Wenn's um Geld geht... Sparkassen bieten trügerische Sicherheit

Die Geldinstitute mit dem roten S-Logo verkünden Rekordergebnisse und feiern sich als Gewinner der Finanzkrise. Ihr Erfolg ist jedoch bedroht: Konkurrenten und Regulierer erschweren das Geschäft, Milliardenrisiken aus der engen Verflechtung mit maroden Landesbanken gefährden die Stabilität.

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Sparkassen: Die Verwaltungsräte der Institute sind beliebte Posten der Kommunalpolitiker Quelle: Dirk Krüll für WirtschaftsWoche

Die Landsparkasse in Schenefeld, einer 18 000-Einwohner-Stadt nördlich von Hamburg, hat einen Hauptsitz, drei kleine Filialen und 90 Angestellte; die meisten sind mit Fotos auf der Internet-Seite vertreten. Die Nähe zum Kunden zahlt sich offenbar aus, denn das Kreditinstitut hat in den vergangenen Jahren stets profitabel gewirtschaftet. Und doch ist nach fast 160 Jahren Schluss mit der Selbstständigkeit. Die mit rund 360 Millionen Euro Bilanzsumme kleine Sparkasse ist schlicht überfordert mit neuen Regulierungsvorschriften, Abschreibungen auf die Beteiligung an der HSH Nordbank und der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern. "Wir können die wachsenden regulatorischen Anforderungen nicht mehr aus eigener Kraft erfüllen", sagt Vorstandsmitglied Eggert Eicke. Nun soll ein stiller Teilhaber oder Fusionspartner her.

Rund 600 Kilometer weiter südöstlich, in Weiden nahe der tschechischen Grenze, sucht die Sparkasse Oberpfalz Nord ebenfalls Anschluss. Sie hat 2010 rund 1,4 Millionen Euro verdient, die regionale Wirtschaft brummt, aber die Finanzaufsicht BaFin fordert "wegen der schwachen Kapitalausstattung" eine Fusion. Die mit 1,46 Milliarden Euro Bilanzsumme mittelgroße Sparkasse ist erst 2005 durch die Notfusion zweier Institute entstanden, war aber auch so zu schwach, um alte und neue Lasten tragen zu können. Eine stille Einlage des bayrischen Sparkassenverbandes in Höhe von 23 Millionen Euro hat sie stabilisiert. Doch die muss spätestens 2014 zurückgezahlt werden. Allein werden die Weidener das nicht schaffen.

Kurzfristige Feierstimmung

Die beiden Fälle sind nicht repräsentativ. Und doch zeigen sie, dass die Welt der Sparkassen weniger heil und harmonisch ist, als es die Außendarstellung nahelegt. Viele der in Schenefeld und Weiden überdeutlichen Probleme treffen alle 429 deutschen Sparkassen, wenn auch unterschiedlich hart. Ihr Kerngeschäft mit Privatkunden und Mittelständlern ist umkämpft, wirft wenig ab und steht unter Kostendruck. Die Verbindungen zu den Landesbanken sind riskant und zwingen zu empfindlichen Abschreibungen. Regulierer in Brüssel, Basel und Berlin belasten die Institute mit immer neuen Vorgaben. Der aktuelle Boom steht auf wackligen Füßen, er könnte bald zu Ende gehen.

Zurzeit herrscht Feierstimmung. Lange von Geldjongleuren in Glastürmen als Auslaufmodell und Biedermänner mit Bauch, Bart und Blümchenkrawatte verspottet, haben die Sparkassen in der Finanzkrise regen Zulauf erlebt. Die meisten haben zuletzt sehr gute, sogar Rekordergebnisse vorgelegt. Selbst ein Dauerkriseninstitut wie die durch Engagements bei zahlreichen zweifelhaften kommunalen Prestigeobjekten in Mitleidenschaft gezogene Sparkasse Köln Bonn konnte mal wieder einen Gewinn präsentieren.

Allgemeinwohl statt Gewinn?

Treue zum Kunden und Solidität im Geschäftsgebaren, so scheint es, zahlen sich aus. Die Sparkassen gelten als sicherer Hort für Kundeneinlagen, die ihnen reichlich zugeflossen sind. Zudem profitieren sie vom Aufschwung der Industrie, vor allem im Mittelstand, dessen mit Abstand größter Kreditgeber sie sind. Weil bei ihnen nach dem Gesetz nicht der Gewinn, sondern das Allgemeinwohl im Vordergrund steht – daher auch die Mitfinanzierung sozialer und kultureller Aufgaben in den Kommunen –, bieten Sparkassen ihren Privatkunden zwar keine günstigeren Konditionen an, versprechen aber bessere Beratung. Aus der Gewissheit, auf der guten Seite zu stehen, solides Geldhandwerk und keine Zockerei zu betreiben, fordern Funktionäre wie der hessische Sparkassenchef Gerhard Grandke dann schon mal selbstbewusst die Zerschlagung der Deutschen Bank.

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