Öffentlicher Dienst Warum neue Warnstreiks wahrscheinlich sind

Nach der ersten Verhandlungsrunde 2018 stehen die Zeichen erneut auf Streik. Quelle: dpa

Die Steuereinnahmen sprudeln. Doch ein wie großes Lohnplus für seine Angestellten will sich der Staat leisten? Zu Beginn der Tarifverhandlungen für Bund und Kommunen zeichnen sich harte Gespräche ab.

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Vor zwei Jahren waren Flugreisende betroffen, Nutzer des Nahverkehrs, Eltern von Kita-Kindern - erst nach deutlich spürbaren Warnstreiks kam es damals zu einem Tarifergebnis für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Nach der ersten Verhandlungsrunde 2018 stehen die Zeichen erneut auf Streik.

Was fordern die Gewerkschaften?
Verdi und der Beamtenbund dbb verlangen eine Lohnerhöhung von sechs Prozent, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat für rund 2,3 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen. Das würde zum Beispiel für Pflegehelfer oder Straßenwärter, die nur knapp über 2000 Euro bekommen, einen deutlichen Aufschlag bringen. Die Laufzeit soll nur 12 Monate betragen. Mehr soll es auch geben für Auszubildende und Praktikanten. Das Forderungspaket enthält zudem eine Angleichung der Jahressonderzahlung im Osten an die im Westen.

Für wen wird verhandelt?
Unter anderem für Erzieher und Sozialarbeiter, Mitarbeiter von Müllabfuhr, Straßenreinigung, Krankenhäusern und Stadtverwaltungen, Feuerwehrleute, Straßenwärter und Bundespolizisten. Zu den Tarifbeschäftigten kommen rund 344 000 Bundesbeamte einschließlich Anwärter hinzu, auf die das Tarifergebnis normalerweise übertragen wird.

Wie begründen die Gewerkschaften ihre Forderungen?
„Wir hatten noch nie so günstige Rahmenbedingungen wie 2018, und wir hatten noch nie eine so angezogene Wettbewerbssituation in der Konkurrenz um qualifizierte Fachkräfte und um Berufsnachwuchs“, sagt Verdi-Chef Frank Bsirske. Die Steuereinnahmen sprudelten wie lange nicht, in der Wirtschaft herrsche „Festtagsstimmung“. „Jetzt sind wir dran im Wettbewerb um die besten Köpfe auch für den öffentlichen Dienst, hier einen entsprechenden Meilenstein zu legen“, betont der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach.

Wie argumentieren die Arbeitgeber?
Der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Thomas Böhle, sagt: „Wir haben nach wie vor eine massive Verschuldung, 141 Milliarden. Wir haben einen Investitionsrückstau von 126 Milliarden Euro.“ Die Schere zwischen reichen und armen Kommunen gehe dabei immer noch auseinander. Und etwa bei den Bodenverkehrsdiensten bei den Flughäfen, im Nahverkehr und der Entsorgung zahlten die Kommunen schon mehr als private Anbieter. Ein Mindestbetrag würde also dazu führen, dass Kommunen bei Ausschreibungen Dienstleistungen dann outsourcen müssten.

Drohen neue Streiks?
Bsirske und Silberbach hatten sich in der Frage von Warnstreiks zuvor bedeckt gezeigt. Nun weisen sie auf die Mobilisierungsfähigkeit der Gewerkschaften hin - und VKA-Präsident Böhle rechnet bereits damit, dass es zu Ausständen kommen wird.

Welche Probleme stehen hinter den Verhandlungen?
Rathäuser, Polizei und Schulen haben es immer schwerer, angesichts der Konkurrenz gut zahlender Unternehmen Fachkräfte zu binden. Allerdings erwarten mehr als zwei von drei Uni- und FH-Studenten von ihrem künftigen Job vor allem Sicherheit, wie ein Studierendensurvey im Auftrag des Bundesbildungsministeriums zeigt. Das spricht für den öffentlichen Dienst.

Wie lange dauern die Verhandlungen?
Bis April. Nach dem Auftakt und einer zweiten Runde am 12. und 13. März ist die Abschlussrunde vom 15. bis zum 16./17. April vorgesehen, dann mit einem neuen Innenminister Horst Seehofer (CSU) als Verhandlungsführer des Bundes, wenn es zur Neuauflage einer großen Koalition kommt.

von dpa

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