Interview mit Phuthuma Nhleko "Nur über Zukäufe"

Der Chef des afrikanischen Marktführers MTN, Phuthuma Nhleko, rechnet mit Übernahmen europäischer Telekomkonzerne in Entwicklungsländern.

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Blick vom Tafelberg auf die Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Nhleko, haben Sie schon René Obermann, den Chef der Deutschen Telekom, getroffen?

Nhleko: Ich habe ihn leider noch nicht getroffen.

Die Deutsche Telekom diskutiert gerade Übernahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Wenn Herr Obermann vor der Übernahme des ersten Mobilfunkers in Afrika zu Ihnen kommen und Sie um Rat fragen würde – welche Empfehlung würden Sie ihm geben?

Ich kann der Konkurrenz zwar keine Ratschläge erteilen. Aber die Realität ist, das die Entwicklungs- und Schwellenländer sehr stark wachsen. Afrika gehört dabei zu den am schnellsten wachsenden Mobilfunkmärkten in der Welt. Wenn die europäischen Telekomkonzerne zusätzliches Wachstum brauchen, dann sollten sie ernsthaft über ein stärkeres Engagement in Afrika nachdenken.

Vodafone und France Télécom sind bereits in Afrika aktiv...

...die beiden sind stark in Afrika engagiert, etwa in Ägypten, Kenia und Kamerun.

Die indische Bharti Airtel sucht ebenfalls nach Übernahmekandidaten und hat Gespräche mit Ihnen aufgenommen. Gibt es überhaupt noch genug Einstiegs- und Wachstumsmöglichkeiten für einen Spätstarter wie die Deutsche Telekom?

Auf jeden Fall. Derzeit liegt die durchschnittliche Verbreitung von Handys in den meisten Ländern erst bei 20 bis 25 Prozent. Nicht mal jeder vierte Afrikaner nutzt also ein Handy. Nur Südafrika hat sich schneller entwickelt. Dort liegt die Handyverbreitung bei 85 Prozent und nähert sich langsam der Marktsättigung. In allen anderen Ländern gibt es noch genug Möglichkeiten, in den nächsten Jahren stark zu wachsen. Afrika hat 800 Millionen Einwohner, davon besitzen 500 Millionen noch kein Handy.

Wozu? Viele afrikanische Länder haben größere Probleme als die Versorgung mit Handys.

Für viele Regionen ist Mobilfunk die einzige Möglichkeit der Kommunikation. Es gibt in Afrika nur wenige Festnetzanschlüsse, weil sich die dafür erforderlichen Infrastrukturinvestitionen nur in Großstädten lohnen. Mobilfunknetze lassen sich dagegen viel schneller und kostengünstiger ausrollen. Ich rechne damit, dass bereits in fünf Jahren über 40 Prozent der Afrikaner ein Handy besitzen werden.

Werden denn noch neue Lizenzen in Afrika vergeben, oder funktioniert der Einstieg nur durch die Übernahme etablierter Netzbetreiber?

Nur wenige Länder vergeben noch neue Mobilfunklizenzen. Wer einen Markteintritt in Afrika plant, wird das wahrscheinlich nur über Zukäufe oder Fusionen schaffen können.

Rechnen Sie damit, dass bald weitere Unternehmen Übernahmeangebote für MTN abgeben werden?

Europäische Telekomkonzerne haben an Afrika ein generelles Interesse. Ich kann deshalb nicht ausschließen, dass in Zukunft namhafte Telekomkonzerne ein Interesse bekunden werden. Wir sind eine Aktiengesellschaft. Und da gibt es immer die Möglichkeit, dass den Aktionären ein lukratives Übernahmeangebot unterbreitet wird, ohne die Einbeziehung der Geschäftsleitung.

Viele Ihrer Kunden können kaum mehr als ein oder zwei Euro pro Monat bezahlen. Ist es für europäische Konzerne überhaupt interessant, Mobilfunknetze für Kunden mit einer so niedrigen Monatsrechnung zu betreiben?

Warum nicht? Unser Durchschnittsumsatz pro Kunde liegt bei 17 Dollar pro Monat. Der Umsatz pro Kunde liegt in Indien und Pakistan zwischen fünf und sechs Dollar. Trotzdem haben Anbieter wie die indische Bharti eine Marktkapitalisierung von 40 Milliarden Dollar. Ein niedriger Durchschnittsumsatz bedeutet nicht, dass das Unternehmen einen geringeren Börsenwert hat. Es bedeutet vielmehr: Hohe Kundenzahlen gleichen den niedrigen Durchschnittsumsatz mehr als aus und können für eine hohe Marktkapitalisierung sorgen.

MTN ist bereits in 21 Ländern aktiv und investierte viele Milliarden in Krisenregionen wie Afghanistan und Iran, in die sich angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen kaum ein anderer Anbieter hineinwagt. Was reizt Sie an solchen Ländern?

Im Iran ist derzeit kein Krieg. Wir entschieden 2003, in den Iran zu expandieren. Und Afghanistan war eines von zehn Ländern im Nahen Osten, die wir 2006 durch die Akquisition von Investcom bekamen. Haben wir eine andere Wahl? Nein. Können wir nach Deutschland expandieren? Nein. Deutschland ist gesättigt. Und es ist sehr unwahrscheinlich, eine neue Mobilfunklizenz zu bekommen. Also gehen wir dorthin, wo es noch Gelegenheiten gibt.

Der Markteintritt in solchen Ländern ist aufgrund der politischen Risiken sicherlich preiswerter als in den stabilen Industrieländern.

Eigentlich nicht: Diese Lizenzen in solchen Ländern sind sehr teuer. Schauen Sie sich Saudi-Arabien an. Wir haben sechs Milliarden Dollar für eine dritte Mobilfunklizenz geboten. In Ägypten waren es 2,5 Milliarden Dollar. Andere Anbieter boten mehr und bekamen die Lizenz. Und es geht ihnen damit sehr gut.

Was werden Ihre nächsten Expansionsschritte sein? Zurzeit schauen alle Mobilfunkbetreiber nach Asien.

Wir sind offen für Möglichkeiten in Asien. Ich sage voraus, dass es in Zukunft mehr Fusionen in diesen Ländern geben wird. Und wir wollen in dieser Phase eine Rolle spielen.

Wie werden Sie von Konzernen wie Vodafone und France Télécom heute wahrgenommen? Früher war die Rollenverteilung klar: Die Europäer waren die großen Spieler und MTN ein kleiner.

Das hat sich in der Tat sehr stark geändert. Meiner Ansicht nach werden wir inzwischen sehr ernst genommen.

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