Neuer Vattenfall-Chef Hatakka Ein Finne in Berlin

Kraftwerke in Deutschland - sie sollten an die Schweden verkauft werden. Das klang harmlos, als die Stromliberalisierung begann. Nun zeigen die Vattenfall-Manager, dass ihre deutsche Tochter ein Teil eines staatlichen Konzerns ist, der von Stockholm und Warschau gesteuert wird.

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Der neue Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka, dpa

Anders als in Deutschland denken die schwedischen Kommunen nicht daran, ihren Stromkonzern Vattenfall zu privatisieren. Aber der europäische Staatskonzern schwedischer Provinienz soll künftig effizienter sein. Die deutsche Tochter macht seit einigen Monaten Probleme. Pannen in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel bringen die Kernenergie, die es ohnehin in Deutschland schwer hat, zusätzlich in Verruf. Nun vollzieht Vattenfall-Chef Lars Göran Josefsson, was aus Sicht vieler Unternehmensberater überfällig war - er zerschneidet die deutsche Zwischenholding, die wie ein deutscher Teilkonzern arbeitete und setzt ihr einen neuen Chef vor, den Finnen Tuomo Hatakka. In der Berliner Vattenfall Europe-Zentrale arbeiteten bisher nur wenig Schweden. Das bayerisch-gemütliche, aber auch souveräne Regiment des im Juli wegen Kommunikationspannen geschassten deutschen Vattenfall-Chefs Klaus Rauscher ließ viele Politiker in Berlin aber auch Energiemanager in der Branche glauben, der deutsche Vattenfall-Ableger führe ein Eigenleben, das auf die deutschen Eigenarten der Energieversorgung Rücksicht nehme. Dazu gehört abrundtiefe Skepsis vor der Atomkraft, aber auch Bürgerproteste gegen Stein- und Braunkohlekraftwerke. Nun wird das deutsche und polnische Geschäft zur "Business Group Europe" zusammengefasst, das künftig der international gebildete Finne Hattaka mit Deutschkenntnissen führt. Er studierte Ökonomie in Finnland und Spanien. Er startete als Unternehmensberater bei Bain in England. Dann reorganisierte er das polnische Kraftwerksgeschäft in Polen für Vattenfall. Auch wenn keine rechtliche Verschmelzung zwischen Warschau und Berlin geplant sei, rückt mit dem neuen Mann an der Spitze das Zentrum des drittgrößten in Deutschland agierenden Energieunternehmens aus Deutschland heraus. Politiker, die Tuomo Hatakka sprechen wollen, müssen künftig nach Warschau reisen. Eine ungewohnte Richtungsentscheidung der Globalisierung. Bisher glaubten deutsche Energiepolitiker, dass die Entscheidungszentren des globalen Dorfes in den USA, bestenfalls in London oder Paris liegen. Dass sie in Warschau, Prag oder Budapest ihren Sitz haben, ist für die gedankliche Topografie wichtiger Entscheidungszentren eine ganz neue Himmelsrichtung. "Lars Göran Josefsson mag das deutsche Selbstbewusstsein am Hauptsitz in Stockholm auf die Nerven gegangen sein", sagt ein Brancheninsider. So wurde immer auf die schiere Größe des teutonischen Stromimperiums von Vattenfall gewiesen. Sie haben 20 000 Mitarbeiter, Polen nur 3 000. In Deutschland versorgt Vattenfall 2,9 Millionen Stromkunden, in Polen nur 1,1 Millionen Kunden. Doch trotz dieser Dimensionen lief das deutsche Geschäft nicht gerade zur Zufriedenheit der Stockholmer. Daran waren nicht nur die Probleme in den Kernkraftwerken schuld, sondern auch rund 250 000 Kunden, die zu Konkurrenzanbietern, vor allem zu Nuon, ebenfalls ein kommunaler Konzern aus Holland überliefen. Die Auflösung der deutschen Zwischenholding liegt zur Zeit im Trend der Branche. Auch bei RWE ist RWE-Chef Jürgen Großmann dabei, mit seinen Vorstandskollegen eine Vereinfachung der Konzernstruktur durchzusetzen. Auch hier wird im Widerstand entgegengebracht, heißt es aus unternehmensnahen Kreisen. Kein Wunder, überall, wo Topmanagement-Positionen wegfallen, geht es auch um Pfründe und Erbhöfe. Dieser war zum Schluß bei Vattenfall kein Thema. Hans-Jürgen Cramer, der seit Juli bei Vattenfall als Vorstandssprecher im Amt war, gehörte zu Deutschlands unbekannntesten Energiemanagern - trotz einer großangelegten Anzeigenkampagne. Es war für Vattenfall-Chef Josefsson nicht schwer, dem Newcomer nahezulegen, so schnell wieder zu gehen, wie er gekommen war.

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