Autohandel Der lange Schatten der Abwrackprämie

Die staatliche Umweltprämie für Käufer von Neu- und Jahreswagen hat einen Ansturm der Kunden auf die Autohäuser ausgelöst. Zwei Wochen nach Inkrafttreten des Förderprogramms haben bereits knapp 42.000 Kunden einen Antrag auf die sogenannte Abwrackprämie gestellt.

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Ausgeschlachtetes Altauto auf Quelle: dpa

Viele weitere werden folgen, denn wegen der Abwrackprämie haben bereits 220.000 Kunden einen Kaufvertrag unterschrieben. Doch nur weil die Prämie stark nachgefragt wird, muss sie nicht das richtige Instrument zum Ankurbeln der Konjunktur sein. Die Automobilexperten der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners haben die Auswirkungen der Prämie in einer Studie analysiert, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt. Das Fazit der Berater ist ernüchternd:

Nach der Party kommt der Kater

Viele Kunden werden, so ein Ergebnis der Untersuchung, ihren Kauf nur vorziehen. Diese Kunden hätten wohl auch ohne die Prämie ihr Altfahrzeug bald ersetzt. Unterm Strich würden, so die Unternehmensberatung, nur 150.000 Fahrzeuge mehr verkauft. Wozu der Vorzieheffekt führt, könne am Beispiel Italien abgelesen werden, wo bereits mehrfach Abwrackprämien gezahlt wurden: Jedes Mal kam es nach Ende der Subventionierungszeit zu einem Markteinbruch bei Neuwagenkäufen.

Ford, Opel und Volkswagen dürfen sich freuen

Von der Abwrackpämie wird nach Ansicht der Berater vor allem das Niedrigpreissegment zwischen 7.500 bis 15.000 Euro profitieren. Hier liege das Budget des größten Teils der Zielgruppe, außerdem sei hier die Wirkung des Prämienbetrags am deutlichsten spürbar. Dieser Effekt könne durch Finanzierungs- und Leasingangebote noch vergrößert werden. Da vor allem das Niedrigpreissegment profitiert, heißen die Nutznießer der Prämie Ford, Opel und Volkswagen, aber auch Importmarken aus Frankreich, Italien, Osteuropa und Asien.

Premiummarken ziehen den Kürzeren

Die Berater gehen davon aus, dass deutsche Premiumhersteller wie Mercedes, BMW und Audi durch die Subvention benachteiligt werden. Begründung: Oft werde es die Situation geben, in der ein potenzieller Käufer beispielsweise neben einem neuen Golf oder Peugeot 308 einen drei Jahre alten Audi A4, BMW 3er oder eine Mercedes-Benz C-Klasse in Erwägung zieht. Genau in diese Wettbewerbssituation greife der Staat mit der Umweltprämie steuernd ein: Neu- und Jahreswagen werden dann gegenüber Gebrauchtwagen um bis zu 2.500 Euro günstiger. Dadurch werde der Wettbewerb merklich verzerrt.

Gebrauchtwagen verlieren weiter an Wert

Die Erfahrungen mit Abwrackprämien in Italien und Frankreich zeigten auch, so die Autoexperten von Simon-Kucher & Partners, dass eine Absenkung des Preisniveaus im Neuwagengeschäft auch das Preisniveau des Gebrauchtwagenmarktes nach unten zieht. Dadurch seien nicht nur professionelle Gebrauchtwagenanbieter wie beispielsweise Mietwagenfirmen betroffen,sondern alle Pkw-Besitzer. Zudem müssten Leasingfirmen womöglich die Werte ihrer Gebrauchtfahrzeuge nach unten korrigieren.

Für Gebrauchtwagenhändler wird es eng

Über 50 Prozent der Gebrauchtwagenverkäufe lagen im Jahr 2007 im Preissegment 5.000 bis 15.000 Euro. Genau in diesem Feld wird die Abwrackprämie womöglich tiefe Spuren hinterlassen: Die betroffenen Händler müssen durch höhere Rabatte das Gebrauchtwagengeschäft am Leben halten und die staatliche Subvention auszugleichen. Das jedoch, so die Prognose der Studie, ziehe „die ohnehin schon knappen Margen oft in den roten Bereich". Die Insolvenz vieler Händlerbetriebe sei dann wohl unausweichlich.

Düsteres Fazit

Würden die negativen Effekte auf die Restwerte, das Gebrauchtwagengeschäft der Premiumhersteller und die Händler zusätzlich in die Waagschale geworfen, so das Fazit von Simon-Kucher & Partners, werde „von den positiven Effekten der Prämie nicht mehr viel übrig bleiben".

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