Wäschefabrikant Mey Charlotte macht den Unterschied

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Jean Remy von Matt macht Werbung für Mey

Franz Mey kaufte sich 1928, in der Spätphase dieser Entwicklung, eine Strickmaschine und begann im Hinterzimmer seines Wohnhauses, in Blickweite zum heutigen Firmensitz, mit der Herstellung von Stoffen. Auf die Lohnwirkerei folgte eine kleine Konfektion: Hosen, Jacken, Blusen. In den sechziger Jahren wagte es Franz Mey, etwas ganz anders zu machen als die Konkurrenz. Er konzentrierte sich auf ein kleines Segment und auf den Fachhandel, er setzte auf Produktivität und eine hohe Qualität. Unterwäsche sollte es sein, ganz schlicht, "Mey" sollte sie heißen, anstatt sich hinter den damals üblichen kryptischen Fantasienamen à la Belinda zu verstecken. "Aus einem Namen wurde eine Marke. Und aus anonymer Ware wurde ein Versprechen an den Kunden", erzählt Hahn. "Das brachte einen Vorsprung im Preiskampf, ein Unterscheidungsmerkmal."

Anfang der siebziger Jahre wurde die Textilindustrie zum Vorboten der globalen Arbeitsteilung. Die Konkurrenz verlegte ihre Arbeitsplätze zunehmend in Länder mit niedrigeren Löhnen. 1991 kam auch Mey um einen Schritt ins Ausland nicht mehr herum. Während die Branche in Deutschland auf einem Tiefpunkt angelangt war, schrieb Mey weiter konstant schwarze Zahlen und expandierte. Der erste Versuch der Auslandsproduktion führte nach Portugal, wo Mey heute 240 Mitarbeiter beschäftigt. Klar, auch das Argument niedriger Lohnkosten habe eine Rolle gespielt, das gibt Hahn zu. Genauso wie beim Schritt nach Ungarn im Jahr 2000, wo heute 150 Menschen für Mey arbeiten.

Experiment in China beendet

"Wir sind keine Missionare oder Eiferer. Der Gang ins Ausland ist nicht zwangsläufig der Sündenfall", stellt Hahn klar. "Wenn es an einem anderen Ort möglich ist, zu geringeren Kosten die gleiche Qualität herzustellen, hängen auch wir nicht am Standort Deutschland fest." Ein kurzes Experiment mit "made in China" hat das Unternehmen zuletzt aber wieder beendet. Zu hoch sei der Aufwand gewesen, zu gering die gelieferte Qualität. "Wir haben über die Jahre ein immenses Wissen angehäuft. Das können Sie nicht einfach in einen Koffer stecken und an einem beliebigen Ort der Welt wieder auspacken", sagt Hahn. Qualität sei das Ergebnis eines langen Prozesses. "Das können Sie nicht einfach befehlen, das muss in einem Unternehmen verwurzelt sein."

Die zehn Millionen Euro, die die fünf Mitglieder der Gesellschafterfamilie in zweiter und dritter Generation zuletzt in ein neues Gebäude für den Fabrikverkauf in Albstadt und in ein neues Logistikzentrum investiert haben, ist für sie ein Bekenntnis zur Region. Eine Summe, die angesichts eines Umsatzes von jährlich rund 65 Millionen Euro nicht unerheblich ist. Mey bewegt sich auf einem Markt, auf dem zwar in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich die gleichen Stückzahlen an Damenwäsche verkauft wurden, der Gesamtumsatz in Deutschland aber um ein Drittel geschrumpft ist. Die Erklärung dafür liegt auf den Wühltischen der Discounter-Märkte. "Der Preiskampf mit Billigware ufert nach unten immer mehr aus. Billiger zu produzieren, das geht immer", sagt Hahn. "Wir könnten da aber nicht mitmachen, ohne das aufzugeben, was uns ausmacht."

Mey hat sich in einem relativ kleinen, hochpreisigen Segment seinen Platz geschaffen. Das Wachstumspotenzial scheint hierzulande erst einmal ausgeschöpft zu sein. Die Zukunft sieht Hahn deswegen im Ausland, in den Niederlanden und in Frankreich. Bei 20 Prozent liegt derzeit schon der Exportanteil.

Rund 30.000 Wäscheteile verlassen jeden Tag die Produktionshallen von Mey: BHs, Slips und Schlafanzüge. Im hinteren Teil der Halle in Albstadt dröhnen monoton mehr als 100 Strickmaschinen. Zweieinhalb Tonnen Stoff sind

ihre tägliche Ausbeute, sechs Tage pro Woche, 24 Stunden lang werfen sie eine Masche auf die andere. Heraus kommen lange Schläuche weißer Stoff. Die leistungsstärkste Maschine schafft elf Millionen Maschen in der Minute.

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