Zumwinkel-Prozess Klarer Schlussstrich unter Steueraffäre

Klaus Zumwinkel hat ein umfassendes Geständnis abgelegt und bereut seine Taten. Im Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung vor dem Landgericht Bochum wirkte der ehemalige Post-Chef aber nicht immer souverän. Aus Bochum berichtet WirtschaftsWoche-Redakteur Christian Schlesiger.

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Der ehemalige Quelle: AP

Die einfachste aller Fragen bringt Klaus Zumwinkel gleich zu Beginn durcheinander. Seinen Namen hätte der Vorsitzende Richter Wolfgang Mittrup gerne gewusst. Ist "Dr. Klaus Peter Richard Zumwinkel richtig“, fragt Mittrup den Angeklagten. Zumwinkel nickt und bestätigt mit einem "richtig“. Der Richter hakt nach: Oder gibt es da noch einen Vornamen?“ "Klaus Peter Richard Otto“, ergänzt Zumwinkel.

Der ehemalige Post-Chef Zumwinkel offenbart erhebliche Erinnerungslücken – nicht nur bei seinem Namen. Zumwinkel kennt weder das genaue Geburtsdatum seines Vaters ("ich glaube 1899“), noch dessen Alter beim Tode. Er muss auch lange überlegen, wann er Abitur gemacht hat und welches Unternehmen das damalige Einzelhandelsgeschäft, das Zumwinkel und sein Bruder Hartwig von den Eltern Ende der Sechzigerjahre geerbt hatten, verkauft wurde. Zumwinkel überlegt mehrere Sekunden und sagt dann: "Man hat mit Rewe kooperiert und dann verkauft“.

Schlechtes Gedächtnis oder Strategie? Zumwinkel, gekleidet in grauem Anzug und roter Krawatte, wirkt anfangs fahrig. Er redet ruhig, langsam und mit heiserer Robert de Niro-Stimme. Er scheut den Blick hinüber zum Publikum und den Journalisten, die hinter einer Glasscheibe vom eigentlichen Geschehen abgeschottet sind.

Er mag es wohl auch nicht gewohnt sein, einem Richter gegenüber zu sitzen, der dem Ex-Post-Chef spüren lässt, wer im Sitzungssaal C240 des Bochumer Landgerichts bei der Strafsache gegen "Dr. Z., Köln“ das Sagen hat. Kein einziges Mal redet Richter Mittrup Zumwinkel mit "Dr.“ an. Er macht klar, dass der Top-Manager "keine Sonderbehandlung“ zu erwarten habe. Und als Zumwinkels Anwalt bei der formalen Überprüfung eines minimalen Euro-Betrages der Steuerhinterziehung nachfragt, wendet sich Mittrup direkt an den Angeklagten: "Für manche, Herr Zumwinkel verstehen Sie mich nicht falsch, sind zwei Euro viel Geld.“

Die richterliche Überheblichkeit verfehlt ihre Wirkung nicht. Zumwinkel wirkt zuweilen wie ein kleiner Schuljunge, der seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Er muss sein Vermögen offen legen, schildert seinen Immobilienbesitz am Gardasee, eine 800 Jahre alte Burg im Wert von rund fünf Millionen Euro. Außerdem spricht er zögerlich über sein Finanzvermögen in Höhe von rund acht Millionen Euro, sein Motorboot und seine zwei Autos.

Mittrup erhebt klare Vorwürfe gegen Zumwinkel: Dieser  habe 1986 eine Stiftung gegründet zu dem Zweck, Steuern zu sparen, um Lebenssicherung, Erziehung und Bildung der Kinder zu finanzieren. Die Gründungsurkunde nennt Zumwinkel als alleinigen Begünstigten. Insgesamt geht es um rund 970.000 Euro, die Zumwinkel am Fiskus vorbei geführt habe.

Zumwinkel will auf den Punkt kommen

Das alles ist Zumwinkel zu langatmig, zu lästig. Er schaut immer wieder durch den braun getäfelten Sitzungsraum, mal hinüber zu den zwei Vertretern der  Staatsanwaltschaft und zu seinen beiden Anwälten. Er will endlich auf den Punkt kommen.

Dann ist es soweit. Zumwinkel spricht die vielleicht schwierigsten Worte seines Lebens. Seine Augenbrauen zieht er hoch. Er wirkt konzentriert, beugt seinen Oberkörper über den Tisch und lässt seine Hände nach unten baumeln. Mit ruhiger Stimme liest er vom Zettel ab: "Der gegen mich erhobene Vorwurf trifft zu“, sagt Zumwinkel in seiner Erklärung.

Er habe die Kapitaleinkünfte, die in der Liechtensteinischen Stiftung angefallen sind, nicht versteuert. Er habe sich in den vergangenen Monaten viele Gedanken gemacht. "Das war der größte Fehler meines Lebens“, so Zumwinkels Fazit. "Ich bereue und werde die Folgen tragen, so schmerzlich sie auch sind.“

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