Commerzbank übernimmt Dresdner Allianz kann sich noch nicht wirklich freuen

Nun ist er also perfekt, der größte innerdeutsche Bankendeal seit Jahren. Wie zu erwarten war, haben die Aufsichtsräte von Commerzbank und Allianz den Zusammenschluss der beiden Institute durch gewunken. Der Weg dahin war steinig, noch vor etwas mehr als einer Woche stand der Deal auf der Kippe. Zu groß schienen die Risiken, die bei der Allianz-Tochter noch in den Büchern liegen. Die Allianz kann sich nur scheinbar freuen über den Deal. Ein Kommentar von WirtschaftsWoche-Redakteur Cornelius Welp.

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Die sind trotz einer Vereinbarung über die Verteilung des Risikos nicht kleiner geworden. Ob sich das neue Konstrukt zum viel beschworenen zweiten nationalen Champion entwickeln kann, ist unsicher.

Die bisherigen Großfusionen in Deutschland waren eher wenig erfolgreich. Die neue Bank wird klar die Nummer Zwei in Deutschland sein. Doch selbst nach dem Zusammenschluss ist sie mit einer Bilanzsumme von gut einer Billion Euro und elf Millionen Kunden im internationalen Vergleich noch klein.

Von einem Marktanteil zwischen zehn und 15 Prozent, wie ihn Experten für dauerhaft wettbewerbsfähig halten, ist sie weit entfernt. Seit Jahren galt die Commerzbank selbst als Übernahmekandidat. Kurzfristig droht hier keine Gefahr, langfristig ist sie aber nicht in Sciherheit.

Um den Neun-Milliarden-Deal zu stemmen, muss sich die Commerzbank bis zur Decke strecken, auch wenn sie zunächst nur 60 Prozent übernimmt. Die Dresdner Bank ist immer noch annähernd so groß wie sie, bei den Verhandlungen stand stets die Frage im Vordergrund, wie die gelbe Bank den Kauf der grünen überhaupt finanzieren kann.

Nicht von ungefähr waren die Aktionäre auf der Hauptversammlung im Mai alles andere als euphorisch und genehmigten die angestrebte Kapitalerhöhung nicht in vollem Umfang. Dass die Commerzbank ihre Fondstochter Cominvest an die Allianz abgibt, ist zudem ein spürbarer Verlust. Die Erträge werden der Bank dauerhaft fehlen. Zudem macht die Finanzkrise das künftige Geschäft nicht eben leichter.

Der traditionelle Markenname Dresdner Bank wird verschwinden

Alles wird nun davon abhängen, wie es dem neuen, erst 45 Jahre alten Vorstandsvorsitzenden Martin Blessing gelingt, den Dresdner-Bank-Mitarbeitern nach Jahren am Gängelband des Versicherungskonzerns wieder eine neue Perspektive zu eröffnen und sie zu motivieren.

Dass er hier erst einmal Tausende Stellen abbauen muss, macht die Aufgabe nicht leichter. Ebenso die Tatsache, dass der traditionelle Markenname Dresdner Bank verschwinden wird. Die härtesten Schnitte wird es wohl bei der Investmentbank Dresdner Kleinwort geben. Dass Blessing eine Integration stemmen kann, hat er zwar schon beim Kauf der Immobilientochter Eurohypo bewiesen, bei dem er an entscheidender Stelle beteiligt war. Doch eine Vollbank mit einem ähnlichen Geschäftsmodell ist ein ganz anderes Kaliber.

Die Allianz kann sich nun scheinbar freuen. Sie behält vorerst den Vertriebsarm Bank, ohne für die damit verbundenen Risiken einstehen zu müssen.

Der Verkauf ist ein Schlussstrich unter einen Fehlschlag von ähnlichen Dimensionen wie Daimlers Chrysler Kauf. Tausende Banker haben die verhängnisvolle Fehleinschätzung schon mit ihrem Job bezahlt.

Nicht nur sie beklagen, dass die Allianz ihre Banktochter regelrecht hat ausbluten lassen. Leicht von der Hand zu weisen ist diese Einschätzung nicht.

Dann jedoch stellt sich die Frage nach der Verantwortung für das Debakel. Der daran maßgeblich beteiligte Henning Schulte-Noelle kann kaum noch glaubhaft als Aufsichtsratschef über die Geschicke von Europas größter Versicherung wachen.

Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt für ihn gekommen, zurückzutreten. In der Vergangenheit konnte die Allianz stets auf die Banktochter zeigen und so von ihren eigenen Problemen ablenken. Diese Entschuldigung gibt es ab sofort nicht mehr.

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