Bundesrechnungshof gibt Beispiele Wo die Steuer-Milliarden verschwendet werden

Der Staat lasse sich einen Betrag von rund zehn Milliarden Euro wegen Schlamperei und mangelnder Kostenkontrolle entgehen, kritisiert der Bundesrechnungshof. Quelle: imago images

Der Bundesrechnungshof hat der Regierung in Zeiten sprudelnder Steuer-Einnahmen milliardenschwere Verschwendung vorgeworfen. In Beispielen zeigen die Experten, was schief läuft.

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Gerade erst hat die Koalition den Etat 2019 festgezurrt, wieder mit einer „Schwarzen Null“. Also alles gut im Bundeshaushalt? Daran hegt der Bundesrechnungshof erhebliche Zweifel. In Zeiten sprudelnder Einnahmen wirft er der Bundesregierung beim Eintreiben von Steuern und der Ausgabenkontrolle milliardenschwere Verschwendung vor. Der Staat lasse sich einen Betrag von rund zehn Milliarden Euro wegen Schlamperei und mangelnder Kostenkontrolle entgehen, kritisierte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller bei der Jahrespressekonferenz in Berlin. Der Bundeshaushalt werde daher mittelfristig unter Druck geraten. „Um seine Nachhaltigkeit steht es zu Beginn dieser neuen Legislaturperiode nicht besser als in der letzten.“

Um den Bundeshauhalt zu entlasten macht der Bundesrechnungshof eine Vielzahl an Vorschlägen, wie die Bundesverwaltung zielgerichteter, effizienter und wirkungsvoller arbeiten könnte. Eine Auswahl:

Versagen bei den „Steuer-CDs“

Als ein Beispiel für das Versagen der Behörden nennt der Bundesrechnungshof den Umgang mit den sogenannten „Steuer-CDs“, mit deren Ankauf von Informanten vor allem ausländischer Banken man Steuerhinterziehern auf die Spur gekommen sei. Zwar habe es Steuer-Nachzahlungen mit Zinsen in Milliardenhöhe gegeben. Versäumt worden sei aber, auch die eigentlich fälligen Vorauszahlungen von Steuern zu verzinsen. Seit 2010 sei dem Staat so eine Milliarde Euro entgangen. Die Finanzämter hätten von dieser Nachzahlungspflicht teils einfach nichts gewusst.

Trotz häufiger Fälle von Umsatzsteuerbetrug gebe es zudem eine mangelhafte Prüfquote. „Sie geht dramatisch zurück“, mahnt Scheller. Schon 2006 habe man darauf hingewiesen. Ein Unternehmer müsse statistisch gesehen nur alle 71 Jahre mit einer Sonderprüfung rechnen.

Überhöhte KfW-Vergütung

Auch die Wirtschaftlichkeit eines Programms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), das die energetische Sanierung von Wohn- und Nutzimmobilien fördert, wird vom Rechnungshof kritisiert. Verwaltet wird es von der KfW. „Obwohl die KfW dabei weder Akquisekosten noch Risiken trägt, erhielt sie dafür in den Jahren 2016 und 2017 eine Vergütung von 130 beziehungsweise 140 Millionen Euro“, kritisiert der Rechnungshof. Diese Mittel stünden schließlich nicht mehr für Förderzwecke zur Verfügung. Die optimale Ausnutzung der Fördermittel für die Förderzwecke müsse aber das vorrangige Ziel sein. Die Forderung des Rechnungshofs deshalb: Das BMWi müsse die Wirtschaftlichkeit des CO2-Gebäudesanierungsprogramms umfassend untersuchen. Eine Verschlankung des bislang sehr aufwendigen Kreditvergabeverfahrens oder die Bewilligung durch eine andere Stelle bringen die Experten als Möglichkeiten ins Spiel.

Bund entgeht Stromsteuer


Einnahmen von 185 Millionen Euro gehen dem Bund unnötig bei der Stromsteuer verloren, zeigt der Bundesrechnungshof auf. Der Grund: Betreiber kleinerer Energieerzeugungsanlagen erhalten laut den Experten Förderungen für erneuerbare Energien und würden zusätzlich von der Stromsteuer befreit. Und dass, obwohl die Stromsteuerbefreiung seit dem Jahr 2009 nicht mehr zulässig war, so der Rechnungshof. „Das BMF erkannte diese Doppelförderung bis 2015 nicht. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 95 Millionen Euro Stromsteuer verjährt.“ Allerdings hätte laut dem Rechnungshof noch ein Betrag von 90 Millionen Euro erhoben werden können. „Hier war noch keine Verjährung eingetreten. Das BMF verzichtete aber unter Hinweis auf Vertrauensschutz auf die Erhebung. Damit vermied es Auseinandersetzungen mit der Strombranche.“ Nach Auffassung des Bundesrechnungshofes hätte das Bundesfinanzministerium den Steueranspruch jedoch nicht verjähren lassen dürfen, sondern erheben müssen. „In Zweifelsfällen hat das BMF im Interesse des Bundes die Steuer zu erheben.“ Eventuelle Streitfälle müssten später die Finanzgerichte entscheiden.

Fehlinvestitionen der Bundeswehr

Auch bei der Bundeswehr sieht der Rechnungshof Verfehlungen, die den Bund einige Millionen gekostet hat. Laut dem Bericht sollte die Bundeswehr nämlich bei der Beschaffung von Krankentransportfahrzeugen mindestens 52 Millionen Euro einsparen, indem sie weniger Fahrzeuge beschafft und diese zudem weniger umfangreich ausrüstet. Die Bundeswehr führte hierbei an, alte Krankentransportfahrzeuge durch 240 neue Fahrzeuge ersetzen zu wollen. Aus den Nutzungsdaten der letzten drei Jahre ergebe sich aber ein tatsächlicher Bedarf von lediglich 200 neuen Fahrzeugen inklusive Fahrzeugreserve, so der Bundesrechnungshof. Zudem wolle die Bundeswehr die Fahrzeuge für Auslandseinsätze ausstatten, obwohl sie für das Inland genutzt werden sollen. „Dort unterliegen sie besonderen Anforderungen und sind daher pro Fahrzeug rund 190.000 Euro teurer“, rechnen die Experten vor. Deshalb die Forderung des Bundesrechnungshofes: Das Verteidigungsministerium sollte nur 200 Fahrzeuge mit geringerer Ausstattung beschaffen und so kräftig sparen.

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