Verdacht der Steuerhinterziehung Post-Chef Zumwinkel trotz Ermittlungen "vollständig handlungsfähig"

Post-Chef Klaus Zumwinkel steht im Verdacht, Steuern in Millionenhöhe hinterzogen zu haben.

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Klaus Zumwinkel (M.) verlässt Quelle: dpa

Der 64-jährige Topmanager soll am deutschen Fiskus vorbei Geld in Stiftungen in Liechtenstein angelegt haben, wie die Staatsanwaltschaft Bochum mitteilte. Ermittler und Steuerfahnder durchsuchten seine Privatvilla in Köln sowie die Büroräume des Vorstandschefs im Bonner Post-Tower. Ein Haftbefehl wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Zumwinkel habe sich zu den Vorwürfen geäußert und eine Sicherheitsleistung in nicht unerheblicher Höhe angeboten. Die Post teilte am frühen Abend mit, der gesamte Vorstand inklusive Zumwinkel sei vollständig handlungsfähig und übe ungeachtet der Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung weiter sein Amt aus. Er sei „vollständig handlungsfähig“ und führe mit dem Vorstand „die Geschäfte wie gewohnt fort“. Ferner hieß es in der knappen Stellungnahme: „Dr. Klaus Zumwinkel hat ausführlich mit den zuständigen Behörden über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe gesprochen und ist wieder zu Hause.“

Die Ermittlungen der in Nordrhein-Westfalen für Steuerdelikte zuständigen Staatsanwaltschaft Bochum richten sich gegen mehrere Beschuldigte. Zu den anderen Betroffenen machten die Ermittler keine Angaben. Nach Informationen des ZDF und „Spiegel online“ wird der Post-Chef verdächtigt, im großen Stil Geld aus einem privaten Firmenverkauf auf einem Bankkonto in Liechtenstein deponiert zu haben, das dann nicht versteuert wurde.

Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, wandte sich bereits im vorigen Jahr ein Informant mit Interna über Zumwinkels Steuersparmodell in Liechtenstein an den Bundesnachrichtendienst (BND). Dieser habe dann die Steuerfahndung eingeschaltet.

Die Fahnder kamen am frühen Morgen

Die Ermittler und Steuerfahnder rückten am Morgen in Köln-Marienburg und in der Bonner Post-Zentrale an. Neben den Durchsuchungsbeschlüssen war vom Haftrichter vorsorglich bereits ein Haftbefehl ausgestellt worden.

Am Mittag wurde Zumwinkel zur Staatsanwaltschaft nach Bochum gebracht, die er jedoch nach der Entscheidung über die Aussetzung des Haftbefehls wieder auf freiem Fuß verlassen konnte.

Die Post bestätigte zunächst nur das Ermittlungsverfahren gegen ihren Chef und die Durchsuchungen in der Zentrale. Zumwinkels Vertrag läuft Ende dieses Jahres aus. Als designierter Nachfolger gilt Vorstandsmitglied Frank Appel. Der 46-Jährige verantwortet die Logistiksparte. Konzernkreisen zufolge wollte Zumwinkel an die Spitze des Post-Aufsichtsrates rücken.

Für den Fall, dass die Steuervorwürfe zutreffen, dürfte er allerdings keine Zukunft mehr bei der Post haben, hieß es in Branchenkreisen. Auch in den Aufsichtsräten anderer Unternehmen, in denen Zumwinkel sitzt, seien dann seine Tage wohl gezählt. Der mehrfach ausgezeichnete Manager war im Dezember wegen des Verkaufs eigener Postaktien in die Kritik geraten.

Kurz nach der Einigung über den von ihm maßgeblich geforderten Mindestlohn in der Postbranche nutzte er den folgerichtigen Kursanstieg der Post-Aktie und erlöste aus 200.000 Aktienoptionen rund 2,24 Millionen Euro. Nachträglich bedauerte er sein Handeln. Er sei sich der Tragweite seines Handels nicht bewusst gewesen.

Klaus Zumwinkel kommt in Köln Quelle: dpa

Der Fall Zumwinkel zeigt nach Ansicht der Deutschen Steuergewerkschaft, „dass Steuerhinterziehung in Deutschland zum Volkssport geworden ist“. Jedes Jahr würden schätzungsweise rund 30 Milliarden Euro Steuern hinterzogen, sagte Verbandschef Dieter Ondracek der „Leipziger Volkszeitung“.

Das Positive an den Ermittlungen gegen Zumwinkel sei, dass auch der prominente Name nicht vor der Steuerfahndung schütze. Am Aktienmarkt gewann die Post-Aktie deutlich hinzu und war mit einem Plus von mehr als vier Prozent Tagessieger im Dax. Mit einem nun wahrscheinlich früheren Wechsel auf dem Chefsessel sei neuer Schwung bei der Post zu erwarten, sagten Händler.

Klaus Zumwinkel im Jahr 1997 Quelle: AP

Klaus Zumwinkel steht seit fast 19 Jahren an der Spitze der Deutschen Post.  In seine Ära fällt der Börsengang des einstigen Staatskonzerns und die Verwandlung des eher trägen Monopolisten in ein weltweit agierendes Logistikunternehmen. Sein Vertrag läuft aus Altersgründen Ende des Jahres aus. Es wird seit längerem erwartet, dass der 64-Jährige sein Amt noch vor dem Auslaufen des Vertrages aus Altersgründen niederlegt.

Zumwinkel ist außerdem noch Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Telekom, Aufsichtsratsmitglied bei der Deutschen Lufthansa und Mitglied des Board of Directors der US-Investmentbank Morgan Stanley.

Verstärkte Kritik an Zumwinkel

Der Top-Manager war in letzter Zeit verstärkt in die Kritik geraten - und er hatte nicht immer eine glückliche Hand bei privaten Finanzgeschäften. Erst im Dezember vergangenen Jahres sorgte Zumwinkel für Negativ-Schlagzeilen, als er den Höhenflug der Post-Aktie nach dem „Ja“ zum Mindestlohn nutzte, Post-Aktien aus einem Optionsprogramm im Wert von 4,7 Millionen Euro zu verkaufen. Laut seiner Darstellung war der Aktienverkauf lange vor der Mindestlohn-Einigung geplant worden. Zumwinkel hatte angesichts der Kritik später eingeräumt, er habe einen Fehler gemacht und die Tragweite seiner Verkaufsentscheidung nicht bedacht.

Kritiker werfen dem Post-Chef außerdem vor, einen wenig lukrativen Zukauf eines Paketzustellers in den USA getätigt zu haben. Der Ausbau des US-Geschäfts, in das das Zumwinkel 1,4 Milliarden Euro investiert hatte, geriet zum Desaster. Nach einem Bericht der WirtschaftsWoche will Zumwinkel in den USA 3500 Jobs, ein Fünftel seiner dortigen Belegschaft, abbauen. Außerdem muss die Deutsche Post für ihr USA-Geschäft Milliarden an Restrukturierungskosten abschreiben. Eine endgültige Entscheidung darüber soll im "Juni oder Juli" fallen. 

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