Vorsicht Kollegenschweine Das sind die Top 10 der Büro-Unsitten

Keiner für alle, alle für keinen: Willkommen in der Arbeitswelt 4.0. Eine Studie zeigt, dass im modernen Arbeitsalltag statt Teamwork, Kollaboration und Netzwerken vor allem Eines gilt: Jeder ist sich selbst der Nächste.

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Wer das Gefühl hat, im sozialen Gefüge über jemand anders zu stehen, verhält sich eher unsozial. Quelle: Getty Images

Ich will Ihnen kurz eine kleine Geschichte erzählen, bevor ich zu den harten Fakten der neuen Studie komme, die etwas über die Bremser, Blender und Blutsauger in unserem modernen Büroalltag verrät. Entdeckt habe ich sie in dem wunderbaren Buch von Dietrich von der Oelsnitz und Michael Busch, das schon vor einiger Zeit bei Orell Füssli erschienen ist. Der Titel: „TEAM – Toll Ein Anderer Macht's - Die Wahrheit über Teamarbeit.”

Die Geschichte also handelt von vier Kollegen namens Jeder, Jemand, Irgendjemand und Niemand. Es ging darum, eine wichtige Arbeit zu erledigen und Jeder war sicher, dass sich Jemand darum kümmert, Irgendjemand hätte es tun können, aber Niemand tat es. Jemand wurde wütend, weil es Jeders Arbeit war. Jeder dachte, Irgendjemand könnte es machen, aber Niemand wusste, dass Jeder es nicht tun würde. Schließlich beschuldigte Jeder Jemand, weil Niemand tat, was Irgendjemand hätte tun können.

Ich möchte wetten, dass Sie diese Erfahrung teilen: Dass die Realität der Arbeitswelt 4.0 alles andere als kuschelig ist, zeigt nun auch die Studie des Büroexperten Sharp Business Systems, die in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Censuswide entstanden ist. Demnach gilt im deutschen Arbeitsalltag vor allem Eines: Jeder ist sich selbst der Nächste.

So geben fast die Hälfte (46 Prozent) der Befragten an, dass das umfassende Teilen von Informationen in ihrem Arbeitsalltag nicht selbstverständlich ist. Das bedeutet, dass eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Zusammenarbeit nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist – was wiederum zu ineffizienten Arbeitsabläufen führt und sich negativ auf die Unternehmensbilanz auswirkt.

Knigge für das Großraumbüro

Doch nicht immer verbirgt sich dahinter pure Boshaftigkeit: Knapp 38 Prozent der Angestellten machen vor allem die technische Ausstattung dafür verantwortlich, die das Teilen von Informationen mit Kollegen erschwert. Vor allem ist langsame und veraltete Technik auch ein fieser Zeitfresser, durch den Deutsche Büro-Angestellte im Jahr 20 Arbeitstage verlieren.

Die Top 10 der Büro-Unsitten

Die Studie offenbart aber auch eine ganze Reihe ich-bezogener Verhaltensweisen, die den Büro-Alltag dominieren und dem Team-Gedanken explizit entgegenwirken. Hierzu zählen zum einen folgenschwere Verhaltensweisen, wie mangelnde Sorgfalt bei Passwörtern, die den Unternehmenserfolg nachteilig beeinflussen.

Doch auch triviale und gleichsam ärgerliche Angewohnheiten, die schleichend zu Missstimmung unter den Kollegen führen, richten auf Dauer großen Schaden an. Häufig genannt werden hier beispielsweise leere Druckerfächer, weil der Kollege wieder einmal kein Papier aufgefüllt hat – diese Erfahrung macht jeder Zweite (50 Prozent) regelmäßig, weitere 23 Prozent geben zu, selbst des Öfteren kein Papier nachzulegen.

Die Top 10 der Büro-Unsitten:

  1. Vergessen ausgedruckter Seiten in der Druckerablage (84 Prozent)
  2. Papier im Drucker nicht nachfüllen (73 Prozent)
  3. Heimliches Umstellen der Temperatur von Heizung/Klimaanlage (79 Prozent)
  4. Dokumente verschieben/Ordnerstrukturen eigenmächtig verändern (70 Prozent)
  5. Verschludern von Passwörtern und Zugangsdaten (64 Prozent)
  6. In Meetings an eigenen To Dos weiterarbeiten (61 Prozent)
  7. Anderen ins Wort fallen (58 Prozent)
  8. Ignorieren technischer Probleme bei gemeinschaftlich genutzten Geräten (54 Prozent)
  9. Vorlagen ändern bzw. sich nicht an Vorgaben halten (49 Prozent)
  10. Wichtige Informationen werden nicht geteilt (46 Prozent)

Ärger schlucken oder Luft machen?

Obwohl sie regelmäßig unter diesen Verhaltensweisen ihrer Kollegen leiden, ziehen es immerhin noch 27 Prozent der Befragten vor, einfach darüber hinwegzusehen und ihren Ärger zu schlucken. 26 Prozent ziehen, soweit möglich, den verantwortlichen Kollegen per E-Mail zur Rechenschaft oder beschweren sich bei anderen.

Weitere 21 Prozent kleben eine Notiz an den Tatort oder an eine für jeden gut sichtbare Stelle im Büro. Besonders kompromisslos geht es offenbar im Bereich Personalmanagement zu: Hier gaben 35 Prozent der Befragten an, ihrem Ärger vorzugsweise durch direkte Benachrichtigung an den oder die Vorgesetzte Luft zu machen.

Die unterschiedlichen Typen eines Teams

„Fast jeder Angestellte kennt solche Verhaltensweisen aus eigener Erfahrung und nimmt die damit einhergehenden Ärgernisse und Nachteile als Teil des Arbeitslebens hin“, so Alexander Hermann, Vice President bei Sharp Information Systems Europe. „Blickt man hinter die Kulissen, haben wir es hier aber mit einem ernstzunehmenden Problem zu tun: Der Teamgedanke leidet erheblich oder ist schlimmstenfalls gar nicht erst vorhanden. Kommen gravierende Probleme wie mangelnder Informationsaustausch hinzu, steht ein Unternehmen als Ganzes schnell auf der Verliererseite."

Unternehmen müssen also unbedingt die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, um diesen Austausch zu gewährleisten – Das betrifft sowohl die physische Arbeitsumgebung als auch die technische Ausstattung und die Unternehmenskultur als Ganzes, bei der die Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen sollten.

Zehn Tipps für mehr Produktivität
1. Tierfotos aufhängen…Klingt skurril, funktioniert aber tatsächlich. Davon ist zumindest Hiroshi Nittono von der Universität Hiroshima überzeugt. Für seine Studie im vergangenen Jahr teilte er 132 Freiwillige in zwei Gruppen. Gruppe A blickte zunächst auf Fotos verschiedener Kleintiere, darunter Hundewelpen und Katzenbabys. Gruppe B sah zwar ebenfalls Bilder von Tieren, allerdings von ausgewachsenen. Nun absolvierten alle Probanden unterschiedliche Geschicklichkeitsspiele. Und siehe da: In allen drei Experimenten schnitten jene am besten ab, die zuvor die Tierbabys angeschaut hatten. Nittono glaubt: Beim Anblick niedlicher Tiere wird uns sprichwörtlich warm ums Herz. Und dieses Gefühl kann offenbar auch unsere geistigen Fähigkeiten steigern – zumindest kurzfristig. Quelle: REUTERS
2… oder einen echten Hund anschaffenVorausgesetzt natürlich, der Arbeitgeber stimmt zu. Doch mit ziemlicher Sicherheit werden es ihm die Angestellten mit mehr Leistung danken. Zu diesem Ergebnis kam auch eine Studie, über den der britische „Economist” vor einigen Jahren berichtete. Darin sollten sich die Freiwilligen zum Beispiel Ideen für einen Werbespot ausdenken. Bei manchen hatte es sich unter dem Konferenztisch ein Hund gemütlich gemacht – und genau jene Probanden waren am kreativsten. Außerdem fühlten sie sich auch am wohlsten. Quelle: dpa
Geschenke verteilenHöhere Löhne? Boni für besondere Leistungen? Alles schön und gut – aber kleine Geschenke helfen viel mehr. Das glaubt etwa Sebastian Kube, Verhaltensökonom an der Universität Bonn. In seiner Studie sollten im Jahr 2011 48 Studenten drei Stunden lang die Bücher einer Bibliothek katalogisieren – für zwölf Euro Stundenlohn. Doch Gruppe A gestattete Kube im Verlauf des Experiments eine Gehaltserhöhung von 20 Prozent. Gruppe B schenkte er einen Gutschein für eine Thermoskanne im Wert von sieben Euro. Kaum zu glauben: Die Lohnerhöhung brachte gar nichts. Wirksam war hingegen der Gutschein: Er steigerte die Produktivität im Schnitt um 30 Prozent. Kube erklärt sich dieses Ergebnis mit dem so genannten Reziprozitäts-Effekt. Vereinfacht gesagt: Wer uns etwas schenkt, dem fühlen wir uns anschließend verpflichtet. Wer von seinem Unternehmen also ein Geschenk erhält, erhöht im Anschluss sein Engagement. Quelle: Fotolia
4. Im Internet surfenNoch immer soll es Unternehmen geben, die ihren Angestellten verbieten, während der Arbeit privat im Netz herumzusurfen – ein großer Fehler. Das zumindest legt eine Studie aus dem Jahr 2011 nahe. Don Chen und Vivien Lim von der Nationaluniversität von Singapur reichten 96 Studenten einen Text mit einer Länge von 3500 Wörtern. Darin sollten sie 20 Minuten lang jedes „E“ markieren – eine zugegebenermaßen stupide Aufgabe. Dann teilten die Wissenschaftler die Probanden in drei Gruppen. Die einen mussten eine zehnminütige Zusatzaufgabe lösen, die anderen konnten entspannen, wieder andere durften im Internet herumsurfen. Jetzt bekamen alle einen 2000 Wörter langen Text, in dem sie jedes „A“ kennzeichnen sollten. Wer sich am besten schlug? Jene Gruppe, die zuvor im Netz herumgesurft war. Offenbar sorgte Surfen für Entspannung und lud den geistigen Akku am besten auf. Quelle: Reuters
5. Mit Kollegen tratschenDie Psychologin Kathryn Waddington von der Universität von London befragte für ihre Studie im Jahr 2005 knapp 100 Krankenschwestern und –pfleger. Ergebnis: Ein kurzer Plausch in der Kaffeeküche oder in der Raucherecke war für die meisten eine gute Gelegenheit, um Frust und Freude zu teilen – und sich letztendlich wieder besser auf die Arbeit zu konzentrieren. Quelle: Fotolia
6. Musik hörenMusik hat durchaus magische Kräfte. Das konnte 2008 auch Costas Karageorghis von der Brunel-Universität in London nachweisen. 30 Freiwillige strampelten sich auf einem Laufband ab und lauschten währenddessen unterschiedlicher Musik. Und siehe da: Liefen die Freiwilligen zu einem Rhythmus von 120 bis 150 Pulsschlägen pro Minute, brachten sie bis zu 15 Prozent mehr Leistung – und fanden das Training außerdem weniger anstrengend. Quelle: dpa
7. Pflanzen mitbringenEin norwegisch-amerikanisches Forscherteam um Ruth Raanaas ließ für eine Studie im Jahr 2011 34 Studenten verschiedene Aufgaben lösen. Die eine Hälfte war derweil von Blumen und Pflanzen umgeben, die andere nicht. Mehrmals testete Raanaas die Aufnahmefähigkeit und Konzentration der Probanden – und stellte fest: Die Blumen-Gruppe schnitt jedes Mal besser ab. Offenbar steigerte die Flora die geistigen Fähigkeiten. Quelle: dpa

Was erfolgreiche Teams auszeichnet? Dietrich von der Oelsnitz und Michael Busch betonen, dass sie nicht gegen- und auch nicht nebeneinander, sondern miteinander arbeiten. „Selbst wenn es schon oft zitiert wurde, seine Gültigkeit für die Beschreibung echter Teams hat das Motto der drei Musketiere bis heute bewahrt: Eine für alle und alle für einen“, so die beiden Autoren. „Das ist der Kern jeder guten Zusammenarbeit.“ Oder mit Friedrich Schiller in seinem Wilhelm Tell: „Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.“

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