Arcandor-Insolvenz Untreue-Verdacht gegen Ex-Arcandor-Chef Middelhoff

Vor einem Jahr galt er noch als Star-Manager, die Deutsche Bank warb mit ihm für einen innovativen Börsengang und für Sal. Oppenheim und die Millardenerbin Madeleine Schickedanz sollte er KarstadtQuelle retten. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Thomas Middelhoff, sie verdächtigt ihn der Untreue. Und sein Nachfolger als Arcandor-Chef, Karl-Gerhard Eick, sieht sich genötigt, seine ungewöhnliche Vergütungsstruktur in der "Bild"-Zeitung zu erklären.

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Der ehemalige Quelle: AP

Die Staatsanwaltschaft Essen hat wegen des Verdachts der Untreue ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Arcandor-Chef Thomas Middelhoff eröffnet. „Wir haben uns nach einer erneuten Prüfung von Unterlagen entschieden, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten“, sagte Oberstaatsanwältin Angelika Matthiesen am Freitag. Hintergrund sind mögliche Verflechtungen Middelhoffs mit Immobiliengeschäften des Karstadt-Mutterkonzerns. Ein Sprecher Middelhoffs sagte, der Manager begrüße die Untersuchung. Diese werde den Angriffen gegen ihn den Boden entziehen. Bei der Einleitung der Ermittlungen handele es sich aber nur um einen formalen Schritt, betonte die Staatsanwältin. Es gebe keinen neuen Dokumente oder einen neuen Sachstand der Untersuchung. Die Staatsanwaltschaft warte nun auf eine Einlassung Middelhoffs.

Bevor Middelhoff 2004 zur damaligen KarstadtQuelle AG kam, hatten er und seine Frau sich an dem Oppenheim-Esch-Fonds beteiligt, der  Karstadt-Immobilien im Portfolio hat. Nun wird spekuliert, Middelhoff könnte von hohen Mietzahlungen profitiert haben. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik an Middelhoff wegen seines Engagements bei dem Fonds gegeben. Die Beteiligung an dem Fonds der Privatbank Sal. Oppenheim und des Projektentwicklers Josef Esch war auch Thema bei Hauptversammlungen von Arcandor gewesen.

Genug Ärger hat Middelhoff auch ohne die Ermittlungen. Denn die Insolvenz von Arcandor beschädigt den Ruf des einstigen Star-Managers. Obwohl Middelhoff die Beobachter in Fans und Gegner spaltet wie nur wenige andere Firmenlenker, galt er noch vor einem Jahr als werbewirksames Aushängeschild, auch bei der Deutschen Bank: Thomas Middelhoff schien so gut verdrahtet in der deutschen Wirtschaftselite, dass die Bank einen innovativen Börsengang unterstützte, der vor allem auf der Zugkraft von Middelhoff und seinen zwei Partnern, Unternehmensberater Roland Berger und Investmentbanker Florian Lahnstein, beruhte. Mit Hilfe des Frankfurter Geldhauses sollte im Juli 2008 ein Übernahmevehikel namens Germany1 275 Millionen Euro in Amsterdam einsammeln, und dann dank des angeblich privilegierten Zugangs des Manager-Trios um Middelhoff deutsche Mittelständler kaufen. Trotz enttäuschender Nachfrage zog  die Deutsche Bank dem Deal damals durch, weil die Investmentbanker aus London hofften, weitere ähnliche Aufträge an Land zu ziehen. 

Nachfolger Eick erklärt seine Wertschätzung für Großaktionär Oppenheim

Ob künftig nochmals eine internationale Investmentbank an Middelhoff als Investoren-Fänger interessiert ist, ist fraglich. Zeit hätte der Manager, der zum März den Chefposten bei Arcandor an den ehemalige Telekom-Finanzchef Karl-Gerhard Eick übergab. Eick wiederum sah sich heute genötigt, seine ungewöhnliche Vergütungsstruktur in einem Interview in der "Bild"-Zeitung zu erläutern. Sein Fünfjahresvertrag sichert ihm trotz Insolvenz ein jährliches Grundgehalt von zwei Millionen Euro. Dazu kommt gegebenenfalls eine Million Euro an variabler Vergütung. Das Gehalt wird von Arcandor gezahlt, jedoch vom Großaktionär Sal. Oppenheim garantiert. Die Privatbank, deren Großkundin Madeleine Schickedanz mit ihrem Engagement bei Arcandor viel Geld verloren hat, tut noch mehr für Eick: Der Manager erhält im Erfolgsfall auch direkt eine Vergütung von der Bank - und zwar 1,5 Prozent des Börsenwerts, den Eick bei Arcandor schafft.

Allerdings ist der Börsenwert seit dem Amtsantritt von Eick Anfang März um weitere 44 Prozent auf weniger als 200 Millionen Euro gesunken, so dass vorerst kein großer Gewinn aus dieser Klausel für den Konzernchef zu erwarten ist. Ungewöhnlich ist die Zusatzbezahlung durch den Großaktionär jedoch allemal. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sieht allerdings keinen Grund zur Kritik, weil die Zusatzvergütung für Eick die übrigen Aktionäre nichts kostet.  Der Sachverhalt ist auch schon bei der Arcandor-Hauptversammlung am 18. März diskutiert worden. Dort sagte Eick außerdem: "Ich habe großes Vertrauen in Partner wie Sal. Oppenheim und unseren Aufsichtsratschef Friedrich Carl Janssen", und fügte als weiteres Lob der Bank und ihres persönlich haftenden Gesellschafters Janssen hinzu: "Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Ohne Sal. Oppenheim als Großaktionär und Friedrich Carl Janssen als Aufsichtsratschef wäre ich sicherlich nicht hier." Kein Wunder: ohne die Aussicht auf einen Zusatzverdienst hätte er auch bei der ähnlich viel Grundgehalt bietenden Deutschen Telekom bleiben können.

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