Ex-AUB-Chef Schelsky „Ich war verdeckt für Siemens tätig“

Der kürzlich zurückgetretene Chef der Arbeitnehmer-Organisation AUB belastet die Siemens-Führung schwer: Wilhelm Schelsky behauptet, im Auftrag des Konzerns gehandelt und dafür Millionen kassiert zu haben. Das Pikante dabei: Schelsky saß im Betriebsrat und sollte eigentlich die Mitarbeiter vertreten.

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Die AUB-Zentrale. Die Organisation ist der IG Metall schon lange ein Dorn im Auge. Foto: ap

HB HAMBURG. „Ich war verdeckt als Lobbyist für Siemens tätig. Es gab einen klaren Auftrag aus der Konzernspitze. Der Plan kam aus dem Zentralvorstand“, sagte Schelsky dem Magazin „Stern“. Der eigentliche Zweck der Millionenhonorare, die er über Jahre von Siemens erhielt, habe in der Stärkung der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger, kurz AUB, bestanden. Offiziell war das Geld für Beratungsleistungen an Schelskys Firma geflossen. Schelsky war Mitte Februar verhaftet worden. Der Nürnberger Unternehmer und frühere Siemens-Betriebsrat soll über Jahre hinweg Millionen an Beraterhonoraren ohne entsprechende Gegenleistung erhalten haben. Genannt werden Summen bis zu 45 Mill. Euro. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Untreue vor. Die Affäre steht aber in keinem Zusammenhang mit dem Schmiergeldskandal im Geschäftsbereich Com, bei der Manager hunderte Millionen Euro beiseite geschafft haben sollen und die letztlich auch Vorstandschef Klaus Kleinfeld und Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer den Kopf kostete. Schelskys Verteidiger hat am Dienstag Haftbeschwerde eingelegt. Jürgen Lubojanski sagte „Focus online“, es bestehe kein dringender Tatverdacht mehr gegen seinen Mandanten. Siemens habe Millionen investiert, um die AUB als Konkurrenz zur IG Metall aufzubauen. „Es gab keine persönliche Bereicherung“, betonte der Anwalt. Schelsky habe nach eigener Aussage Büros und Broschüren der AUB bezahlt und Sportvereine in der Region gesponsert, um die Gewerkschaft bekannt zu machen. Der Nürnberger Justizsprecher Andreas Quentin sagte, die Staatsanwaltschaft werde in den nächsten Tagen Stellung zu der Haftbeschwerde nehmen. Die Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger, kurz AUB, ist eine Arbeitnehmerorganisation, die sich als Gegenpol zu den etablierten Gewerkschaften versteht. Gemeinhin gilt die AUB als unternehmensfreundlich; sie selbst bezeichnet sich als „ideologiefrei“. Nach eigenen Angaben hat die AUB 32 000 Mitglieder – was man bei der konkurrierenden IG Metall für dreifach übertrieben hält. Vorstand in Affäre verstrickt Der langjährige AUB-Vorsitzende Schelsky sagte dem „Stern“: „Ich war von Siemens vollständig unabhängig in der Ausgestaltung meiner Auftragserfüllung. Es gab weder Vorschriften über die Inhalte meiner Tätigkeit noch eine Aufforderung, Bericht zu erstatten. Man hat mir vertraut.“ Konkrete Entscheidungen von Betriebsräten seien aber nicht erkauft worden. Im Zuge der Affäre war auch der – zwischenzeitlich beurlaubte – Siemens-Vorstand Johannes Feldmayer verhaftet worden. Wieder auf freiem Fuß, gilt er aber weiter als Beschuldigter, hatte er doch mindestens einen der umstrittenen Beraterverträge mit Schelsky unterzeichnet. Der Stern schreibt in seiner jüngsten Ausgabe weiter, Feldmayer habe gegenüber der Staatsanwaltschaft Nürnberg eingeräumt, der eigentliche Zweck der vorgeblichen Beraterhonorare sei die Finanzierung von Schelsky gewesen. Der habe sich dafür um die Stärkung der AUB kümmern sollen. Die Justiz wirft Feldmayer Untreue zu Lasten von Siemens vor. Die IG Metall hatte im April wegen der ihrer Ansicht nach illegalen Begünstigung der AUB bei Betriebsratswahlen Strafanzeige erstattet. „Wir haben den Verdacht und Indizien dafür, dass die AUB durch das Unternehmen Siemens finanziert wurde, um eine Art Gegen-Gewerkschaft zur IG Metall aufzubauen“, hatte Gewerkschaftschef Jürgen Peters dies begründet. Der Gesamtbetriebsrat von Siemens schloss sich dem Vorstoß der IG Metall an.

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