Eiopa-Stresstest Niedrigzins macht Europas Versicherer verwundbar

Nach den Banken haben jetzt auch die europäischen Versicherungen ihren Stresstest hinter sich gebracht: Die meisten der Unternehmen erfüllen zwar die Kapitalanforderungen. Das Ergebnis ist aber trotzdem alarmierend.

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Der Stresstest für Europas Versicherungsbranche hat deutliche Schwächen bei vielen Unternehmen aufgedeckt. Quelle: gms

Frankfurt Dauerhaft niedrige Zinsen machen vielen Versicherern in Europa schwer zu schaffen. 24 Prozent der untersuchten Unternehmen könnten nach einer Zinssituation, wie sie in den vergangenen Jahren in Japan herrschte, ihre Kapitalanforderungen nach den neuen EU-Vorschriften „Solvency II“ nicht mehr erfüllen, stellte die EU-Branchenaufsicht Eiopa in ihrem jüngsten Stresstest der Versicherungswirtschaft fest. „Eine Fortdauer der gegenwärtigen Niedrigzins-Bedingungen könnte bei einigen Versicherern dazu führen, dass sie in acht bis elf Jahren Schwierigkeiten bekämen, die Versprechungen gegenüber den Versicherten zu erfüllen“, hieß es in der am Sonntagabend veröffentlichten Auswertung der Tests.

Das betreffe vor allem Länder, in denen die Zusagen an die Kunden weit länger in die Zukunft reichten als die Laufzeit der Kapitalanlagen, erklärte die Eiopa. In Deutschland etwa kämpfen die Lebensversicherer mit ihren lebenslangen Garantien.

Besonders viele Versicherer kämen in die Bredouille, wenn zu den niedrigen Zinsen - quasi als „Doppelschlag“ - noch ein Verfall der Vermögenswerte käme, etwas durch einen Absturz an den Kapitalmärkten. Dann hätten nur 56 Prozent der Versicherer noch genügend Kapital, ihr Kapitalpolster würde im Schnitt um 42 Prozent abschmelzen. Auch hier wären kleine Versicherer deutlich stärker betroffen als die Branchenriesen. Ein inverses Szenario, bei dem sich die Zinsstrukturkurve zwischen kurz- und langlaufenden Papieren umkehre, brächte 20 Prozent in Probleme.

Die Frankfurter Eiopa wollte mit dem Stresstest feststellen, wie weit die Branche mit den Vorbereitungen auf „Solvency II“ ist. Das neue Eigenkapital-Regime ist weit stärker am Risiko der Kapitalanlagen orientiert als bisher. Dabei untersuchte die Aufsicht 60 Konzerne und 107 weitere einzelne Versicherer aus der EU, Norwegen, der Schweiz und Island auf ihr Abschneiden unter verschiedenen Krisenszenarien. Sie stehen für zusammen 55 Prozent des europäischen Marktes. Aus Deutschland war - gemessen am Marktanteil - gut die Hälfte der Unternehmen dabei. Anders als beim jüngsten Banken-Stresstest gibt die Eiopa allerdings keine Ergebnisse für die einzelnen Banken bekannt.

Jeder siebte Versicherer käme der Untersuchung zufolge auch ohne ein Krisen-Szenario zurzeit noch nicht mit „Solvency II" zurecht, das 2016 eingeführt werden soll. Dabei handelt es sich allerdings überwiegend um kleine Unternehmen: Ihr gemeinsamer Marktanteil liegt bei nur drei Prozent. EIOPA-Chef Gabriel Bernardino sprach von einem „rein vorsorglichen Instrument der Aufsicht“. Alles in allem sei die Branche gut auf Solvency II vorbereitet. Die Eiopa werde aber die nationalen Aufseher dazu drängen, die Versicherer auf ihre verwundbaren Stellen aufmerksam zu machen, für eine angemessene Kapitalausstattung und ein besseres Risikomanagement zu sorgen.

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