Autobauer Wie Niedersachsen Porsche in die Knie zwang

Protokoll des Scheiterns: Wie Porsche die Banken gegen sich aufbrachte und von Niedersachsen in die Knie gezwungen wurde. Eine mögliche Täuschung der Märkte könnte ein Nachspiel für Porsche-Chef Wendelin Wiedeking haben.

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Porsche-Chef Wendelin Quelle: REUTERS

Wendelin Wiedeking ist ein Freund klarer Worte, die immer für einen Aufreger gut sind. Mal echauffiert er sich lautstark über staatliche Subventionen für neue Autofabriken, obwohl er durch die Produktion des Porsche Cayenne-Rohbaus im slowakischen VW-Werk in Bratislava selbst indirekter Profiteur solcher Subventionen war. Mal erklärt er gestandenen Fondsmanagern, dass er ihr Geschäft sehr genau verstehe, sie seines aber leider gar nicht.

Erst in jüngster Zeit klang Wiedeking eher kleinlaut. „Wenn die Banken ihr Kerngeschäft, Kredite zu vergeben, nicht fortsetzen können oder wollen, haben wir bald alle ein Thema“, sagte er im März auf die Frage eines Journalisten auf dem Genfer Autosalon.

Hätte er das früher erkannt, hätte er deutsche Industriegeschichte schreiben können. Dann wäre ihm das Debakel am vergangenen Mittwoch erspart geblieben, dann hätte sich die Stuttgarter Sportwagenschmiede mit ihrer gut 50-prozentigen Beteiligung an Volkswagen nicht in eine Fusion mit Deutschlands größtem Autobauer retten müssen.

Wiedeking ist an sich selbst gescheitert

Wie Unterlagen, die der WirtschaftsWoche vorliegen, belegen, hat Wiedeking allem Anschein nach sein Scheitern bei der Übernahme von VW im wesentlichen sich selbst zu verdanken. Das Ende der Übernahmeschlacht, die seit Herbst 2005 Deutschland in Atem hält, nahm seinen Lauf bei einem geheimen Treffen mit einem hohen Beamten des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) und Porsche-Vertretern am 25. Februar 2008.

Dabei unterbreiteten die Emissäre laut Aussage eines hohen Beamten die Absicht, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit VW anzustreben. Das bedeutete, dass Porsche in der laufenden Übernahme die Beteiligung an VW auf 75 Prozent aufstocken würde.

Als dies ruchbar wurde, dementierte Porsche am 10. März in einer Presseerklärung diese Absicht: „Die Porsche-Automobil-Holding weist Medienberichte zurück, wonach das Unternehmen beabsichtige, seinen VW-Anteil auf 75 Prozent aufzustocken.“

Die Konsequenz des Dementis zeigte sich ein halbes Jahr später. Als Porsche am 26. Oktober bekannt gab, was die Unterhändler des Unternehmens bereits am 25. Februar in Berlin kundtaten, explodierte der Kurs der VW-Aktie von rund 200 Euro auf über 1000 Euro. Hegdefonds und Banken verloren durch die Kurskapriolen dreistellige Millionenbeträge.

Das Verhältnis von Porsche zu den Banken ist unrettbar zerstört

Das Verhältnis zu den Banken, deren Kredite Porsche zum Kauf der VW-Aktien Porsche brauchte, war unrettbar zerstört. Bei der erst besten Gelegenheit würde sich das Geldgewerbe, wie sich im März 2009 zeigen sollte, bitter an Wiedeking und seinem Finanzchef Holger Härter rächen.

Porsche bestreitet, bei dem Treffen in Berlin die Absicht erklärt zu haben, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit VW und damit die 75-prozentige Mehrheit anzustreben. Fest steht jedoch: Sollte Wiedeking die Öffentlichkeit und die Finanzmärkte getäuscht haben, droht Porsche gewaltiger Ärger mit der Finanzaufsicht – und möglicherweise das jähe Ende seiner Zeit auf dem Chefsessel.

Eigentlich hatten sich Wiedeking und die Eigentümer von Porsche, die Familien Piëch und Porsche, die Übernahme des weit größeren VW-Konzerns wie den Kauf eines Unternehmens durch einen Finanzinvestor vorgestellt. Porsche würde Volkswagen für viele Milliarden schlucken, den Kaufpreis am Ende jedoch durch den Griff in die prall gefüllte Konzernkasse des Autoriesen aus Wolfsburg begleichen.

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