Deutsche Bank Ackermanns Alchemie

Die Deutsche Bank legt einen Milliardengewinn vor. Doch einen beträchtlichen Teil davon brachte der Verkauf von Unternehmensbeteiligungen, die sich so nicht wiederholen lassen. Außerdem wird die Bank immer abhängiger von genau den Investmentbank-Geschäften, die Milliardenverluste und Finanzkrise verursacht haben. Dennoch dürfte Bankchef Josef Ackermann künftig noch stärker auf die riskante Goldmacherei im Handelsraum setzen - trotz der großen Gefahren. Denn die Vermögensverwaltung schwächelt und im Kreditgeschäft steigt die Risikovorsorge wegen drohender Verluste.

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Der Vorstandsvorsitzende der Quelle: AP

Für jemanden, der gerade einen Gewinn von 1,1 Milliarden Euro im zweiten Jahresviertel vorstellt (zwei Drittel höher als im Vorjahresquartal!), klingt Josef Ackermann unerwartet kleinlaut. Das Geschäft im zweiten Halbjahr hänge von der Entwicklung der Weltwirtschaft ab, und da sei die Bank zurückhaltend, was ihre Erwartung betrifft, "gerade was Arbeitsmarkt und Immobilienmarkt betrifft". Noch schlimmer: "Wir sehen weiterhin Druck auf das Kreditgeschäft", sagt Ackermann. Also auf das Geschäft, das früher als wichtigste Sparte von Banken galt.

Da ist es auf den ersten Blick ein Glück, dass Ackermanns größter Ertragsbringer - mit Abstand - seit langem die Corporate and Investment Bank ist, die 5,3 der 7,9 Milliarden Euro Ertrag beisteuerte. Das ist ein atemberaubendes Plus von 84 Prozent zum Vorjahresquartal. Aber wie ist das möglich, trotz Finanzkrise? Bringt dieses Geschäft nicht enorme Risiken, hier sind doch die Milliardenverluste des Vorjahres entstanden?

Es kommentiert WirtschaftsWoche-Redakteur Mark Böschen

Die Antwort auf diese Frage entscheidet darüber, ob die Deutsche-Bank-Aktie derzeit eine attraktive Anlagechance bietet oder vor allem die Gefahr eines erneuten Kurseinbruchs, wenn aus Risiken Verluste werden. Leider kennt diese Antwort niemand außerhalb der Deutschen Bank. Viele Erklärungsversuche, die derzeit kursieren, überzeugen nicht. Verdient die Bank so gut, weil sie bei der Ausgabe der vielen neuen Staats- und Firmenanleihen als Berater verdient? Ja, aber die Erträge im Emissionsgeschäft von 727 Millionen Euro sind eher klein, verglichen mit den 3,5 Milliarden Euro aus dem Sales&Trading-Geschäft - also dem Handel mit Aktien und festverzinslichen Wertpapieren. Im Vorjahr brachte der nur 1,4 Milliarden Euro Ertrag. Sollte die Verdopplung wirklich gelungen sein, ohne das Risiko enorm zu steigern? Schön wär's.

Unbekanntes Risiko

"Wir können nicht wissen, welche Risiken die Wall Street eingeht, bis wir wissen, was dort passiert", sagte John Hempton, Gründer des Hedgefonds Bronte Capital und an der Wall Street als erfahrener Finanzexperte bekannt, mit Blick auf das ebenfalls erstaunlich gute Quartalsergebnis von Goldman Sachs. Das gleiche gilt auch für Ackermanns Finanzalchemie. Nur eines ist sicher: Wenn das Labor der Goldmacher in die Luft fliegt, so wie bei Lehman Brothers im September 2008, dann hat der Steuerzahler den Schaden.

Den Gewinn, so lange es gut geht, erhalten zu einem bemerkenswert großen Teil die Angestellten der Investmentbanken. Anders als Rivalen, die Geld vom Staat bekommen haben, kann die Deutsche Bank weiter mit hohen Vergütungspaketen um Investmentbanker werben. Ein Indiz dafür, dass die Ertragsbringer aus dem Alchemielabor wieder gut verdienen, sind die um 16 Prozent zum Vorjahresquartal gestiegenen Kosten für "Compensation and benefits" von 3,14 Milliarden Euro, auch wenn der Anstieg der Personalkosten zum Teil durch Abfindungen wegen des Stellenabbaus verursacht ist.

So erfreulich es ist, dass Deutschlands größte Bank trotz Krise mehr als eine Milliarde verdient: Wenn die Alchemisten wieder das größte Interesse daran haben, das Risiko zu erhöhen, haben wir aus den vergangenen zwei Jahren nichts gelernt.

So beeindruckend auch die Verdreifachung des Deutsche-Bank-Aktienkurses seit dem Tief bei 17 Euro im Februar ist: Es ist sicherer, Aktien von Unternehmen zu kaufen, deren Erträge nicht innerhalb von zwölf Monaten um fast 50 Prozent schwanken.

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