Werbebranche Autovermieter Sixt in der Hall of Fame

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Werbeanzeige des Quelle: dpa

Dass Marketing ein „dicker Bauklotz in meiner Strategie“ ist, bestätigt auch Sixt selbst. Was aber nicht heißt, dass er dafür leichten Hernzens Geld ausgibt. „Sixt ist kein Big Spender, eher das, was man auf norddeutsch kniepig nennt“, sagt Holger Jung, Mitgründer von Sixts langjähriger Agentur Jung von Matt. „Sixt achtet sehr auf Effizienz."

Fünf Prozent des Umsatzes stehen zu Jahresbeginn fürs Marketing im Plan. „Aber Pläne“, sagt Sixt, „habe ich nicht selten, um sie über den Haufen zu werfen.“

Das Budget für die Agentur Jung von Matt, mit der Sixt seit 1990 zusammenarbeitet, ist dann auch „viel kleiner als Außenstehende annehmen“, sagt Agentur-Mitbegründer Jean-Remy von Matt, der seinen Vorzeigekunden fürs Image regelmäßig nur im hinteren Drittel der Etats sieht, die die Hamburger Renommier-Agentur betreut.

Nachlässigkeiten duldet Kunde Sixt allerdings nicht. So kann es schon mal passieren, dass Sixt einen Gesprächspartner nach fünf Minuten vor die Tür setzt, weil der keine Krawatte trägt. Weil von Matt das weiß, packt er bei Besprechungen in Pullach immer einen Reserveschlips ein – falls einer aus dem Team „oben ohne“ in den Flieger steigt.

Autovermieten als faszinierende Dienstleistung

„Mit Sixt zu arbeiten, ist eine Herausforderung, seit 25 Jahren“, sagen Jung und von Matt unisono. „Aber die Mühe lohnt.“ Denn als Mehrheitsaktionär und marketing-verrückter Vorstandschef ist er „immer gut für schnelle, mutige Entscheidungen. Der Mann ist ein Unikat“.

Und das in vielerlei Hinsicht. „Es gibt kein Werbemotiv, das nicht über meinen Schreibtisch geht“, sagt Sixt. Von Marktforschung hält der Bayer „rein gar nix“, seit er Anfang der Sechzigerjahre Statistik-Vorlesungen für sein Wirtschaftsstudium besuchte. „Daran verdienen nur die Agenturen“. Statt auf wissenschaftliche Auswertungen setzt Sixt auf das spontane Urteil seiner Mitarbeiter („unsere Micro-Poll“) von der Sekretärin über den Buchhalter bis zum Verkaufsleiter – bevor er ein neues Anzeigenmotiv freigibt. „Ich schau den Leuten ins Gesicht“, dann weiß ich Bescheid“, sagt Sixt.

Sein Kreativ-Credo: eine Botschaft mit wenigen Worten auf den Punkt bringen – „und dabei ein Schmunzeln erzeugen.“

Das gelang dem Vollblutunternehmerin den vergangenen zweieinhalb Jahrzehten immer wieder. Einmal pro Jahr setzt er sich ans Steuer seines eigenen Flugzeugs, um innerhalb von zwei Tagen mehr als ein Dutzend Flughäfen abzuklappern – und als Regelbrecher im Geiste Joseph Schumpeters nach neuen Werbemöglichkeiten zu fahnden, die den Kunden zwischen Flugzeug und Sixt-Schalter begleiten. Sei es auf einem am Gepäckband fest installierten Reisekoffer, sei es an den Wänden der sogenannten Finger beim Einsteigen ins Flugzeug, sei es an Fluggastbrücken oder auf Schiebetüren im Ankunftsbereich. Oder auf den Mülltonnen am Sicherheitscheck – Sixt lässt nichts unversucht, um das körperlose Produkt Autovermieten zu einer faszinierenden Dienstleistung aufzuladen. „Für den Wettbewerb ist Sixt ein strategischer Dwarslöper“, sagt Werber Jung. „Er überrascht immer wieder mit neuen Ideen.“

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