Giga TV Das CNN der Spieleszene

Neues Spiel, neues Glück. Mit einem Komplettumbau will der Kölner Spartensender Giga TV nach wechselvoller Geschichte jetzt vom weltweiten Boom der Gamingindustrie profitieren. Der Mutterkonzern Premiere will Giga TV zum News- und Unterhaltungsnetz ausbauen. Ein Kampf an allen Fronten.

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Die Neuausrichtung von Giga TV erfolgt pünktlich vor Beginn der deutschen Leitmesse

DÜSSELDORF. Neben mehr Unterhaltung soll der Nachrichtenanteil deutlich gesteigert werden. Ziel ist es, das "CNN der Computerspieleszene" zu werden, erklärt Wolfram Winter, zuständiger Manager beim Mutterkonzern Premiere im Gespräch mit dem Handelsblatt. "Giga muss das Synonym für Spiele werden."

Der Neubeginn erfolgt pünktlich zur deutschen Leitmesse "Games Convention" am 20. August in Leipzig. Erst 2008 hat der Pay-TV-Sender Premiere Giga übernommen, schon 2009 will er schwarze Zahlen sehen. Das wird nicht leicht. Gegründet vor zehn Jahren als TV-Programm am Anfang des Internet-Booms, kämpfen die Giga-Macher heute gegen Konkurrenz an allen Fronten.

Es gibt unzählige Computerspiele-Webseiten, die sich mit Giga um die Werbegelder schlagen. Neue Konkurrenten sind Social Networks wie Myspace oder Facebook. Sie ziehen mit einfachen Spielen Millionen von Spieler an, die online gegeneinander antreten. Das ist viel Konkurrenz für die Giga-Angebote im Web. Als etwa die Spieleseite Zynga (www.zynga.com) ihr Pokerspiel auf Facebook verfügbar machte, sprangen die Besucherzahlen in zwei Monaten von eine auf 2,3 Mill. täglich. Mehr, als Giga im Monat hat. Auch auf Spielekonsolen mit Internetanschluss werden erste TV-Kanäle angeboten. Mit ESL TV hat Turtle Entertainment - früher selber Giga-Anteilseigner - Ende 2007 einen konkurrierenden Spielesender für das Internet gestartet. Sender wie RTL oder SAT 1 bieten Spiele und Informationen auf ihren Webseiten an, allerdings nicht im regulären Programm. Diese Verbindung ist die Chance für Giga, hofft Premiere.

Das neue Giga-TV soll vier tägliche Live-Sendestunden ab 20 Uhr bekommen. "Tagsüber sitzt der Gamer aktiv am PC oder an der Konsole, aber TV am Abend wird eher passiv konsumiert", so Winter. Giga wird deshalb unterhaltender und etwas ernster. Unterteilt in 15-minütige Blöcke, gibt es zur vollen Stunde Branchennews. Dann folgen Reportagen ("Videospiel International - Gameboy spielen in Tibet") oder Features zu Persönlichkeiten der Branche. Die Talk-Show "Late Knights" bleibt, die Show "Screen" taucht ein in die Welt der Hollywoodstars und Sternchen. Das zielt auf ältere Zuschauer, und nicht auf die meist jugendliche Kernzielgruppe. Hier kann Premiere Inhalte zuliefern. Denn das finanzielle Giga-Korsett bleibt eng: "Wir reden von einem einstelligen Millionenbudget", sagt Winter. Pro Jahr wohlgemerkt, nicht pro Sendung.

Da ist Sparsamkeit und Improvisation Zwang, keine Wahl. TV- und Onlineredaktion sind integriert. Die Themen, so der neue Giga-Geschäftsführer Stephan Borg, der den Übergangschef Wolfram Winter ablösen wird, müssen für jedes Medium gezielt aufgearbeitet, nicht einfach übertragen werden. Mit dem japanischen Konsolengiganten Nintendo laufen Verhandlungen über einen eigenen "Wii Channel" auf dessen beliebten Spielekonsole. Dann käme Giga, ohne Umweg über den PC, als TV-Programm und Web-Angebot per Internet auf die Fernseher. Auch auf den Spielkonsolen Xbox360 (Microsoft) und Playstation 3 (Sony) will Giga senden.

Potenzial ist, anders als zum Start von Giga 1998, heute da; der Markt boomt, im ersten Halbjahr 2008 wurden mit 1,7 Mill. Stück in Deutschland 30 Prozent mehr Spielkonsolen (einschließlich tragbarer Geräte wie DS und PSP) verkauft als im Vorjahr, sagt Microsoft-Chef Achim Berg. Für das Gesamtjahr wird mit 4,3 Mill. Konsolen gerechnet, ein Rekord. Weltweit steht ein goldenes Zeitalter bevor, glaubt Kaz Hirai, Weltchef für Sonys Playstation. Gaming sei neben Film und Musik die dritte Säule der Entertainmentindustrie. Im ersten Halbjahr wuchs der US-Gesamtmarkt um mehr als 50 Prozent, ein Computerspieler ist im Schnitt 35 Jahre alt. "Die Branche steht an der Schwelle vom Goldrausch zur Professionalität", glaubt Winter.

Derzeit kommen rund 66 Prozent der Giga-Werbeeinnahmen aus dem TV, der Rest aus dem Onlinebereich. Ende des Jahres soll jeder Bereich die Hälfte des heute noch einstelligen Millionenumsatzes beisteuern. Giga werde per Satellit und Kabel weiter frei empfangbar bleiben, speziell die Zuschauerzahlen im Web sollen überproportional wachsen. Im Juni konnte sich Giga laut Branchenangaben bei den Page-Impressionen mit 16,4 Mill. knapp vor den Jugendmarken MTV (16,1 Mill.) und Viva (10,5 Mill.) etablieren. Der neue Webauftritt, der Social-Networking-Charakter bekommen soll, muss den Vorsprung ausbauen und in Werbegelder umsetzen. Sonst muss Giga wohl 2010 wieder von vorne anfangen.

Die Zukunft liegt im Internet

Erfolgloser Beginn

Giga wurde 1998 von der Deutschen Fernsehnachrichten Agentur (DFA) in Düsseldorf gegründet. 2004 folgte der Verkauf an den TV-Konzern NBC Universal und dann Finanzinvestoren. Ohne Erfolg schien 2007 das Aus besiegelt. Doch 2008 stieg Premiere ein.

Konvergenz

Giga Digital wird über Satellit (Astra Digital 19.2ll Ost, Transponder 103) ausgestrahlt und ist in digitalen Kabelnetzen vertreten. Technische Reichweite: rund elf Mill. Haushalte. Doch die Zukunft liegt im Internet, Hier gibt es Nachrichten, Online-Spiele und Übertragung des TV-Angebots per Internet-TV (IP-TV).

Wandel

Während viele Computerspiele-Magazine mit fallenden Auflagen kämpfen, boomen speziell in Asien Online-Spieleseiten und TV-Sender, die Spiele-Turniere live übertragen. Entsprechend findet eine Umschichtung der Werbegelder statt.

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