Für die gestiegenen Behandlungskosten sind die Kassen nicht verantwortlich, für andere Probleme schon. So haben die Versicherer Neukunden jahrelang mit Billigtarifen geködert. Die rechnen sich mittelfristig jedoch nur, wenn die Anbieter Leistungen einschränken. Das merken die Kunden meist erst, wenn sie auf den Kosten für eine Behandlung sitzen bleiben. Dem Image der PKV ist das ebenso wenig förderlich wie die teilweise immensen Preissteigerungen, denen Kunden auch durch einen Tarifwechsel nur schwer entkommen können.
Vorteile der privaten Krankenversicherung
Mehr Leistungen beim Facharzt und im Krankenhaus:
Typische Angebote in den PKV-Tarifen sind etwa die Übernahme spezieller Behandlungsmethoden oder alternativer Heilverfahren, Chefarztbehandlung sowie Ein- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus. Zudem zahlt die PKV auch häufig für besseren Zahnersatz.
PKV-Versicherte haben oft kürzere Wartezeiten auf einen Arzttermin. Viele Spezialisten nehmen überhaupt nur noch Privatpatienten an.
Durch ineffiziente Strukturen machen sich die Versicherer das Leben selbst schwer. Kooperationen etwa gibt es so gut wie keine. „Viele Versicherer könnten längst über gemeinsame Plattformlösungen kooperieren, zum Beispiel im Zukunftsmarkt Pflege“, sagt Matthias Becker, Senior Partner bei der Boston Consulting Group. Gemeinsame Modelle zur Versorgung von Patienten, gebündelte Verträge für Ärzte und Krankenhäuser und digitale Brancheninnovationen fehlten.
„Die Digitalisierung ist eine unumkehrbare Rahmenbedingung, bei der die Assekuranz Nachholbedarf hat“, mahnt Michael Heinz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Versicherungskaufleute. Die Branche rechnet mit neuen Wettbewerbern. In einer Umfrage des „Handelsblatts“ erwarteten 77 Prozent der Chefs von Krankenversicherern, dass Digitalkonzerne wie Apple, Google, IBM oder Samsung in zehn Jahren den Gesundheitsmarkt aufmischen werden.
Der digitale Wandel könnte eine Chance sein, sich mit besseren Angeboten zu profilieren. „Durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche steigt nicht nur die Serviceerwartung unserer Kunden, sondern auch deren Misstrauen gegenüber Ärzten und Kliniken“, sagt Emanuel Issagholian, Leiter Produktmarketing bei der Gothaer PKV. „Da liegt unsere Chance, Transparenz und Qualität zu sichern.“ In zehn Jahren werde das ausschlaggebende Kriterium eines Neukunden bei der Wahl der PKV nicht mehr der Preis, sondern die umfassende Unterstützung in allen Gesundheitsfragen sein.
Fitness-Apps bieten auch andere
Statt aber Strategien zu entwickeln, die Patienten verlässlich und mit möglichst wenigen und dafür gut geschützten Dokumenten durch das komplexe Gesundheitssystem führen, bleiben viele Anbieter auf halbem Wege stehen. Sie vereinfachen ihre interne Abwicklung und bringen vielleicht noch eine Fitness-App an den Start, die sportliche Kunden mit einem Bonus belohnt. So etwas haben aber auch gesetzliche Konkurrenten wie die Techniker Kasse längst im Programm.