Unicredit und Société Générale „Wenige Bankenfusionen haben sich gerechnet“

Unicredit und Société Générale vor Fusion - sinnvoll oder nicht? Quelle: REUTERS

Unicredit und Société Générale spielen eine Fusion durch. Auch deutsche Banken gelten dank ihrer niedrigen Bewertungen als Übernahmekandidaten. Bain-Experte Dirk Vater erklärt, wie realistisch solche Großfusionen sind.

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Kein Sommer vergeht ohne Gerüchte zu einer großen Bankfusion in Europa. Hütchenspiele werden diese Überlegungen in der Branche gerne genannt. Im vergangenen Sommer war es vor allem die deutsche Commerzbank, die im Zentrum dieser Denkübungen stand. Der hohe Aktienkurs von damals und die anstehende Bundestagswahl machten es möglich. Auch die italienische Unicredit und Frankreichs Société Générale galten als Interessenten. Nun allerdings köcheln beide offenbar erst mal ihr eigenes Süppchen.

Am Montag meldete die „Financial Times“, die beiden Großbanken würden eine mögliche Fusion vorantreiben. Vor allem Unicredit-Chef Jean-Pierre Mustier soll ein Interesse an dem Projekt haben. Mustier kennt die Société Générale gut, er war dort mehrere Jahre für das Investmentbanking verantwortlich. Die Franzosen allerdings wiegelten zunächst ab, erklärten, im Verwaltungsrat werde so etwas nicht diskutiert.

Trotzdem spricht vieles dafür, dass aus dem einen oder anderen Hütchenspiel irgendwann Realität wird. Zu groß sind die Herausforderungen der europäischen Banken, insbesondere im Vergleich zur US-Konkurrenz drohen sie, den Anschluss zu verlieren. Dirk Vater verantwortet den Bereich Banken bei der Beratung Bain & Company und erklärt, wie realistisch so eine grenzübergreifende Großfusion ist.

WirtschaftsWoche: Herr Vater, Unicredit und Société Générale spielen angeblich einen Zusammenschluss durch. Wie sinnvoll ist eine paneuropäische Fusion dieser Größe?
Dirk Vater: Angesichts der Herausforderungen, vor denen Banken aktuell stehen, können auch große Zusammenschlüsse sinnvoll sein. Europas Banken müssen zwingend ihre Kosten reduzieren. Das liegt nicht nur an den niedrigen Zinsen, sondern auch an der Regulierung und der Digitalisierung, die hohe Investitionen notwendig macht. Wenn Zusammenschlüsse also tatsächlich am Ende zu Synergieeffekten führen und Kosten gespart werden können, machen sie Sinn. Das kommt aber auf den jeweiligen Fall an.

Gerade globale Fusionen bedeuten aber doch einen enormen (Kosten-)Aufwand. Gleicht das höhere Ertragspotenzial das aus?
Bisher gab es tatsächlich wenige Fusionen, die sich ökonomisch gerechnet haben. Natürlich gibt es Ausnahmen, beispielsweise der Zusammenschluss von Oddo und der BHF Bank. Bei vielen anderen möglichen Partnern war das Synergiepotenzial am Ende nicht groß genug. Eine Fusion ist ein enormer Aufwand und dauert rein technisch mindestens 18 bis 24 Monate, zwei Kulturen zusammenzuführen dauert sogar bis zu fünf Jahre. Bei paneuropäischen Fusionen wächst zwar der Absatzmarkt. Ob die Erträge am Ende aber tatsächlich steigen, hängt aber davon ab, wie gut sich das Geschäft der beiden fusionierenden Banken ergänzt.

Sind nationale Fusionen ökonomisch sinnvoller?
Zumindest ist das Potenzial für Kostenersparnisse in den einzelnen Geschäftsbereichen tendenziell höher.   

Teurer wird es auch, weil größere Banken größere Kapitalpuffer vorhalten müssen.
Tatsächlich widerstreben derart große Fusionen dem Ziel der Aufsicht, Banken nicht zu groß werden zu lassen, damit sie nicht wieder vom Steuerzahler gerettet werden müssen. Stichwort „too big to fail“. Ob die Aufsicht einem solchen Zusammenschluss zustimmen würde, ist daher völlig offen.

Die Lage der deutschen Großbanken ist ohnehin schon schwierig, die Erträge sinken bei gleichbleibend hohen Kosten. Würde so eine neue europäische Konkurrenz das Geschäft noch erschweren?
Die nationalen ökonomischen Auswirkungen wären in diesem Fall wohl eher gering, die Berührungspunkte sind überschaubar. Allerdings entstünde ein latenter emotionaler Druck, der Markt würde auch in Deutschland Fusionen erwarten.

Wird es in den nächsten zwölf Monaten eine große Bankfusion in Europa geben?
Ich würde das aufgrund der genannten Herausforderungen in der Branche nicht ausschließen. Dagegen spricht allerdings, dass viele Institute vorerst ihre eigenen Probleme lösen müssen, bevor eine Fusion realistisch ist. Für solch arbeitsintensive Zusammenschlüsse haben die meisten Institute derzeit keine Kapazitäten.

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