China Deutsche Unternehmen lernen sich in China anzupassen

Viele der rund 5000 deutschen Unternehmen im Reich der Mitte wurden von der Krise schwer getroffen. Manche Firmen überdenken nun ihre China-Strategie.

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Stau in Peking Quelle: dpa

Die Siemens-Forscher in Peking sitzen in einem Nebengebäude der China-Zentrale des Münchner Konzerns. Auf den Computerbildschirmen einiger Wissenschaftler bauen sich dreidimensionale Modelle des menschlichen Körpers auf. Blaue und rote Linien überziehen die Figuren. An einigen Stellen verdicken sich die Linien – Akupunkturpunkte. „Oft ist es für die Ärzte schwer, diese Punkte zu finden“, erklärt Arding Hsu, Forschungschef bei Siemens in China. „Wir entwickeln ein Verfahren, das dies erleichtert.“

Bereits entwickelt hat Siemens in China ein System zur Steuerung des Straßenverkehrs mithilfe der Handys der Verkehrsteilnehmer. In staugeplagten Städten wie Peking wollen die Deutschen das Verfahren in einem Pilotverfahren testen. Später will Siemens die Lösung auch in anderen Ländern anbieten. „Wir entwickeln hier nicht mehr nur Produkte für den chinesischen Markt“, sagt Hsu, „wir forschen hier für die Welt.“

Schon 1998 startete Siemens in China mit einer eigenen Forschungsabteilung. Heute unterhält der Konzern Entwicklungszentren in Peking, Shanghai und Nanjing mit insgesamt 230 Ingenieuren und Wissenschaftlern.

Tiefe Bremsspuren

So wie Siemens dürften es künftig immer mehr deutsche Unternehmen machen. Denn die Krise hat gezeigt: Besonders hart getroffen sind deutsche Firmen, die ihr China-Geschäft zu wenig lokalisiert haben. „Wer lediglich seine in Deutschland entwickelten Produkte nach China liefert, wird große Probleme bekommen“, sagt Christina Stercken, Partnerin der Beratungsgesellschaft Euro Asia Consulting (EAC). Die chinesische Konkurrenz sei inzwischen so schlagkräftig, dass deutsche Unternehmen langfristig nur eine Chance hätten, wenn sie ihr Geschäft noch stärker ins Reich der Mitte verlagerten. „Manche chinesische Maschinenbauer können den Deutschen durchaus schon das Wasser reichen“, so China-Kennerin Stercken.

Bei den meisten der rund 5000 deutschen Unternehmen in China hat die Krise tiefe Bremsspuren hinterlassen – und das, obwohl Chinas Wirtschaft auf dem Höhepunkt der Turbulenzen immer noch mit gut sechs Prozent gewachsen ist. Einer aktuellen Umfrage zufolge spüren 85 Prozent der befragten Firmen die Folgen der Krise. Rund ein Viertel der Unternehmen fühlt sich stark betroffen, ergab die Umfrage, die die Auslandshandelskammer in Shanghai gemeinsam mit der Unternehmensberatung Fiducia in Hongkong durchführte.

Ein deutscher Kabelhersteller im südchinesischen Dongguang etwa musste die Zahl seiner Mitarbeiter von 1000 auf 300 reduzieren. Statt Renditen im China-Geschäft zwischen 15 und 20 Prozent schreibt der Betrieb inzwischen rote Zahlen. Möglicherweise, heißt es, übersteht der Kabelhersteller das Jahr nicht.

Viele deutsche Unternehmen in China reduzieren ihre Kosten zum Teil drastisch. Gut 60 Prozent der von AHK und Fiducia befragten Firmen haben ihre Investitionspläne für China auf Eis gelegt. Der Autozulieferer Continental etwa will eine geplante 250-Millionen-Euro-Investition in der Provinz Anhui zeitlich strecken. Viele Firmen haben Mitarbeiter entlassen, die Mietverträge für ihre Büros neu verhandelt und die Marketingausgaben drastisch heruntergefahren. „Insgesamt haben die Unternehmen in den vergangenen Monaten die Kosten um durchschnittlich 25 Prozent reduziert“, schätzt Jürgen Kracht, Fiducia-Chef in Hongkong und ein guter Kenner des chinesischen Marktes.

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