Allianz Oliver Bäte, der Verunsicherer

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Deutlich jüngere Leute in den Vorstand

So holt Bäte etwa deutlich jüngere Leute, gerne Frauen, auch aus dem Ausland, in den Vorstand. Jüngstes Beispiel: Jacqueline Hunt, 47, bislang Vorstandschefin des Versicherers Prudential für Großbritannien, Europa und Afrika, übernimmt die Zuständigkeit für das Asset Management und das Lebensversicherungsgeschäft. Bätes Kommunikationschefin hat für die Allianz viele Jahre in Fernost und den USA gearbeitet und tritt gerne in Jeans und T-Shirt auf. Diekmanns Chefkommunikator entstammte einem italienischen Adelsgeschlecht und kam im Maßanzug. Diekmann gab so gut wie keine Interviews. Bäte lässt sich zwei Stunden lang auf YouTube befragen.

Allianz-Manager bekommen ihre erfolgsabhängigen Gehaltsbestandteile künftig nicht mehr nur aufgrund guter Ergebnisse. Vielmehr lässt der Allianz-Chef sie auch danach beurteilen, wie sie ihre Ziele erreichen. Holt jemand gute Leute in sein Team? Quetscht er die Mannschaft aus, oder kann er motivieren? Bäte schwebt eine flexible und innovative Allianz mit flacheren Hierarchien und wenig Bürokratie vor: eine coole Company, wie er auf YouTube sagte.

Um zu sehen, wie weit der Weg dorthin noch ist, muss man zu Rudolf Kinzle fahren. Kinzle, der seinen richtigen Namen nicht gedruckt sehen will, ist seit vielen Jahren Inhaber einer kleinen Agentur auf dem Land in Nordrhein-Westfalen. Der Allianz-Vertreter hat seinen Job lange Zeit engagiert gemacht. Inzwischen schiebt er nur noch Frust. „Der Druck bei den Provisionen wird immer größer“, klagt Kinzle. Dazu kämen eine schlecht funktionierende IT und ein teils unzuverlässiger Innendienst – Kinzle hat innerlich gekündigt. „Ich arbeite nur noch ein bis zwei Stunden am Tag“, sagt er.

Ein Zeit lang hat der altgediente Allianzer noch Beschwerden nach München geschrieben – über den offiziellen Dienstweg. Rückmeldungen hat er nicht bekommen. Irgendwann rief allerdings der für ihn zuständige Regionalleiter aus Köln an und ermahnte Kinzle, er möge seine Beschwerden bitte unterlassen.

Die jüngste Bilanzpressekonferenz hat Kinzle sich im Internet angesehen. Danach stand sein Urteil fest. „Bäte ist viel sympathischer als Diekmann.“ Der Vorstandschef sage „absolut die richtigen Sachen“. Das Problem sei nur, dass unten nichts ankomme. Kinzle sagt: „Da sind viel zu viele Hierarchien drin.“

Der Allianz-Chef will denn auch künftig weniger Geld in die Verwaltung stecken und stattdessen mehr in die Entwicklung. Ihm schweben etwa bei der Kfz- und der Auslandskrankenversicherung Lösungen wie Trip Advisor vor. So wie die Touristikwebsite Tipps für Urlaube und Geschäftsreisen gibt, könnten die neuen Allianz-Tools Empfehlungen für gute Werkstätten oder Ärzte liefern. Darüber hinaus lässt Bäte ausloten, wie sich die Allianz-Systeme in den verschiedenen Ländern harmonisieren lassen.

Im Auditorium der Allianz-Zentrale am Englischen Garten sind die Manager längst in der neuen Zeit angekommen. Sie reden über digitale Fabriken, die sie bald bauen werden. In denen sollen sich Allianz-Experten aus der ganzen Welt treffen und beispielsweise daran tüfteln, wie man Klick-Prozesse geschickt aufbaut und Kunden auf die Webseiten bringt. Die erste Fabrik soll schon bald am Münchner Ostbahnhof entstehen.

Aktionärsvertreterin Bergdolt warnt allerdings davor, es mit der Digitalisierung zu übertreiben. Produkte wie sie bald die Generali Deutschland anbieten will, bei denen der Kunde bei der Krankenversicherung etwa Rabatte bekommt, wenn er Sport treibt und sich gesund ernährt, passten nicht zur Allianz. „Der Konzern stand immer für Seriosität, und das sollte auch so bleiben“, sagt Bergdolt.

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