Werkzeugtechnik Haas Schleifmaschinen: "Schleifen Sie gut"

Kein Global Player, aber global agierend: Haas Schleifmaschinen gehen von Baden-Württemberg aus in die ganze Welt. Mit einer Nischenstrategie, Forscherdrang und noch mehr Service manövriert sich der Mittelständler durch die Krise.

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Ein eingeschliffenes Team: Dirk Wember (l.) und Thomas Bader. Quelle: Pressebild Quelle: handelsblatt.com

HB DÜSSELDORF. Wenn jeder Schritt schmerzt, ist oftmals eine Knieimplantation der einzige Ausweg. Die moderne Medizin hat die Grundlagen dafür entwickelt, aber nur die moderne Technik kann den Traum vom schmerzfreien Gehen in die Wirklichkeit umsetzen. Denn ein Implantat besteht aus hochempfíndlichen Rohstoffen und muss präzise gearbeitet sein. Die Schleifmaschinen, die das leisten können, kommen aus dem baden-württembergischen Trossingen.

In Trossingen produziert die Haas Schleifmaschinen GmbH seit mehr als 70 Jahren Schleifmaschinen für Präzisionsarbeiten. "Dabei darf es gerne kompliziert werden", sagt Geschäftsführer Dirk Wember. Und technische Herausforderungen gibt es in der Medizinbranche genug. Auf dieses Fachgebiet haben sich die schwäbischen Tüftler spezialisiert.

Beim Schleifen eines Knieimplantats liegt die Schwierigkeit in der Verarbeitung der biokompatiblen Werkstoffe. Diese zu Zerspanen, also in die exakte Form zu bringen, ist ein kostspieliger Prozess. So ist ein fertiges Implantat um die 900 Euro wert. Das Zerspanen übernimmt der Multigrind CB, der ganze Stolz der Trossinger. Die Schleifmaschine wird nicht nur im Bereich der chirurgischen Implantate, sondern auch in der Werkzeugherstellung eingesetzt. Thomas Bader, Chef-Schleifer und technischer Manager, fasst die Vorzüge des Multigrind CB zusammen: "Präzise, flexibel und wirtschaftlich."

Die Flexibilität resultiert aus fünf numerisch gesteuerten Achsen. Diese Innovation macht das präzise Schleifen überhaupt erst möglich. Eine besondere Herausforderung bei der Massenproduktion sind die bearbeiteten Werkstoffe selbst. Denn die reagieren sehr sensibel auf Temperaturschwankungen. Der Multigrind CB kann das ausgleichen und so eine Produktion rund um die Uhr garantieren.

Bereits 1998 brachte der Mittelständler den Vorläufer der Multigrind CB auf den Markt. Seitdem arbeitete die Forschungsabteilung kontinuierlich an dessen Verbesserung. "Wir perfektionieren unsere Produkte für eine Anwendung und vermarkten diese dann global", erläutert Geschäftsführer Wember die Strategie von Haas Schleifmaschinen. Mittlerweile stehen die Schleifmaschinen in ganz Europa sowie Nordamerika, Japan und China. "Wir beliefern die Top-Five der Branche", sagt Wember stolz. Dazu gehören zum Beispiel Johnson & Johnson in den USA und Aesculap in Deutschland.

Den Sprung vom Handwerksbetrieb zum global agierenden Unternehmen verdankt die Gesellschaft nicht nur den präzisen Schleifmaschinen. Denn die Schwaben bieten ihren Kunden nicht nur einzelne Maschinen, sondern komplette Konzepte. Das beginnt mit der Schleifberatung, bei der die Kunden das Problem liefern und die Maschinenbauer die Lösung ausarbeiten.

Die eigentliche Arbeit beginnt dann nach der Auslieferung der Maschine. Die Schwaben sorgen dafür, dass die hochsensiblen Geräte nach drei Tagen funktionieren. Sie liefern eine Software zum Bedienen. Sie bieten ihren Kunden Schulungen zum Profi-Schleifen an. "Serviceinfrastruktur" nennt Dirk Wember dieses Gesamtpaket. Das bindet die Kunden an den mittelständischen Maschinenbauer.

Insgesamt ist die Medizintechnik weniger von der Krise betroffen als andere Branchen. "Wer starke Schmerzen hat, braucht ein neues Kniegelenk. Unabhängig von der Wirtschaftslage", sagt Geschäftsführer Wember. Er rechnet auch im Krisenjahr 2009 mit einem Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres. 2008 hatte das Unternehmen 21 Mio. Euro umgesetzt. 40 Prozent vom Gesamtumsatz macht das Geschäft mit den Implantat-Maschinen aus. Ansonsten beliefert die Haas GmbH die Werkzeugindustrie. Auch dort hat sie Nischen, wie die Herstellung von Abwälzfräsern, für sich entdeckt.

100 Mitarbeiter beschäftigt der Mittelständler. Ein Viertel davon arbeitet in der Entwicklungsabteilung. Sie knobeln an den Details, um die Schleifmaschinen aus Trossingen noch besser zu machen. Derzeit aktuelles Thema: der Einsatz von Mineralguss. Dieser Werkstoff dämpft die Schwingungen beim Schleifen.

Die Entwickler achten nicht nur auf die Produktivität und Effizienz ihrer Maschinen. "Für den Arbeiter, der acht Stunden an der Maschine steht, ist auch deren Design wichtig", erklärt Dirk Wember. Bei der Multigrind CB haben sich die Tüftler besonders viel Mühe gegeben. Und den red dot design award des Design Zentrums Nordrhein-Westfalen dafür gewonnen.

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