Margert Suckale im Interview "Zu schnell abgeschreckt"

Bahn-Managerin Margret Suckale ist eine der wenigen Frauen, die es in einen deutschen Vorstand geschafft haben. Wo liegt eigentlich das Problem?

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Margret Suckale, Vorstand der Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Frau Suckale, wenn von den Frauen in deutschen Vorständen die Rede ist, dann fällt automatisch Ihr Name. Macht Sie das stolz – oder finden Sie das einfach schrecklich lästig?

Suckale: Ganz eigenartig: Zwei Jahre lang war ich Vorstand der Deutschen Bahn, ohne dass dies besonders auffiel. Bei der ersten Tarifverhandlung, die ich für die Bahn geführt habe, hielt man mich zunächst für die Pressesprecherin. Viele konnten gar nicht glauben, dass es bei der Bahn einen weiblichen Vorstand gibt. In Deutschland ist eine Frau in dieser Position eben noch ungewöhnlich. Aber ich bin sicher: Es wird zukünftig mehr Frauen in den Vorständen geben.

Bisher aber sind weibliche Top-Managerinnen in Deutschland Exoten. Woran liegt das?

Das liegt vor allem daran, dass es in Deutschland immer noch schwer ist, Familie und Beruf zu vereinbaren. Managerinnen mit Kindern werden schnell als Rabenmütter abgestempelt – auch wenn sie in Wahrheit alles andere sind als das.

Die meisten Mütter ziehen daraus die Konsequenz, im Berufsleben kürzerzutreten. Setzen Frauen die falschen Prioritäten?

Das entscheidet jede Frau für sich. Vielleicht aber lassen sich viele Frauen zu schnell abschrecken. Ihnen genügt es häufig, wenn sie eine mittlere Führungsposition erreicht haben und es schaffen, dies mit ihrer Familie zu vereinbaren. Das ist ja auch nicht einfach. Zum Glück unterstützen sich aber heute immer mehr Partner gegenseitig bei der Betreuung von Kindern und Angehörigen. Bei der Bahn haben wir inzwischen sehr viele Väter, die in Elternzeit gehen.

Was muss denn geschehen, damit das deutsche Top-Management weiblicher wird?

Vor allem die Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden müssten für diese Sache noch mehr gewonnen werden. Erfreulicherweise gibt es inzwischen einige, die sich engagiert dafür einsetzen, mehr Spitzenpositionen mit Frauen zu besetzen. Nur wenn das Top-Management insgesamt tatsächlich dafür sorgt, dass Frauen die gleichen Chancen wie Männer haben, versteht auch das ganze Unternehmen, dass dies ein wichtiges Thema ist. Leistungsstarke Frauen gäbe es genug.

Norwegen hat in diesem Jahr eine gesetzliche Frauenquote für Aufsichtsräte eingeführt. Halten Sie das für ein gutes Modell?

Norwegen hat damit für sich einen guten Weg gefunden. Allerdings haben die Norweger nach meiner Erfahrung wenig Berührungsängste mit Frauen in Top-Positionen und verfügen über eine gute Kinderbetreuung. Sie empfinden die Quote daher nicht als Zwangsbeglückung, sondern als konsequente Fortführung ihrer Politik. In Deutschland wäre eine gesetzliche Quote nicht umsetzbar. Aber wir sollten zum Beispiel in der Corporate-Governance-Kommission über mehr Diversität in den Aufsichtsräten und Vorständen reden – allerdings auf freiwilliger Basis.

Führen Frauen denn anders als Männer?

Da unterscheide ich eher zwischen einem autoritären und einem konsensualen Führungsstil. Es gibt Männer, die sehr konsensorientiert sind, ebenso wie es Frauen gibt, die sehr autoritär führen. Ich glaube aber, dass autoritäre Frauen schneller scheitern als autoritäre Männer, weil man ihnen ihren Führungsstil nicht so schnell verzeiht.

Dann werden Managerinnen also strenger beurteilt als ihre männlichen Kollegen?

Sie werden zumindest aufmerksamer beobachtet – ob sie anders führen, anders reden, sich anders kleiden. Frauen im Management müssen sich oft mit einem Stereotyp vergleichen lassen – und häufig wirft man ihnen vor, sich nicht durchsetzen zu können. Dabei können sie dies sehr wohl, nur eben mit anderen Mitteln.

Nach der politischen Entscheidung für die Bahn-Privatisierung mussten Sie Ihren Posten im Konzernvorstand für Norbert Hansen räumen. Sie selbst wechseln als Vorstand zur neuen DB Mobility Logistics. Ist das ein Umstieg oder ein Abstieg?

Ich weiß, dass dies in der Öffentlichkeit unterschiedlich gesehen wurde, aber für mich ist die Sache ganz klar: Ich bin weiterhin für die 177.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DB Mobility Logistics zuständig. Und erstmals habe ich nun auch eine operative Verantwortung für sämtliche Dienstleister im DB-Konzern. Das ist ein herausforderndes Aufgabenfeld, das von der schweren Instandhaltung bis zur Gebäudereinigung reicht.

Ist es nicht typisch, dass ausgerechnet die einzige Frau im Konzernvorstand weichen musste?

Mein Ziel war es immer, für eine börsennotierte Bahn zu arbeiten. Auch deswegen bin ich 1997 hierher gekommen. Nun bin ich verantwortlich für den Unternehmensbereich, der an die Börse geht. Vorstand Personal und Dienstleistungen bei der DB Mobility Logistics zu sein, ist für mich persönlich die spannendere Aufgabe im DB-Konzern.

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