ZF Friedrichshafen Zoff mit Daimler wegen Honsel

Der Zuschlag für den kanadischen Autozulieferer MartinRea im Bieterwettbewerb um den insolventen Aluguss-Hersteller Honsel sorgt in der deutschen Autobranche für beträchtliche Verstimmungen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das Logo von ZF Quelle: dpa

Die Kanadier wollen den Zulieferer aus dem sauerländischen Meschede gemeisam mit dem Finanzinvestor Anchorage übernehmen. Verärgert über die am vergangenen Mittwoch erfolgte Entscheidung des Honsel-Gläubigerausschusses ist vor allem ZF Friedrichshafen-Chef Hans-Georg Härter, der zusammen mit dem mexikanischen Autozulieferer Nemak selbst ein Übernahmeangebot abgegeben hatte. Schon im vergangenen Jahr hatte ZF die französische Honsel-Tochter Fonderie Lorraine übernommen und galt in der Partnerschaft mit Nemak im Bieterwettstreit bis zuletzt als Favorit.

Offiziell fällt die Reaktion des Getriebeherstellers auf die Entscheidung zwar moderat aus – es gehe nun darum, die Lieferkette stabil zu halten -, hinter den Kulissen rumort es aber gewaltig. Der Groll von ZF richtet sich insbesondere gegen Daimler. Der Autobauer vertritt im Gläubigerausschuss die Interessen der Honsel-Kunden und hatte nach internen Informationen der WirtschaftsWoche aus dem Gläubigerausschuss sowie nach Presseberichten auf eine Entscheidung zugunsten der Kanadier gedrängt. Bei ZF ist man darüber irritiert: „Daimler hat sich im Vorfeld der Entscheidung immer gegen einen Finanzinvestor ausgesprochen und uns regelrecht gedrängt, ein Übernahmeangebot abzugeben", schimpft ein ZF-Insider, „das Umschwenken kam für uns völlig überraschend und ist uns unverständlich."

Daimler bestreitet eine einseitige Parteinahme für die Kanadier: „Wir haben uns immerdafür eingesetzt, dass für Honsel eine zukunftsfähige Lösung erreicht wird", heißt es offiziell. Wie weiter aus Daimler-Kreisen verlautet, sei das MartinRea-Gesamtpaket aber am überzeugendsten gewesen – zum einen, weil Finanzinvestor Anchorage versprochen habe, seine Honsel-Anteile binnen vier bis fünf Jahren an MartinRea weiterzugeben. Zum anderen, weil die ZF-Nemak-Option vermutlich eine kartellrechtliche Prüfung auf EU-Ebene nach sich gezogen hätte, die bis zum Frühjahr gedauert hätte. Unter diesen Umständen sei keine Planungssicherheit zu gewährleisten gewesen.

Ob sich die Entscheidung zugunsten der Kanadier negativ auf die Geschäftsentwicklung bei Honsel auswirkt, ist noch nicht klar. Für ZF ist Honsel einer von zwei Lieferanten für Getriebegehäuse und darum nicht so einfach zu ersetzen. „Eine weitere Zusammenarbeit ist nicht ausgeschlossen", heißt es vorsichtig. Allerdings gibt es bei ZF generelle Bedenken dagegen, mit Lieferanten zusammenzuarbeiten, die von Finanzinvestoren dominiert werden. Die Begrüdung: Nach der mehrmonatigen Hängepartie bestehe bei Honsel „ein erheblicher Investitionsbedarf", um die wegen des weltweiten Booms im Autogeschäft notwendige Produktionsausweitung zu finanzieren. Bei ZF gibt erhebliche Zweifel, ob Anchorage als neuer Honsel-Miteigentümer dazu bereit ist.

So ganz verloren gibt ZF den Poker um Honsel offenbar ohnehin nicht: „In trockenen Tüchern ist die Übernahme durch MartinRea noch lange nicht", heißt es aus ZF-Kreisen. „Der Gläubigerausschuss hat lediglich entschieden, mit wem jetzt Vertragshandlungen geführt werden – da kann noch viel passieren."

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%