Marken Massenentlassung bei Nokia schwächt die Marke nachhaltig

Im Verlauf der letzten zwölf Monate kündigten einige große Unternehmen Massenentlassungen in Deutschland an - allen voran Nokia und BMW . Das Image der Marke Nokia hat sich in Deutschland seitdem nicht erholt, schreibt Boris Hedde von Psychonomics in seiner Kolumne.

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BrandIndex BMW Nokia

Mit dem BrandIndex, dem Tool zur tagesaktuellen Imagemessung von über 550 Marken in Deutschland, soll anhand von zwei Beispielen aufgezeigt werden, wie die Öffentlichkeit in Bezug auf die Markenwahrnehmung auf die Ankündigung von Massenentlassungen reagiert.   

Beispiel 1: Nokia Im Januar dieses Jahres kündigt Nokia an, das Werk in Bochum schließen zu wollen und damit rund 2.300  Mitarbeiter zu entlassen. Der landesweit über alle Medien kommunizierte Aufstand ist so groß, dass sich neben Betriebsrat und Gewerkschaftlern auch Politiker genötigt sahen, öffentlichkeitswirksam zum Boykott von Nokia-Produkten aufzurufen.

Im BrandIndex zeigte die Kurve schon nach wenigen Tagen nach unten. Und nicht nur beim Arbeitgeberimage, sondern über alle im BrandIndex analysierten Kriterien hinweg, verlor die Marke massiv an Boden. Der Durchschnittswert für alle Kriterien fiel um 58-Prozentpunkte.  Im Vergleich zum Wettbewerb war der Imageschaden so erheblich, dass Nokia innerhalb weniger Tage von der Pole-Position auf den letzten Rang bei den Handyherstellern abfiel. Bis heute zeigt der Kurvenverlauf der täglichen BrandIndex-Messungen, dass sich das Image des einstigen Branchenprimus nicht erholen konnte, sondern sogar weiter im negativen Bereich ist. D.h. in der Summe haben sich mehr Befragte negativ zur Marke geäußert. Zudem war dieses medienstarke Ereignis in der Wahrnehmung der Bevölkerung so prägnant, dass Nokia bis heute, trotz der unveränderten Produkte, auch eine schlechtere Qualität zugeschrieben wird. 

Beispiel 2: BMW Ende Dezember 2007 lässt BMW verlauten, im Rahmen eines Sparprogrammes tausende Stellen streichen zu wollen. Gleichzeitig wird zugesichert, dass es sich bei den Entlassungen vorrangig um Zeitarbeitsstellen handeln soll. Am 27. Februar 2008 gibt BMW dann offiziell die Zahl der Entlassungen bekannt. Insgesamt sollen über 8.000 Mitarbeiter entlassen werden.

Beim Blick auf den BrandIndex wird folgende Entwicklung der Marke offenbar. Nach der konkreten Ankündigung im Februar, die auch öffentlich in allen Massenmedien kommuniziert wurde, stürzt für BMW der Wert für die Markenpräsenz schlagartig um 17-Prozentpunkte  ins Negative ab.

Die Kurve für den Gesamtindex fällt ebenfalls ab – jedoch nicht in diesem Ausmaß. Interessanterweise steigt die Kurve in weniger als einem Monat wieder auf das vorherige Niveau an. Auch der wesentlich empfindlichere und volatilere Wert für die Markenpräsenz findet sich nach wenigen Wochen ungefähr auf dem Niveau vor der Bekanntgabe.

Gleichzeitig ist über den Kurvenverlauf im BrandIndex zu sehen, dass trotz der Bekanntgabe das Image der Marke BMW überwiegend positiv eingeordnet wurde, d.h. über alle Befragte hinweg gab es mehr positive als negative Marken-Bewertungen.

Wie sind beide Kurvenverläufe und damit der Einfluss von Stellenkürzungen auf die jeweiligen Marken zu bewerten? Offensichtlich beurteilt die Öffentlichkeit bei beiden Unternehmensankündigungen unterschiedlich.

Überraschenderweise ist die Bewertung bei Nokia, wo „nur“ 2.300 Stellen gekürzt wurden weitaus dramatischer als bei BMW mit über 8.000 Entlassungen. Es drängen sich Fragen auf, woran die unterschiedliche Markenbewertung liegt: ist die deutsche Öffentlichkeit weniger streng bei „landeseignen“ Marken, ist in der Wahrnehmung eine Zeitarbeitsstelle weniger relevant, obwohl sie trotz der Bezeichnung auch für eine Mitarbeiterposition im Unternehmen steht? Im weiteren Kontext ist zu überlegen, welche Bedeutung den Medien und Sprachorganen von Gewerkschaften, Betriebsräten sowie den Politikern zukommt?

Zu guter letzt ist ungewiss, ob die Globalisierungsangst ein Treiber ist. Stellt ein neues Nokia-Werk in Rumänien für Deutsche eine größere Gefahr dar als ein neues BMW-Werk in den USA, wo die Lebenshaltung und die Personalkosten ähnlich hoch sind wie in Deutschland?

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