TUI-Hauptversammlung Der längste Tag

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Doch Freude dürfte auch bei Vorstand und Aufsichtsrat am Ende dieses langen Tages nicht aufgekommen sein. Krumnow hat das Vertrauen eines Großteils der Aktionäre verloren – nicht einmal 60 Prozent der Anteilseigner stehen noch hinter ihm. Mehr als 40 Prozent sind der Meinung, dass der ehemalige Deutsche-Bank-Vorstand als oberster Kontrolleur versagt hat. Im Interesse des Unternehmens müsste er eigentlich seinen Hut nehmen.

Blessuren haben auch die mit Frenzel verbündeten Aufsichtsräte aus der Ferien-Hotellerie am Mittelmeer davongetragen. Viele Aktionäre halten sie als Kontrolleure des Vorstands für ungeeignet, weil sie gleichzeitig Geschäftsbeziehungen zum Konzern unterhalten. So berechtigt der Vorwurf sein mag – die Realität ist anders. In deutschen Konzernen sind solche Interessenkonflikte eher die Regel als die Ausnahme.

Frenzel selbst geht ebenfalls schwer angeschlagen aus der Hauptversammlung. Knapp 30 Prozent der Aktionäre wollen einen anderen Mann an der Spitze der TUI, ein Großteil derer, die ihn noch unterstützen, tun das nur, weil „es nicht gut wäre, mitten im Strom die Pferde zu wechseln“, wie es ein Aktionärsvertreter ausdrückte. Vertrauen sieht anders aus.

Neuer Versuch der Wikinger?

Deutlich wurde in der Diskussion auch, dass Frenzels Pläne, sich vom Schifffahrtsgeschäft zu trennen, immer noch umstritten sind. Selbst bei denen, die dafür sind, gibt es große Meinungsunterschiede, wie dieser Schritt über die Bühne gehen soll – als Verkauf oder als Spin-off. Frenzel favorisiert einen Verkauf – um mit den Erlösen einen Großteil des insgesamt knapp vier Milliarden Euro großen Schuldenbergs zu tilgen und vermutlich auch, um in das verbleibende Touristikgeschäft investieren zu können. Viele Aktionäre wollen genau das verhindern und lieber Geld sehen. Sie plädieren darum für eine Teilung von Konzern und Aktie – Hapag-Lloyd gilt als Ertragsperle, die Papiere ließen sich sicher gut verkaufen.

Kurzfristig mag das von Vorteil sein – für die Kursentwicklung des Restkonzerns wäre das gelinde gesagt problematisch. Das Touristikgeschäft ist ertragsschwach und daran wird sich trotz Investitionen in die beiden margenstärkeren Teil-Bereiche Hotel und Kreuzschifffahrt auch nichts ändern. Der aus einem Spin-off hervorgehende TUI-Restkonzern wäre vom Start weg ein Underperformer ohne Chancen auf den Verbleib im Dax, ohne ordentliche Dividendenaussichten und mit einer ungewissen Zukunft.

Der in den vergangenen Monaten wegen des Machtkampfs deutlich verbesserte TUI-Kurs könnte aber schon viel früher wieder unter Druck geraten: Dann nämlich, wenn Fredriksen sich aus Frust über das Ergebnis der Hauptversammlung dazu entschließen sollte, sein nach eigenen Angaben rund eine Milliarde Euro schweres Investment in die TUI wieder aufzugeben.

Ebenso gut möglich, dass die diesmal noch gescheiterten Wikinger einen neuen Invasionsversuch unternehmen. Das würde den seit Monaten tobenden Machtkampf Fredriksens mit dem angeschlagenen Vorstand noch verschärfen. Für den Aktien-Kurs könnte das kurzfristig weiteren Auftrieb bringen, für die langfristige Entwicklung des Unternehmens wäre es verheerend. Ein Vorstand, der den größten Teil seiner Zeit darauf verwenden muss, sich selbst zu verteidigen, kann die TUI sich nicht länger leisten.

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