Expansion in den Himmel Amazons heimlicher Aufstieg zum Airline-Riesen

Wie Amazon mit Amazon Air zum Luftfahrt-Riesen wurde Quelle: AP

Binnen weniger Jahre hat Amazon die fünftgrößte Frachtfluglinie der Welt aufgebaut – und selbst Branchengrößen wie Lufthansa oder Qatar Airways abgehängt. Das Ende der Expansion ist längst nicht erreicht.

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Als im Herbst 2015 die Meldung auftauchte, Amazon wolle eine eigene Frachtfluglinie, reagierte die Logistikbranche mit Erleichterung – und Häme. „Jetzt übernehmen die sich“, kommentierte schadenfroh ein führender Frachtflugmanager. Eine Fluggesellschaft aufzuziehen ist angesichts der hohen Anlaufkosten und der vielen Betriebsrisiken ein extrem anspruchsvolles und teures Vorhaben. Oder wie die Investorenlegende Richard Branson einst sagte: „Der schnellste Weg zum Millionär ist: Milliardär zu sein und eine Airline zu gründen.“

Drei Jahre später lacht niemand mehr. Inzwischen ist der Online-Händler Amazon fast unbemerkt zur fünfgrößten Frachtlinie der Welt geworden. Erst vor wenigen Tagen bekam Amazon Air ihre vierzigste Maschine. Damit ist der Konzern aus Seattle nicht nur schneller gewachsen als jede Airline zuvor. Amazon Air hat bereits deutlich mehr Frachter als fast alle etablierten Anbieter wie Korean Air, Qatar Airways – und sogar mehr als doppelt so viele Lastenflieger wie die Lufthansa.

Und das ist erst der Anfang. Diskret hat Amazon das Fundament gelegt, um noch deutlich stärker zu wachsen und Marktführer FedEx Express mit seinen laut dem Branchendienst Aviation Week 367 Fliegern zumindest nahe zu kommen.
Was steckt hinter dem Aufstieg?

„Flugzeuge sind der Klebstoff, der Kunden an ihre Bestellung bindet“, wirbt Amazon auf seiner Webseite um neue Mitarbeiter für Amazon Air. Abseits solch knackiger Sätze gibt sich der Konzern bei seinen Luftfahrt-Plänen meist zurückhaltend und verschwiegen. Doch wer mit Menschen aus der Branche spricht, bekommt einen recht guten Eindruck über den schnellen Aufstieg vom belächelten Neuling zum Schreck der Fluglogistiker.

„Versteckt, mit intensiven Proben und mit der Strategie, möglichst viel Risiko auf die Lieferanten zu verlagern“ sei die Entwicklung in den ersten Jahren abgelaufen, sagt ein Frachtflugmanager – und Auftragnehmer des Digitalgiganten – hinter vorgehaltener Hand.

Am Anfang stand die Idee, unabhängiger zu werden. Zentral für den Amazon-Service sind zuverlässige, schnelle Auslieferungen. Doch immer wieder gab und gibt es in den riesigen USA Probleme mit den Lieferanten: Verspätete Zustellungen, verlorene Sendungen und am Ende unzufriedene Amazon-Kunden.

„Flaschenhals für die Wachstumspläne“

Für die Logistik-Probleme sorgte nicht zuletzt die Konsolidierung in der US-Flugbranche. Die war in einer Welle von Zusammenschlüssen von zehn mittelgroßen auf vier große und ein paar kleine Anbieter geschrumpft. Nun verdienten die Verbliebenen dank ihrer Marktmacht so viel Geld im Passagiergeschäft, dass die Fracht lästig war. Am Ende blieben nur noch die teuren Expressdienste FedEx und UPS, die vergleichsweise träge US Post sowie die großen Fluglinien, die dem Cargogeschäft wenig Bedeutung beimaßen.

Das alarmierte die Amazon-Logistiker. „Sie waren zunehmend genervt, weil die Fluglinien zu einem Flaschenhals für ihre Wachstumspläne wurden“, weiß Colin Sebastian, Chefanalyst für die Online-Wirtschaft beim US-Vermögensverwalter Robert W. Baird & Co. Als im Dezember 2013 in den USA nach Schneestürmen und Flugpannen bei viele Amazon-Kunden die Weihnachtsgeschenke erst nach den Festtagen kamen, startete Amazon-Cheflogistiker Dave Clark „Aerosmith“.

Deutlich leiser als die namensgebende Hard-Rock-Band sprach Clark Frachtfluglinien an, von denen der Konzern bereits zuvor für Stoßzeiten Jets samt Besatzung gemietet hatte. Die Idee: Sie sollten einfach dauerhaft für Amazon fliegen. Mitte 2015 war sich Clark mit Atlas Air und dem Leasingunternehmen Air Transport Services Group einig.

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