Wirtschaftskanzleien Honorare für Top-Anwälte schrumpfen

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Top-Wirtschaftskanzleien in Deutschland Quelle: Juve Verlag, WirtschaftsWoche

Juristen rechnen dagegen akribisch ab: Laut WirtschaftsWoche-Umfrage rechnen 60 Prozent der Law Firms (Kanzleien) im Sechs-Minuten-Takt ab, bei einigen klickt die Uhr alle 15 Minuten, bei anderen gar im Minutentakt. 83 Prozent aller Abrechnungen erfolgen auf Stundenhonorarbasis, der Rest über die gesetzliche Gebührenordnung oder pauschal.

Noch. Denn bei den Rechtsberatern wächst der Wettbewerbsdruck: Viele Unternehmen haben ihre Budgets für externe juristische Berater gesenkt. Und wie es in den den USA schon länger Trend ist, versuchen auch hiesige Unternehmen, statt Stundenhonoraren lieber Pauschalen, gedeckelte oder erfolgsbezogene Honorare zu vereinbaren. Etliche Kunden verlangen von vornherein Rabatt – manche pauschal 10 Prozent, andere gestaffelt, etwa 15 Prozent ab 100.000 Euro Umsatz. "Immer öfter sitzt beim Pitch um eine Mandatsvergabe auch die Einkaufsabteilung mit am Tisch", berichtet Markus Meier, Partner bei Hengeler Mueller in Frankfurt.

Das kratzt am Image der Elite-Advokaten, die sich bislang als Berater der Vorstände auf Augenhöhe sahen. Selbst bei anspruchsvollen Großmandaten, wo der Preis früher kaum eine Rolle spielte, werde heute gefeilscht, bedauert ein Düsseldorfer Anwalt.

Kanzleien mit Kampfpreisen

Die Juristen kontern die Sparbemühungen ihrer Kunden: Mal wollen sie die Zahl der Mandantenbesprechungen begrenzen oder die der Bieter in einem Bieterverfahren. Empörung herrscht unter den Top-Juristen über diejenigen, die versuchen, mit Kampfpreisen ihre Umsätze zu retten: Selbst manch einer unter den sechs größten Kanzleien sei sich dafür nicht zu schade, wenn man ein klangvolles Mandat im Portfolio haben wolle, erzählt Hengeler-Anwalt Meier. "Aber die schicken dann eben auch nicht die erste Garde", weiß Branchenkollegin Jasper.

Profitable Ausnahme sind nach Jaspers Einschätzung Compliance-Mandate, also etwa Verfahren wegen Korruption. Wenn es in einem Unternehmen lichterloh brenne, etwa weil das Kartellamt wegen Preisabsprachen mit Bußzahlungen drohe, Bestechungen oder Embargoverstöße nachgewiesen würden, rede keiner mehr über Geld. Da sei das Motto eher, so Jasper: "Guter Rat mag teuer sein, schlechten können wir uns aber jetzt erst recht nicht leisten."

So war es zum Beispiel im Fall des Industriedienstleisters Ferrostaal aus Essen, der einen dreistelligen Millionenbetrag an Schmiergeldzahlungen im eigenen Unternehmen befürchtete: Für ein Honorar von 77 Millionen Euro befragte die US-Kanzlei Debevoise & Plimpton 177 Mitarbeiter quer durch alle Hierarchiestufen – um am Ende nur 8,82 Millionen strafrechtlich relevante Bestechungsgelder zu finden.

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