Die zweitgrößte deutsche Krankenkasse, die Techniker-Kasse (TK), will ihren Mitgliedern für kommendes Jahr eine Prämie von bis zu 120 Euro ausschütten. Der noch recht neue Vorstandschef der Kasse, Jens Baas, möchte den Geldsegen werbewirksam unter die bisherigen Mitglieder bringen und neue damit anlocken. "Wir wollen den Versicherten nahebringen, dass sie mit dem Geld nicht unbedingt Zigaretten kaufen müssen, sondern etwas Gesundes tun können." Dazu soll es Anregungen geben, welche Fitnesskurse empfehlenswert sind oder wann eine Zahnreinigung sinnvoll sein kann.
Durch seine frühe Ankündigung setzt Baas darauf, dass die Aussicht auf eine Rückerstattung bereits zum Jahresende neue Mitglieder bringt. Über die endgültige Höhe der Prämie soll am 12. Oktober erst der Verwaltungsrat der Kasse entscheiden. Die volle Höhe können alle Mitglieder bekommen, die das gesamte Jahr 2013 bei der TK versichert sind. Prämien werden nur an die Mitglieder ausgeschüttet und nicht an die (kostenlos) mitversicherten Familienangehörigen. Bei der TK sind 8,2 Millionen Menschen versichert, 5,9 Millionen davon als zahlende Mitglieder.
TK schwimmt in Geld
Doch nicht alles von der Erstattung wird bei den TKlern ankommen. "Das Geld muss versteuert werden", räumt Baas ein. "Das ist nicht schön." Bei der Rückerstattung wird der persönliche Einkommensteuersatz fällig, wäre der Beitrag an sich niedriger, würde das Finanzamt nicht mit verdienen.
Die Techniker Krankenkasse ist in einer beneidenswerten Lage: Sie schwimmt im Geld. Weil die Kasse seit Jahren mehr einnimmt als sie braucht, hat sie weit mehr Reserven angehäuft als sie überhaupt dürfte. Das hält die Aufsicht, das Bundesversicherungsamt, für völlig überzogen und kritisiert, Krankenkassen seien keine Sparkassen. Das Geld gehöre den Versicherten.
Hohe Strafen und wenig Belohnung
Vorstandschef Jens Baas spricht mit breiter Brust: "Wir haben in den letzten Jahren regelmäßig mehr Beiträge eingenommen als wir benötigen." An ihre Mitglieder ausgeschüttet hat die Kasse bisher allerdings noch keine Prämien. Denn, so antwortet der ehemalige Unternehmensberater und gelernte Arzt kühl kalkulierend: Kassen, die einen Zusatzbeitrag von ihren Mitglieder einziehen müssen, werden "überproportional bestraft", andere, die eine Prämie ausschütten, aber "wenig belohnt". Das heißt, muss die Versicherung extra die Hand aufhalten, wechseln die Kunden in Scharen, gibt es im Monat fünf Euro als Prämie erstattet, fällt das kaum auf und kaum ein Kunde lässt sich gewinnen. Baas‘ Fazit ist da wenig schmeichelnd für einen Bundesgesundheitsminister von der FDP, der wie Daniel Bahr eigentlich Sparsamkeit und Effizienz predigt: "Der Beitrag ist falsch festgelegt worden."
TK setzt andere Kassen unter Druck
Das klingt nach verkehrter Welt. Ständig scheint zu wenig Geld im Gesundheitssystem zu sein. Klagen gehört zum Geschäft von Kassen und Kliniken, Ärzten und Apothekern. Sie alle leben hauptsächlich von Deutschlands 72 Millionen gesetzlich Krankenversicherten. Kassenmitglieder zahlen seit Einführung des Gesundheitsfonds von der Bundesregierung festgelegte einheitliche Beiträge - zurzeit sind es 15,5 Prozent vom Bruttolohn.
Könnte die Techniker selbst ihren Beitrag festlegen, wäre der mit 14,9 Prozent wohl noch gut bemessen. Eine Jahresprämie von 120 Euro für die Mitglieder entspricht 0,6 Punkten Beitragssatz.
Mit ihrer Ankündigung setzt die Hamburger TK andere gesetzliche Versicherungen wie die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), die Barmer, die DAK oder Betriebskrankenkassen unter Druck. "Die anderen werden jetzt sicher keine Sammelbildchen von mir kleben", frotzelt Baas in Richtung seiner Kollegen bei anderen gesetzlichen Versicherungen. Bisher erstatten nur wenige kleine oder nicht frei wählbare Kassen ihren Mitgliedern eine Prämie. Die Bremer HKK zahlt zum Beispiel 60 Euro im Jahr zurück, die geschlossene Betriebskrankenkasse der Unternehmensgruppe Würth erstattet sogar 120 Euro.