Was zuvor bei Karstadt geschah Wie Missmanagement KarstadtQuelle ruinierte

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Die Probleme sind nicht länger zu übersehen

Essen/Köln, Anfang 2003. Die Probleme bei Karstadt sind nicht länger zu übersehen. Um 9,1 Prozent sind die Filialumsätze im vergangenen Jahr eingebrochen. Schuld seien die Rabattschlachten und die Einführung des Euro, sagt Urban. Die wahren Gründe liegen tiefer. Die Kunden meiden die Einkaufsbunker von Karstadt – bei der Metro-Tochter Kaufhof laufen die Geschäfte deutlich besser. Zudem rächt sich, dass der Konzern noch immer 90 Prozent seiner Umsätze im Inland erwirtschaftet. Metro verdankt bereits die Hälfte des Umsatzes den Auslandstöchtern.

Madeleine Schickedanz, Tochter Quelle: dpa

Doch Urban drängt längst auf eine große Lösung für Karstadt. Gemeinsam mit Schickedanz’ Ehemann Leo Herl, dem Troisdorfer Immobilienentwickler Josef Esch und Matthias Graf von Krockow, Chef der Privatbank Sal. Oppenheim, will Urban in das Immobiliengeschäft einsteigen. Jahre später wird der „Spiegel“ über Geheimverträge berichten, nach denen die Runde damals plante, KarstadtQuelle von der Börse zu nehmen, um anschließend einen großen Teil der Konzernimmobilien zu verwerten.

So weit kommt es zwar nicht. Doch immerhin verkauft Urban fünf Karstadt-Immobilien an die gemeinsame Fondsgruppe von Sal. Oppenheim und Esch. Anschließend mietet KarstadtQuelle die Häuser in München, Leipzig, Wiesbaden, Karlsruhe und Potsdam von den Fonds zurück – zu bemerkenswerten Konditionen.

Als üblich gelten Mieten von sieben bis neun Prozent vom Jahresumsatz. Für die fünf Oppenheim-Esch-Häuser muss KarstadtQuelle bis zu 17,2 Prozent zahlen. Auch die Personenkonstellation wirft Fragen auf: Esch ist als Testamentsvollstrecker von Madeleine Schickedanz ein enger Vertrauter der Großaktionärin. Urban wiederum hatte bereits vor dem Immobiliengeschäft einen Teil seines privaten Vermögens in einem Oppenheim-Esch-Fonds geparkt. Fest steht: Das Duo hat dem Konzern Mietverpflichtungen von 42,6 Millionen Euro pro Jahr aufgehalst. Die Verträge laufen über 20 Jahre.

Middelhoff wird zum Chef

Essen, Mai 2004. Für Urban ist Schluss: Dass die Warenhäuser chronisch darnieder liegen, hatten die Anteilseigner noch verwunden. Dass nun aber auch der Versandhandel einbricht, ist den Schickedanz-Erben zu viel. Der Rumpelstratege wird „aus gesundheitlichen Gründen“ entsorgt. Nachfolger wird der bisherige Chef der Versandsparte, Christoph Achenbach. Wichtiger ist ein Wechsel im Aufsichtsrat: Der frühere Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff wird fast zeitgleich zum Chef des Kontrollgremiums ernannt.

Der Auftrag des Gespanns ist klar, die Rollenverteilung weniger: Aufsichtsratschef Middelhoff zieht in Urbans Büro ein und gibt fortan den obersten Krisenmanager und Visionär, Achenbach darf exekutieren und Urbans Trümmerlandschaft von Coffeeshops bis Sportstudios zu Geld machen.

Zumindest die Mietstruktur des Unternehmens kennt Middelhoff zu diesem Zeitpunkt schon recht gut: Auch er ist ein Kunde von Esch. Schon 2002 investiert Middelhoff in vier der fünf Oppenheim-Esch-Fonds, die Karstadt-Häuser besitzen, und profitiert von den üppigen Mieten. Esch soll es auch gewesen sein, der Schickedanz den smarten Manager für den Aufsichtsrat empfahl.

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