Autobauer General Motors steht am Rande des Ruins

Rettung durch Konkurs, neue Marken, Ende der Selbstständigkeit, Staatshilfen – wie können General Motors, Ford und Chrysler überleben?

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Amerikanische Autobauer Quelle: REUTERS

Der Mann wirkt souverän, ruhig, trotz der kritischen Situation, in der er und sein Unternehmen sich befinden.

Vielleicht ist es seine sonore, unaufgeregte Stimme, vielleicht die imposante Erscheinung des ehemaligen Basketballspielers Rick Wagoner, der seine Umgebung fast immer überragt. Dabei hat der Chef des Detroiter Automobilkonzerns General Motors (GM) allen Grund, nervös zu sein.

Seit acht Jahren amtiert er als Vorstandschef. Unter Wagoner schlitterte der einst glorreiche Hersteller aus Detroit in die schlimmste Krise der Unternehmensgeschichte. Der Aktienkurs stürzte um 75 Prozent auf den tiefsten Stand seit mehr als 50 Jahren. Zuletzt 15,5 Milliarden Dollar Quartalsverlust zehren nach den roten Quartalen zuvor an der Substanz. Im US-Fernsehen laufen Sondersendungen mit dem Titel „Saving GM“.

Und dennoch sind Rufe nach Wagoners Rücktritt, die zu Beginn der Probleme vor drei Jahren noch ziemlich laut waren, fast verstummt. Erst in der vergangenen Woche bestätigte der Board of Directors, dem Wagoner als Chairman vorsitzt, ihn erneut an der GM-Spitze.

Das Vertrauen, das Wagoner genießt, zeugt von der tiefen Ratlosigkeit in der US-Autoindustrie, wie die Branche aus ihrer bisher größten Krise herausfinden kann. Die Auswechslung der Chefs bei den amerikanischen Konkurrenten Chrysler und Ford, nur wenige Meilen vom GM-Firmensitz entfernt, hat nichts genutzt. Beide Konzerne drehen sich wie GM weiter im Strudel nach unten.

Alle amerikanischen Autobauer stehen vor existenziellen Fragen

Die sich einst stolz „The Big Three“ nennen ließen, suchen allesamt nach Antworten auf die gleichen existenziellen Fragen: Können sie das Wettrennen zwischen schmelzenden Finanzreserven und verzweifelten Sanierungsversuchen noch gewinnen? Reichen die Sanierungsschritte, die Fabrikschließungen und die Entlassungen, um rechtzeitig die Kurve zu bekommen?

Oder bleibt am Ende nur der Beinahe-GAU – die Flucht ins Konkursrecht, die in den USA schon viele Fluggesellschaften gerettet hat, oder die Hilfe der Politiker, damit diese ähnlich wie zuletzt bei den Banken ein Rettungspaket für den besonders betroffenen US-Bundesstaat Michigan schnüren?

Die Zeit für Antworten wird immer knapper. GM verkaufte im Juli 26 Prozent, Chrysler 29 Prozent und Ford 15 Prozent weniger Autos als im Vorjahresmonat. Innerhalb von zehn Jahren schrumpfte der gemeinsame Marktanteil des Trios in den USA von über 70 Prozent im Jahr 1998 auf mittlerweile unter 50 Prozent.

Alle drei Unternehmen verbrennen Cash im Formel-1-Tempo. Um Gläubiger und Lieferanten zu beruhigen, bleibt den dreien nur, auf ihre hohen Liquiditätsreserven zu verweisen: 38 Milliarden Dollar bei Ford, 20,5 Milliarden bei GM, 11,7 Milliarden bei Chrysler. Doch wie lange dieses Polster reicht, ist offen. Die Kurse der Anleihen aller drei Unternehmen signalisieren nach Meinung von Börsenhändlern eine Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent, dass die Unternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre zahlungsunfähig werden.

Chrysler ist internationa am schlechtesten aufgestellt

Die Szenarien, dem Exitus zu entkommen, sind unterschiedlich. Bevor einer der drei total zusammenbricht, würde er sich aller Voraussicht nach unter das Dach des US-Konkursparagrafen Chapter Eleven flüchten, so wie es viele US-Fluggesellschaften in den vergangenen Jahren mit Erfolg taten.

Als erster Kandidat dafür gilt in der Branche Chrysler, auch, weil der Kleinste unter den dreien international am schlechtesten aufgestellt ist.

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