Lars Hinrichs im Interview "Werbung ist für Xing nicht erfolgsentscheidend"

Xing-Gründer und -Chef Lars Hinrichs erklärt, warum er Facebook oder StudiVZ nicht als Konkurrenz ansieht. Außerdem will das Online-Kontaktnetzwerk mehr Funktionen kostenlos anbieten und dafür neue Dienste für die zahlenden Premiumkunden einführen.

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Xing-Gründer und -Chef Lars Hinrichs

WirtschaftsWoche: Sie haben mit Xing – damals unter dem Namen OpenBC – 2003 das erste soziale Netzwerk in Deutschland gegründet. Inzwischen ist StudiVZ viel populärer und jetzt greift auch noch das amerikanische Facebook mit einer deutschen Seite an. Wie wollen sie sich wehren?

Hinrichs: Ich sehe da kein Problem, denn es handelt sich hier um zwei unterschiedliche Anwendungsfelder. Einmal um den Freizeit-Ansatz, wie bei Facebook und StudiVZ, wo man seine Freunde trifft und zum anderen um den Business-Ansatz, den wir mit Xing verfolgen. Beides zusammen harmoniert nicht miteinander, denn Sie wollen nicht, dass Ihr geschäftliches Netzwerk Ihre privaten Urlaubsfotos sieht oder etwa über Ihre sexuellen Vorlieben informiert wird. Die Zielgruppen können also fast nicht unterschiedlicher sein.

Facebook ist dafür internationaler, da finde ich Bekannte und Geschäftspartner auf der ganzen Welt. StudiVZ bindet schon Studenten und schon Schüler an sich, werden Ihnen so nicht auf Dauer die neuen Kunden abgegraben?

Studenten wissen, dass sie ein gut funktionierendes Netzwerk brauchen, wenn sie sich auf die Suche nach einem Job begeben oder Karriere machen wollen - und zwar ein anderes, als eines, in dem sie sich über Klausuren, Prüfungen und Partys unterhalten. Letztendlich geht es um die Art und Weise, wie ich ein Social Network nutze. Leute, die sich auf Facebook kennen, bewerfen sich aus Spaß mit virtuellen Hamburgern oder Sonstigem. Das würden sie nicht mit ihren Geschäftspartnern auf Xing machen. Im Übrigen ist eine der größten Gruppen auf StudiVZ die Xing-Gruppe.

Das amerikanische Netzwerk Linkedin verfolgt jedoch einen ähnlichen Ansatz und will auch in diesem Jahr in Deutschland starten.

Schaut man sich Daten von Comscore an, hat Linkedin zwar mehr Nutzer, aber das Netzwerk von Xing ist im europäischen und weltweiten Vergleich weitaus aktiver. Aktivität gehört zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren von sozialen Netzwerken. Linkedin ist sicher eine gute Datenbank von Lebensläufen mit Fokus auf den angelsächsischen Raum. Wir sind eine Business-Community von Leuten, die effektiv miteinander Geschäfte machen und über internationale Netzwerke verfügen. Laut verschiedener Studien haben 20 Prozent der Mitglieder bereits Neugeschäft durch Xing gemacht, 60 Prozent haben neue interessante Kontakte kennen gelernt, solche Zahlen kann Linkedin nicht vorweisen. Außerdem haben wir mit Abstand mehr zahlende Kunden.

Auf dem amerikanischen Markt dominiert die Seite trotzdem.

Wir sind klarer Marktführer in Europa. Das ist unser Kernmarkt. Außerdem sind wir stark in Asien und haben einige 100.000 Nutzer in den USA. Zudem verfügen wir über knapp 40 Millionen Euro, die wir in strategisches Wachstum in allen wichtigen Märkten investieren können.

Gibt es da konkrete Gespräche?

Wir prüfen regelmäßig interessante Objekte oder auch strategische Partnerschaften. Wenn es etwas Spannendes gibt, das zu Xing und unserer Internationalisierungsstrategie passt, schlagen wir zu.

40 Millionen sind etwa soviel, wie sie durch den Börsengang Ende 2006 eingenommen haben. Wozu haben sie den Schritt unternommen, wenn Sie das Geld nicht investieren?

Das stimmt so nicht. Wir haben innerhalb von 10 Monaten zwei soziale Netzwerke in Spanien übernommen sowie eines in der Türkei, und dafür etwa 15 Millionen Euro investiert. Unser Geschäftsmodell generiert glücklicherweise einen starken Free Cash Flow, der sich entsprechend positiv auf die Liquiditätssituation auswirkt.

Die Zahlerquote ist durch die Übernahmen aber von 13 auf 8 Prozent gesunken, beim Börsengang hatten sie steigende Zahlen angekündigt.

Es ist ein Fehler, nur auf die Zahlerquote zu schauen. Wenn man wie Xing schnell organisch und zudem mit Hilfe von Akquisitionen strategisch wächst, verringert sich natürlich rein mathematisch der prozentuale Wert. Insbesondere dann, wenn auf einen Schlag eine Million im Wesentlichen nicht zahlende Kunden hinzukommen, wie jeweils nach den beiden Akquisitionen in Spanien. Bereits im dritten Quartal 2007 haben wir bei den Premium-Mitgliedern den stärksten Zuwachs in der Firmengeschichte verzeichnet. Dieses Wachstum hält ungebrochen an. Wir haben wir mit E-Commerce und Werbung zudem zwei Geschäftsmodelle eingeführt, die unser Umsatz- und Ergebniswachstum weiter beschleunigen werden.

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