Wirtschaft von oben #43 – Coronakrise Hier parkt die Kreuzfahrtindustrie ihre Flotten auf See

Der weltweite Reisestopp trifft die Kreuzfahrtunternehmen hart. Nach den Schwierigkeiten, die Passagiere heim zu bringen, müssen sie nun geeignete Parkplätze für ihre Schiffe finden. Dazu greifen sie auf eine kuriose Lösung zurück, wie exklusive Satellitenbilder zeigen. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

Bridgetown

Wenn die Bewohner von Bridgetown, der Hauptstadt der Karibik-Insel Barbados, hinaus aufs Meer gucken, dann sehen sie zurzeit vor allem eins: Kreuzfahrtschiffe. Direkt vor dem Hafenbecken liegen sie, seit mehreren Tagen. Das zeigen exklusive Satellitenbilder von LiveEO. Die Anwohner blicken von Land aus auf die Aidaluna, 250 Meter lang, 13 Decks, roter Aida-Kussmund am Bug. Daneben liegt Transponderdaten zufolge die Vision of the Seas, ein Entertainment-Schiff inklusive Minigolfbahn und Kletterwand. Und schließlich die Mein Schiff 2 des Anbieters Tui Cruises, mit über 300 Metern Länge und genug Zimmern für fast 2900 Gäste.

Die Kreuzfahrtindustrie steht still, nicht nur hier vor Barbados. Wegen des Coronavirus haben Länder weltweit ihre Einreisebestimmungen verschärft, Häfen und Flughäfen geschlossen. Das Auswärtige Amt hat mittlerweile eine weltweise Reisewarnung ausgesprochen „für alle nicht notwendigen, touristischen Reisen ins Ausland.“ Die gilt auch für Kreuzfahrten. Deshalb haben weltweit Reedereien ihren Schiffen eine Vollbremsung verordnet. Bereits gebuchte Reisen sind abgesagt, erst mal bis April oder auch Mai. Die Veranstalter hoffen, dass sich die Situation bis dahin entspannt.

So lange aber müssen sie zwei Probleme lösen: Erstens, sie müssen verbleibende Passagiere nach Hause transportieren. Und zweitens brauchen sie einen geeigneten Parkplatz für die Kolosse, solange die Pause andauert.

Doch schon das Ausschiffen der Passagiere ist eine Herausforderung. Die Reedereien haben Mühe, einen Hafen zu finden, an dem die Passagiere von Bord gehen und heim fliegen können. In Australien etwa dürfen die Schiffe in Fremantle anlegen, vom Hafen aus müssen die Passagiere jedoch ohne Umwege zum Flughafen. Ähnliche Regelungen gibt es in den USA.

Manche Reedereien haben sich mittlerweile dazu entschlossen, ihre Schiffe inklusive aller Passagiere zurück in den Heimathafen zu holen. So holt auch der deutsche Veranstalter Phoenix Reisen seine Flotte zurück nach Deutschland. Das könnte eine Weile dauern: So befindet sich die MS Artania noch vor der Küste von Australien, die MS Deutschland hätte eigentlich bald in Kapstadt Gäste entgegennehmen sollen. Mittlerweile hat sie die Elfenbeinküste hinter sich gelassen. Bis Mitte April soll die gesamte Flotte in Bremerhaven oder Hamburg angekommen sein, so Phoenix.

Auch das Unternehmen Transocean entschloss sich, seine Passagiere von Südostasien per Schiff nach Hause zu bringen, nachdem die Schiffe in Thailand nicht anlegen durften. Vor der Insel Phuket stoppte Transocean daher seine Schiffe Columbus und Vasco da Gama, damit über 200 Passagiere in Tenderbooten das Schiff wechseln konnten. Die Europäer können nun mit der Columbus nach Großbritannien fahren, die Vasco da Gama steuert Australien an.

Die deutschen Marktführer Tui Cruises und Aida melden, sie hätten bereits alle ihre Passagiere ausschiffen können. An Bord sei nur noch Personal. Wer sich weiterbilden wolle, können an Deutschkursen teilnehmen, so eine Tui-Sprecherin. Einige Besatzungsmitglieder haben auch Kündigungen erhalten.

Die nächste Herausforderung ist, wenn die Passagiere von Bord sind, die leeren Schiffe zu parken. Der Kreuzfahrthafen von Miami beispielsweise ist nahezu komplett voll mit Schiffen, und auch in anderen Häfen ist kaum Platz. Hinzu kommt, je länger ein Schiff im Hafen verweilt, desto teurer wird es für die Reedereien. Deshalb haben einige der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt jetzt einfach auf offener See geparkt. So zeigen neueste Satellitenbilder, dass in den vergangenen Tagen zwischen Miami und den Bahamas zwei gewaltige Kreuzfahrtschiffparkplätze entstanden sind. Dort haben die Konkurrenten Carnival Cruises und Royal Carribean mehrere Schiffe nebeneinander verankert. Etwa 20 der Kolosse liegen dort inzwischen, darunter auch das weltgrößte Kreuzfahrtschiff, die Symphony of the Seas.

Carnival Cruises immerhin hat eine Idee, einige seiner Schiffe sinnvoll einzusetzen: Die Reederei will sie bei Bedarf als Corona-Quarantäne-Krankenhäuser zur Verfügung stellen. Die Krankenstationen auf den Kreuzfahrtschiffen könnten schnell umgebaut werden, erklärte Carnival. „Die Räume verfügen auch über Toiletten, private Balkone mit Zugang zu Sonne und frischer Luft sowie über Isolationsmöglichkeiten, je nach Bedarf.“

See zwischen den Bahamas und Florida

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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