Wilhelm Schmid im Interview Was der neue Chef des Uhrenbauers Lange & Söhne plant

Der neue Chef des Glashütter Luxusuhrenbauers A. Lange & Söhne über Parallelen zur Autobranche, neue Filialen und den Online-Handel.

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Wilhelm Schmid Quelle: David Brandt

WirtschaftsWoche: Herr Schmid, wie wird man als BMW--Manager neuer Chef des Luxusuhrenbauers A. Lange & Söhne?

Schmid: Ich war glücklich bei BMW, das kann man auch daran erkennen, dass mein Dienstwagen heute wieder ein BMW ist. Doch ich hatte schon immer eine hohe Affinität zu Uhren. Geholfen hat bei der Entscheidung, dass mich die Lange-Konzernmutter Richemont ein wenig an BMW erinnert, steht doch auch hinter ihr eine starke Aktionärsfamilie und damit eine gewisse Sicherheit und Langfristigkeit.

Richemont-Gründer Johann Rupert ist Südafrikaner. Sie haben die Geschäfte von BMW in Afrika geführt. Ist Richemont so auf Sie gekommen?

Es war sicher nicht schädlich, dass ich Südafrika kenne, es war aber kein entscheidendes Kriterium.

Welche Erfahrung kann ein Automanager bei einem Uhrenbauer einbringen?

Wenn jemand ein tolles Auto fährt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er sich auch für schöne Uhren begeistert. Die Zielgruppe ist also dieselbe. Zudem bringe ich Wissen mit, wie man eine deutsche Marke im Ausland führt. Lange muss seine Botschaft international verbreiten.

Hohe Nachfrage

Was haben Sie mit Lange vor?

Wir werden weiter an der Internationalisierung unserer Marke arbeiten. Unsere Präsenz in Brasilien, im Mittleren Osten, in Indien und China ist ein Thema, dass uns die kommenden zwei bis drei Jahre beschäftigen wird. Indien ist ausbaufähig. In China sind wir ganz am Anfang und in Brasilien auch.

Wird es Lange-Uhren auch im Internet zu kaufen geben?

Es wäre vermessen, Nein zu sagen. Vor 30 Jahren hat sich keiner das Internet vorstellen können, heute kann man sogar Häuser über das Netz bestellen. Aber die Frage stellt sich uns zurzeit nicht. Wir haben einen Mangel an Fertigungskapazitäten, die Nachfrage nach unseren Uhren ist höher als das, was wir liefern können. Was aber in zehn Jahren sein wird, wissen wir nicht.

Bauen Sie das eigene Filialnetz aus?

Wo es nötig ist, tun wir das. Wir haben kürzlich in Tokio eine neue Boutique eröffnet, im Dezember kam eine in Seoul dazu. Zusammen mit Shanghai und Dresden haben wir jetzt vier eigene Geschäfte. Wie viele mittelfristig dazukommen werden, ist noch offen.

Keine zweite Marke

Die günstigste Lange-Uhr kostet 13 900 Euro. Können Sie sich auch eine preiswertere Marke unterhalb von Lange vorstellen?

Wir haben bei Lange gar keine Zeit, uns um eine zweite Marke zu kümmern. Eine solche würde erst Sinn ergeben, wenn wir mit dem Wachstum irgendwann mal am Ende sind. Das aber sehe ich für uns auch langfristig nicht.

Ist Lange nach der Wirtschaftskrise wieder in der Gewinnzone?

Wir gehören zu einer börsennotierten Gruppe und nennen deshalb keinerlei Zahlen. Aber Sie müssen sich um Lange keine Sorgen machen.

Letztes Jahr gab es Gerüchte, dass Lange den Anteil Schweizer Teile in -seinen Uhren erhöhen soll, um Kosten zu sparen. Haben Sie das vor?

Schmid: Lange ist eine Manufaktur, und wir fertigen die meisten Teile selber. Das bleibt unsere Strategie. Wir nennen dies vertikale Integration und haben darin einen Anteil von rund 80 Prozent. Wir haben auch unsere eigene Technologie zur Herstellung von Unruhspiralen, die den Takt der Uhr angeben. Weltweit können das nur zwei oder drei Unternehmen. Mehr als die Hälfte unserer Uhrwerke hat eine Spiralfeder aus eigener Produktion. Der Eigenanteil nimmt also eher zu. Ich habe aber aus Südafrika keine Krokodile mitgebracht, die würden sich in der Müglitz nicht lange halten. Also kaufen wir unsere Armbänder zu. Dass wir Ausstattungsteile wie Gehäuse, Zifferblätter und Zeiger extern beziehen, ist kein Geheimnis.

Ihr Vorgänger Fabian Krone ist auch deshalb gegangen, weil ihm Richemont zu stark hereinregiert hat und ihm den Jaeger-LeCoultre-Chef Jérôme Lambert als Chairman vor die Nase setzte. Wie stark redet Ihnen die Konzernspitze ins Geschäft hinein?

Wir gehören zu Richemont. Und natürlich hat der Konzern ein Recht darauf, zu erfahren, wie es um sein Investment steht. Ansonsten bin ich ganz froh, dass ich mit Jérôme Lambert jemanden habe, der die Firma kennt. Er hat sie interimsweise durch die Krisenzeit geführt und hilft mir nun, meinen Weg in die Uhrenindustrie zu finden.

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