Markus Rieß Was der neue Ergo-Chef alles umkrempeln muss

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„Der Vertrieb liegt im Grunde am Boden.“

So fasste er die Vertriebe des Krankenversicherers DKV, des Lebensversicherers Hamburg-Mannheimer, des Sachversicherers Victoria, des Reiseversicherers ERV und des Rechtsschutzversicherers DAS unter der Marke Ergo zu zwei Gesellschaften zusammen: eine für die Bereiche Kranken und Leben, eine für den Rest.

Doch die meisten Vertreter verkauften weiter nur ihre gewohnten Produkte, so ein Insider: „Der Vertrieb liegt im Grunde am Boden.“ Die JP-Morgan-Analysten Huttner und Parekh erwarten, dass Rieß hier mit Änderungen bei den Provisionen gegensteuert.

Welcher Versicherung die Kunden weglaufen
Stetoskop auf Geldscheinen Quelle: dpa
Axa Versicherung Quelle: REUTERS
Hansemerkur Versicherung Quelle: dpa
HUK-Coburg Quelle: dpa
Debeka-Versicherung Quelle: dpa
Gothaer Versicherung Quelle: dpa-dpaweb
Bayerische Beamtenkrankenkasse Quelle: dpa

Eher gut gemeint als gut gemacht waren auch Oletzkys weitere Ideen: Bei der Lebensversicherung schickte er zwei neue Produkte mit reduzierten Garantien und ohne Garantiezins an den Start. Für die DKV führte er einen Tarifcheck ein, bei dem sich der Kunde seinen Beitrag online ausrechnen lassen kann. Das alles ist jedoch eher halbherziges Stückwerk im Vergleich zur Konkurrenz. Rieß’ alter Arbeitgeber Allianz etwa hat im gleichen Zeitraum eine ganze Palette neuer Lebensversicherungsprodukte auf den Markt gebracht und 180 Millionen Euro in die Digitalisierung investiert.

Neue Konzepte

„Für sich genommen waren die meisten Einzelmaßnahmen sinnvoll“, sagt einer, der die Ergo seit Jahren von innen kennt. „Ein schlüssiges Gesamtkonzept war das aber nicht, Oletzky hat es nicht konsequent durchgezogen.“ Die Mannschaft sei angesichts der vielen Veränderungen ohne durchschlagende Erfolge ermattet und ausgelaugt. „Rieß wird hier mittlerweile wie ein Heiland erwartet“, sagt ein führender Ergo-Manager – und das trotz womöglich schmerzhafter Anpassungen, die er vornehmen dürfte.

Darüber, was Rieß in Düsseldorf als Erstes in Angriff nimmt, hüllen sich offiziell bei Ergo und der Mutter Munich Re alle Beteiligten in Schweigen. Eingeweihte berichten, der Neue tüftle schon den ganzen Sommer über an Konzepten. Rieß hat bereits in Düsseldorf ein Haus gekauft. Denn auch wenn seine Kinder zunächst weiter in München zur Schule gehen, wolle er die Nähe zur Zentrale, heißt es dort. Einen Eindruck von Rieß’ möglichen Plänen gibt seine bisherige Arbeit beim größten Konkurrenten.

Ein sonniger Morgen im Herbst 2014 in Rieß’ Büro in München. Der promovierte Volkswirt, damals Chef der Allianz Deutschland, hat eben der Belegschaft eine Kfz-Police vorgestellt, die nur online verkauft wird. Leidenschaftlich erklärt er jetzt, warum er die Umstellung auf digitalen Vertrieb beschleunigen will. „Klar konnten wir manche Kunden in der Vergangenheit nicht optimal bedienen“, räumt er ein. Gemeint sind jüngere Menschen mit mittlerem Einkommen, die sich viel im Internet bewegen. „Denen müssen wir jetzt gute Angebote machen“, sagt Rieß. Auf das Kfz-Produkt für den Internetvertrieb sollen schnell eine Kranken- und eine Lebensversicherung folgen.

Auch wenn es hier und da technische Pannen gab: Das hohe Tempo und der technische Sachverstand, mit dem Rieß die Digitalisierung vorantrieb, lassen erahnen, was auf die Ergo zukommt. Nicht wenige bei der Allianz sind sauer, dass man Rieß mit seinem Know-how zur Konkurrenz ziehen ließ.

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