Finanzkrise Banken: Der Staat übernimmt das Kommando

Die Krise spitzt sich zu, Berlin muss immer neue Banken mit Milliardensummen retten. Welche Blasen als Nächstes platzen werden.

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Der Staat greift nach den Banken Quelle: Dmitri Broido, Tom Mackinger

Die Commerzbank vergibt künftig zinsgünstige Kredite an Unternehmen, die in den Umweltschutz investieren und auf Kündigungen verzichten. Das verkündet Commerzbank-Chef Martin Blessing auf der Hauptversammlung. Dort erläutert er den Aktionären auch die moderaten Ertragszahlen seiner Bank und fordert für das kommende Jahr Bescheidenheit. Der Ertrag könne allenfalls stabil bleiben, schließlich würde die Bank die Gehälter ihrer Berater um zehn Prozent erhöhen. Außerdem sollten die Kunden künftig in erster Linie gut beraten werden, statt ihnen ständig neue Produkte zu verkaufen. Damit würden die Provisionen drastisch zurückgehen. Macht nichts: „Ein kleiner, aber feiner Gewinn am Ende des Jahres ist doch auch schön“, tröstet der Manager seine Anteilseigner.

Alles nur ein Traum? Wenn es nach Detlev von Larcher ginge, dem Finanzmarktexperten der globalisierungskritischen Organisation Attac, würde das Bankensystem genau so aussehen. Larcher fordert, dass die Finanzinstitute sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren: das Aufbewahren und Verleihen von Geld und die Abwicklung monetärer Transfers. Ein System, das solide wirtschaftet, aber nicht Jahr für Jahr Rekordgewinne anstrebt. Ein Bankenwesen, das ohne hochkomplizierte Dinge auskommt wie Kreditverbriefungen oder Leerverkäufe. Die Chancen, dass Larchers Traum zumindest ansatzweise wahr wird, standen noch nie so gut.

Radikaler Umbruch

Denn die Bankenbranche steht vor einem radikalen Umbruch. Längst ist aus der Krise einzelner Institute ein Problem des gesamten Systems geworden. Der Staat steigt als Aktionär bei der Commerzbank ein und indirekt auch bei der Deutschen Bank. Der Branchenprimus schockt die Finanzwelt mit Milliardenverlusten. Berlin denkt auch über eine Verstaatlichung des angeschlagenen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate nach.

Die Banken belastet nicht nur das Geschäft mit Immobilienkrediten, die in Form von inzwischen vielfach wertlosen Wertpapieren in die ganze Welt verkauft wurden. Diese haben die meisten Institute bereits abgeschrieben. 2009 werden den Banken vielmehr wesentliche Geschäftsbereiche wegbrechen — angefangen beim Firmenkundengeschäft über den Gewerbeimmobilienmarkt und Schiffsfinanzierungen bis hin zum Geschäft mit Staatsanleihen. Platzen auch diese Blasen, dürften nahezu alle Banken Verluste schreiben. Nach Informationen der WirtschaftsWoche stellt sich die Bundesregierung bereits darauf ein. In den Regierungsfraktionen heißt es, dass dann noch mehr Geld zur Rettung der Banken zur Verfügung gestellt werden müsse.

Besonders peinlich sind seine schlechten Zahlen für den Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann. Stets hatte er betont, auf Staatshilfe nicht angewiesen zu sein. Doch nun hat auch der stolze Ackermann Finanzminister Peer Steinbrück mit am Tisch sitzen, wenn auch nur indirekt. Um den Kauf der Postbank planmäßig durchziehen zu können, ohne dass die Deutsche Bank ihre Eigenkapitalquote senken muss, steigt der bisherige Mehrheitseigentümer der Postbank, die Deutsche Post, mit acht Prozent bei der Deutschen Bank ein. Die Post gehört zu 31 Prozent der staatlichen KfW Bankengruppe. Am liebsten wäre Ackermann, wenn der Staat auch gleich eine sogenannte Bad Bank gründen würde, bei der dann alle Banken ihre faulen Wertpapiere abladen können. Dann würde das Geschäft wieder rund laufen, und die Institute müssten sich nicht mit dem neuen Eigentümer Staat herumschlagen.

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