigen Raffke und geizigen Schatzbildner, den es in allen Epochen gab. Der Brite Adam Smith etwa stellte 1776 fest, dass das Streben nach persönlichem Reichtum keinesfalls ausreiche, um als Unternehmer erfolgreich zu sein, weil es der Notwendigkeit entgegenstehe, die Gewinne zu reinvestieren, statt diese wie der Knauserer zu horten oder der Lebemann zu konsumieren. Smiths Kritiker Karl Marx sah im Unternehmer vor allem ein getriebenes Wesen, das von der Konkurrenz zu ständiger Rationalisierung, Innovation und Kapitalakkumulation gepeitscht wird, um wirtschaftlich nicht unterzugehen. Dass dies charakterliche Eigenschaften voraussetzt, interessierte Marx allenfalls am Rande.

Perfektionist Robert Bosch

In diese Lücke stieß Joseph Schumpeter (1883–1950). Der österreichische Ökonom hob den Unterschied des Unternehmers zum Finanzkapitalisten hervor und betonte seine Freude am Gestalten und an Innovationen. Deswegen waren für ihn Unternehmer „schöpferische Zerstörer“. Der zeitgenössische amerikanische Ökonom Israel Kirzner schließlich sah im Unternehmer eine Art Trüffelschwein mit der besonderen Begabung, Geschäftschancen zu entdecken, wo andere nichts sehen. In der Praxis vereinen Personen wie Marquardt wohl alle diese vier Momente: die Bereitschaft zum Risiko; die Fähigkeit, dem Zwang der Konkurrenz zu gehorchen; das Bedürfnis, Neues zu schaffen; den Riecher fürs Geschäft. Dazu kommt wohl ein fünftes Element – angesiedelt zwischen Genialität und Besessenheit, Rigorosität und Unerschütterlichkeit.

Urbild dieses Unternehmertyps in Deutschland ist wohl Robert Bosch. Der Gastwirtssohn eröffnete als 25-Jähriger 1886 in Stuttgart die „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“. Als ihn 1887 ein Kunde um den Bau eines Magnetzünders für einen Otto-Motor bat, begnügte er sich nicht mit den vorliegenden unpatentierten Konstruktionen. Er verbesserte den Zünder radikal und legte die Grundlage für den späteren Weltkonzern – und die globale Motorisierung.

Ursache des Erfolgs war weniger Boschs technisches Verständnis als vielmehr sein Perfektionsdrang. Spätere Verbesserungen am Zünder stammten vor allem von seinen Mitarbeitern. Doch war Bosch der Antreiber hinter diesen Entwicklungen.

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