krisennavigator.de: Die Krise als Chance

Jede Krise ist auch eine Chance. Diese Binsenweisheit machten sich, als in den USA die ersten Dot.coms strauchelten, findige Webseitenmacher zu eigen. Sie schufen unter Adressen wie fuckedcompany.com oder startupfailures.com Internet-Angebote, in denen es vor allem um Spott über die Dots ging.

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Auch in Deutschland erwachsen aus den Krisen von Unternehmen neue Web-Seiten wie www.krisennavigator.de. Allerdings aus einem weder kommerziellen noch sarkastischen Hintergrund. Die Webseite ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universitäten Kiel und Münster und soll Unternehmen bei Krisen helfen. „Das Projekt wurde 1998 aus der Not heraus geboren“, erinnert sich Mit-Herausgeber Frank Roselieb. Für Unternehmen in Krisen gebe es einerseits keine staatliche Infrastruktur wie Beratungsstellen oder Erste-Hilfe-Hotlines. Andererseits sei der Bereich aber auch so sensibel, dass private Dienstleister die Lücke nicht schließen können, so Roselieb. Dazu kommt, dass börsennotierte Aktiengesellschaften seit 1998 durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) dazu verpflichtet sind, ein Risiko-Management-System einzuführen. Dadurch stieg der Beratungsbedarf auch bei Unternehmen, die sich nicht in einer akuten Krise befanden. Um all diese Beratungsbedürfnisse abzufangen, stellten die Betriebswirte der Uni Kiel den Krisennavigator ins Netz. Schwerpunkte sind neben Krisenmanagement auch Krisendiagnose, Krisenkommunikation, Risikomanagement und Katastrophenmanagement. Die Webseite soll als offene Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Praktikern dienen. Sie können über ein Forum oder einen Echtzeit-Chat miteinander in Kontakt treten. Diese werden von dem Krisennavigator selektiert beziehungsweise moderiert, so dass die Qualität der Beiträge gewahrt bleibt. „Nur etwa 30 Prozent aller Forumsbeiträge gehen auch online“, berichtet Roselieb. Fallstudien und Fachbeiträge runden das Angebot ab. Daneben beantwortet die Online-Redaktion aber auch rund 3000 individuelle Anfragen von strauchelnden Unternehmen und recherchierenden Diplomanden im Jahr. Für die ganz dringenden Fälle steht eine Notruf-Nummer bereit. Da die Webseiten wegen ihrer klassischen HTML-Struktur auch von internationalen Suchmaschinen gut erfasst werden, bekam die Redaktion von Anfang an Anfragen aus aller Welt. „Wir bekommen Mails aus allen fünf Kontinenten“, so Roselieb. Eine englische Version unter der Adresse crisisnavigator.org ist bereits im Netz. Über eine Kooperation mit University of North Carolina soll das englischsprachige Angebot erweitert werden. Außerdem wird der Krisennavigator künftig auch in den Domänen .at und .ch zu finden sein. Pläne, die Webseite auch kommerziell zu nutzen, gibt es nach Auskunft von Roselieb nicht. Stattdessen strebt er im Gegenteil eine stärkere Anbindung an staatliche Stellen an. Roselieb: „Nur eine Non-Profit-Organisation kann die nötige Neutralität bieten.“

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