Versicherer "Friederike" richtete 500 Millionen Euro Schaden an

Ganze Dächer zerstörte das Sturmtief. Quelle: dpa

Kaputte Dächer, umherfliegende Äste, zerstörte Balkone: Der Orkan "Friederike" hat laut Schätzungen einen versicherten Schaden von rund 500 Millionen Euro verursacht.

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Orkan „Friederike“ hat in Deutschland mindestens acht Menschen das Leben gekostet. Der schwere Sturm am Donnerstag habe rund eine halbe Milliarde Euro Schaden angerichtet, wie aus ersten Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervorgeht. Die Bahn hatte den Fernverkehr deutschlandweit eingestellt, er kam Freitag langsam wieder ins Rollen. Auch die Wetterlage entspannte sich - allerdings bleibt es ungemütlich.

„Friederike“ gilt als der schwerste Sturm in Deutschland seit „Kyrill“, der auf den Tag genau elf Jahre zuvor über das Land hinweggefegt ist. Allerdings war „Kyrill“ deutlich verheerender. Der Sturm schlug mit mehr als 2 Milliarden Euro Schaden zu Buche.

Wie „Kyrill“ hinterließ „Friederike“ nicht nur eine Schneise der Verwüstung. In Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg kamen mindestens acht Menschen ums Leben, darunter zwei Feuerwehrleute. Mehrere Leute wurden verletzt. „Kyrill“ hatte 2007 in Deutschland elf Menschen das Leben gekostet.

Da zahlreiche Bahnstrecken zunächst noch gesperrt waren, mussten Reisende auch am Freitag mit erheblichen Einschränkungen rechnen, erklärte die Deutsche Bahn am Freitagvormittag. Am Morgen standen an vielen Bahnhöfen im ganzen Land viele Menschen ratsuchend an Service-Ständen und Infotafeln. An zahlreichen Bahnhöfen seien zusätzliche Mitarbeiter zur Betreuung der Reisenden im Einsatz, so die Bahn.

Nach Angaben der Deutschen Bahn hat „Friederike“ Millionenschäden am Schienennetz angerichtet. An mehr als 200 Streckenabschnitten seien Reparaturen notwendig. Bahnreisende oder Mitarbeiter seien nicht zu Schaden gekommen. Der Bahn-Vorstand für den Personenverkehr, Berthold Huber, verteidigte die bundesweite Einstellung des Bahnverkehrs. „Die Entscheidung, die Sicherheit unserer Fahrgäste und Mitarbeiter über alles zu stellen, war richtig.“ Erstmals seit „Kyrill“ 2007 rollte am Donnerstag im ganzen Land kein Zug mehr.

Das waren die teuersten Stürme Europas
Bei dem Hundewetter wollen noch nicht einmal die Vierbeiner vor die Tür. Das Orkantief Christian leitete gestern die Sturmsaison ein. Entwurzelte Bäume, zerstörte Autos, verspätete Züge und spektakuläre Landeversuche von Linienflugzeugen prägten gestern das Bild und nagten an den Nerven von Pendlern. Auch wenn sich die genauen Kosten noch nicht beziffern lassen gilt schon jetzt als sicher: Der gestrige Sturm war im Vergleich zu anderen Orkanen noch vergleichsweise harmlos. Quelle: dpa
Das Sturmtief Jeanett raste vom 26. bis zum 30. Oktober 2002 über Europa. Extreme Temperaturunterschiede über dem Nordatlantik verwandelten das Tiefdruckgebiet in einer der verheerendsten Stürme, die Europa in der letzten Zeit trafen. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 183 km/h, gemessen am Fichtelberg im Erzgebirge, forderte Jeanett 37 Menschenleben. Die Münchener Rück errechnete einen Gesamtschaden in Höhe von 2,7 Milliarden Euro. Davon versichert waren knapp zwei Milliarden Euro. Quelle: dpa
Vom 7. bis zum 9. Januar 2005 sorgte Orkan Erwin für Schäden in Höhe von 4,5 Milliarden Euro, wovon zwei Milliarden Euro versichert waren. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 145 km/h fegte Erwin über Nordeuropa. Die größten Schäden verursachte er in Schweden, wo in einer Nacht circa 160.000 Hektar Waldfläche zerstört wurden – das entspricht in etwa 300.000 Fußballfeldern. Sturmtief Erwin fielen 18 Menschen zum Opfer. Quelle: dpa
Das Sturmtief Xynthia erreichte vom 26. bis zum 28. Februar 2010 Windgeschwindigkeiten jenseits der 200 km/h. In den Pyrenäen wurden Geschwindigkeiten bis zu 238 km/h gemessen. In Deutschland raste der Sturm mit bis zu 180 km/h über den Brocken. Insgesamt belief sich der Schaden, den Xynthia in Europa hinterließ auf 4,5 Milliarden Euro. Rund 2,3 Milliarden Euro musste von den Rückversicherungen übernommen werden. Mit einer Todesopferzahl von 65 gehört der Orkan zu einer der Tödlichsten der vergangenen Jahre. Quelle: dpa
Schäden in Höhe von drei Milliarden Euro verursachte der Orkan Anatol. Davon versichert waren immerhin 2,4 Milliarden Euro. Vom 3. bis zum 4. Dezember 1999 brach er überwiegend über Nordeuropa ein. Im Durchschnitt fegte er mit 136 km/h übers Land. Einzelne Böen erreichten sogar Geschwindigkeiten von bis zu 183 km/h. Auslöser des Orkans waren starke Druckveränderungen. Besonders hart traf es Dänemark. Dort gilt Anatol als schlimmster Orkan des 20. Jahrhunderts. Quelle: dpa
Die Schäden des Orkan Klaus beliefen sich auf vier Milliarden Euro. Die Rückversicherer wurden mit 2,4 Milliarden Euro belastet. Entstanden ist der Orkan auf dem atlantischen Ozean, wo das Tiefdruckgebiet innerhalb von 24 Stunden einen Druckunterschied von 34 Hektopascal erfuhr. Er wütete vom 24. bis zum 27. Januar 2009 über Südeuropa. Die Höchstgeschwindigkeit wurde in Andorra mit 216 km/h verzeichnet. Sturmtief Klaus forderte 26 Menschenleben. Quelle: dpa
Direkt nach dem verheerendsten Orkan aller Zeiten, dem Sturmtief Lothar, folgte ein weiterer, kaum weniger zerstörerischer Sturm. Vom 27. bis zum 28. Dezember 1999 raste Sturmtief Martin über Frankreich, Spanien und die Schweiz. Er verursachte Schäden in Höhe von 4,1 Milliarden Euro. Rückversicherer übernahmen rund 2,5 Milliarden Euro der Schadenssumme. Insgesamt fielen 30 Menschen Orkan Martin zum Opfer. Quelle: AP

Um Mitternacht hob der Deutsche Wetterdienst (DWD) die letzten Unwetterwarnungen auf. Er kündigte für Freitag noch Sturmböen auf den Bergen und an der See an und warnte vor Glätte. Ansonsten erwarteten die Experten für Freitag und das Wochenende vor allem Wolken und Regen-, Schnee- und Graupelschauer.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bedankte sich via Twitter bei den Rettungskräften und sprach den Angehörigen der Todesopfer sein Mitgefühl aus. „Ich danke vor allem den mehr als 1000 ehrenamtlichen THWlern sowie allen anderen Einsatzkräften, die sich in den Dienst der Gesellschaft gestellt haben.“ Der Sturm habe gezeigt, wie wichtig das Technische Hilfswerk (THW) für das Zusammenleben sei.

Polizei und Rettungskräfte waren während des Orkans im Dauereinsatz und in der Nacht sowie am Freitagmorgen mit Aufräumarbeiten beschäftigt. In den betroffenen Regionen wurden die Einsatzkräfte oft alarmiert, weil Bäume umgestürzt waren oder Dächer abgedeckt wurden. Es kam zu zahlreichen Verkehrsunfällen und Straßensperrungen.

Der Orkan wütete auch im Wald. Der Landesbetrieb Wald und Holz in Nordrhein-Westfalen etwa geht zwar davon aus, dass die Schäden deutlich geringer sind als „Kyrill“. Allerdings sollten Spaziergänger generell vorsichtig sein, wenn sie in Wäldern und Parks unterwegs sind. Abgebrochene Äste könnten herabfallen, auch manche Bäume könnten Tage nach dem Sturm noch umfallen, warnte zum Beispiel der hessische Waldbesitzerverband.

Auch in anderen Ländern wütete „Friederike“. In Belgien und den Niederlanden kamen Menschen ums Leben. In Polen gab es mehrere Verletzte.

„Friederike“ fegte von Westen her über Deutschland. Auf dem Brocken im Harz seien in der Spitze Orkanböen von 203 Stundenkilometer gemessen worden. „Damit haben wir elf Jahre nach Kyrill wieder einen Orkan der Königsklasse“, sagte DWD-Sturmexperte Andreas Friedrich.

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