Arcandor Schickedanz: Insolvenz war unvermeidbar

Nicht alle Beobachter des Arcandor-Desasters dürften den Eigentümer ihre heutigen Worte glauben: Großaktionärin Madeleine Schickedanz hat sich überraschend zu Wort gemeldet und ihr Bedauern ausgedrückt. Und auch begründet, warum sie die Insolvenz nicht verhindern konnte.

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Madeleine Schickedanz sagt, dass sie alles getan hat, um die Insolvenz zu verhindern. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

HB FRANKFURT/ESSEN/FÜRTH. Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz hat mit Bedauern auf die Insolvenz des Handels- und Touristikunternehmens reagiert. Zugleich wies sie indirekt jede Verantwortung für die Arcandor-Pleite zurück. "Ich habe mich mit meinem gesamten Vermögen engagiert und damit nach landläufiger Auffassung weit über jedes vertretbare Maß ins Risiko begeben", betonte sie am Dienstag in einer persönlichen Erklärung, die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt. Dem Aktionärspool um die Quelle-Erbin Schickedanz wird ein Arcandor-Anteil von rund 26,7 Prozent zugerechnet.

Die Bundesregierung hatte am Montag Staatshilfe für Arcandor abgelehnt, mit der Begründung, neben Gläubigern hätten sich auch die Eigentümer nicht ausreichend für die Arcandor-Rettung engagieren wollen.

"Ich habe stets zum Unternehmen gestanden und auch in schwierigsten Zeiten die Treue gehalten", unterstrich Schickedanz. "Als im November 2004 das Unternehmen nur durch eine Kapitalerhöhung zu retten war, habe ich diesen Schritt selbstverständlich vollzogen. Andere haben dies damals nicht gemacht."

Auch in der aktuellen Krise habe sie "keinen Moment gezögert, zu meinem Engagement zu stehen, wohlwissend, dass eine Insolvenz mit weitreichenden Konsequenzen verbunden ist", so Schickedanz weiter. "Bis zur letzten Sekunde habe ich gehofft und gebangt, um dieses Schicksal abzuwenden."

Auch der zweite große Eigentümer, Sal. Oppenheim, hat sich heute zu Wort gemeldet: Die Privatbank hält die drohenden Abschreibungen infolge der Arcandor-Pleite für verkraftbar. "Der Verlust aus dem Arcandor-Engagement ist für das Bankhaus Sal. Oppenheim und dessen Gesellschafter bedauerlich, aber absolut verkraftbar", sagte ein Sprecher der Privatbank am Mittwoch. Abschreibungsgefährdet seien bis zu 167 Mio. Euro.

Über eine Industrieholding ist Sal. Oppenheim an Arcandor mit knapp 25 Prozent beteiligt. Die Anteile haben nach Angaben des Sprechers einen Wert von 128 Mio. Euro. Hinzu komme eine Beteiligung von 3,7 Prozent mit einem Anschaffungswert von 19 Mio. Euro, die direkt bei der Bank liegen. Neben dem Direktinvestment ist Sal. Oppenheim noch mit einem Kredit über 20 Mio. Euro bei Arcandor engagiert.

Derweil informieren die Führungskräfte von Arcandor der betroffenen Unternehmensbereiche über das weitere Vorgehen informiert werden. Die Insolvenz sei für alle Neuland, da bestehe ein großer Gesprächsbedarf, sagte Konzern-Sprecher Gerd Koslowski am Mittwoch. Die Geschäftsführer unter anderem von Karstadt und den Versandhändlern Primondo und Quelle sollten heute in der Essener Hauptverwaltung eintreffen.

Wichtig sei nun, auf die Mitarbeiter der von der Insolvenz betroffenen Unternehmensbereiche zuzugehen und sie zu motivieren. "Es ist jetzt unheimlich wichtig für uns, dass die Geschäfte gut weiter laufen", sagte Koslowski.

Unklar ist, ob und wann die Gespräche mit dem Konkurrenten Metro zu einer möglichen Übernahme von Karstadt fortgeführt werden. Die Konzernsprecher wollten sich dazu nicht äußern. Metro-Chef Eckhard Cordes hatte am Dienstag sein Interesse an den Warenhaus-Filialen des Essener Unternehmens bekräftigt. "Wir wollen einen starken deutschen Kaufhauskonzern bauen", sagte er im ZDF.

Auch nach der Insolvenz betrachte man Karstadt nicht als Schnäppchen, sondern werde "einen fairen Kaufpreis zahlen". Nach der Vorstellung von Metro sollen insgesamt etwa 160 Kaufhäuser erhalten bleiben, mit denen langfristig ein lebensfähiger Kaufhauskonzern möglich sein soll.

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