Tücken des Wettbewerbs Wie Manager nicht in die Kartellfalle laufen

Neue Konkurrenz, einbrechende Nachfrage, falsche Anreizsysteme: All das verleitet Manager zu unlauteren Kartellabsprachen. Die Strafen dafür sind hoch. Eine Studie zeigt, warum dennoch viele Firmen gefährdet sind.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die Strafen für Kartelle sind in den vergangenen Jahren weiter gestiegen. Quelle: imago

Manchmal startet ein Kartell mit einer Seuche: Es war das Jahr 2000 als der BSE-Skandal die Nachfrage nach Rindfleisch einbrechen ließ. Manager der wirtschaftlich angeschlagenen Rindfleisch-Produzenten in Frankreich schmiedeten daher ein Kartell, um die einbrechenden Preise aufzufangen. Ein Kartell, das schließlich aufflog und die betroffenen Firmen teuer zu stehen kam.

Seit Informanten Straffreiheit in Aussicht gestellt ist, fliegen zunehmend Kartelle auf und Firmen sind für die Gefahren sensibilisiert. Dennoch: Auch heute fällt es Unternehmen schwer, fragwürdige Absprachen ihrer Angestellten im Vorfeld zu verhindern. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik und Regulierung der Universität Gießen, die Handelsblatt Online vorliegt.

86 Unternehmen in Deutschland, der Schweiz und Österreich haben die Wirtschaftswissenschaftler befragt, immerhin 11 gaben an, schon einmal gegen das Kartellverbot verstoßen zu haben. Zentrales Ergebnis der Studie: Viele Unternehmen schulen zwar ihre Angestellten im Kartellrecht, sie unterschätzen die Risiken veränderter Marktbedingungen. Denn ein neuer Konkurrent, einbrechende Nachfrage und falsche Anreizsysteme können Kartelle massiv begünstigen.

Und das kann teuer werden: 108 Fälle, in denen gegen das Kartellverbot verstoßen wurde, hat die Europäische Kommission seit 1990 registriert. Insgesamt belaufen sich die Bußgelder auf eine Summe von 20,4 Milliarden Euro, betroffen sind 759 Unternehmen. Dabei steigt der Druck auf die Unternehmen gleich von zwei Seiten: auf der einen drängen Anteilseigner und Kunden auf klare Regeln, ohne anständige Compliance werden Finanzierungsrunden fast unmöglich. Auf der anderen Seite zieht der Gesetzgeber in einigen Branchen die Daumenschrauben an.

Die Strafen steigen stetig, im Schnitt erwartete die betroffenen Unternehmen in den vergangenen vier Jahren ein Bußgeld von 340 Millionen Euro bei einem Kartellverstoß. Das höchste Bußgeld wurde 2012 den Herstellern von TV- und Computermonitoren auferlegt. Damals belief sich die Kartellstrafe auf satte 1,4 Milliarden Euro -  und dabei sind mögliche Schadenersatzforderungen nicht eingerechnet. „Die Strafen, die das Kartellamt aber auch die EU-Kommission aussprechen, steigen kontinuierlich“, sagt Rechtsanwalt Volker Soyez, Leiter Arbeitsgruppe „Kartellrecht“ im Netzwerk Compliance. Das Kalkül der Behörden: Je höher die Bußgelder, desto höher die Abschreckung.

Während man früher mit den Bußgeldern kalkulieren konnte, ob ein Kartell sich auszahlt, sind die finanziellen Folgen heute schwerer abzuschätzen. „Das liegt vor allem an der steigenden Zahl der kartellrechtlichen Schadenersatzprozesse“, sagt Anwalt Soyez. Seit 2005 seien die Möglichkeiten der privaten Klage erheblich gestärkt worden. Wird ein Kartell aufgedeckt, kommt es mittlerweile fast automatisch zu Privatklagen. Große Unternehmen wie die Deutsche Bahn unterhalten sogar eine eigene Abteilung, um Schadenersatz geltend zu machen, wenn sie Kartellopfer werden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%