Wirtschaft von oben #76 – Covid-19 Hier entstehen in aller Eile Corona-Impfstoff-Fabriken

Um die Pandemie zu stoppen, brauchen Milliarden Menschen einen Impfstoff. Ein gigantisches Projekt. Noch ist kein Mittel zugelassen. Doch überall auf der Welt bauen Hersteller neue Kapazitäten auf. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

Peking, China

Man muss schon genau hinschauen, um den Anbau rechts oben an einer Straßengabelung in Peking zu erkennen. Der chinesische Staatskonzern Sinopharm produziert dort seit Juli rund hundert Millionen Impfstoffdosen. Die provisorischen Anlagen auf den Fußballfeldern links davon, wie Satellitenaufnahmen von LiveEO zeigen, dürften ebenfalls im Dienst der Impfstoff-Herstellung stehen. Laut chinesischen Medien wurde die kleine Fabrik in der Rekordzeit von sechzig Tagen gebaut und zertifiziert. Am Bau beteiligt war unter anderem das Schweizer Unternehmen Sauter – die Gebäudemanagement-Spezialisten sorgten etwa für einen zuverlässigen Luftstrom und eine sterile Umgebung.

Zugelassen ist der Sinopharm-Impfstoff noch nicht, die Tests befinden sich in der letzten Phase. Dennoch sind bereits Hunderttausende Chinesen geimpft worden – eine „Notfallverwendung“ erlaubt den Einsatz bei „besonders gefährdeten Gruppen“. Der Kreis der Berechtigten wird dabei recht großzügig ausgelegt: Mediziner zählen natürlich dazu. Ebenso Flugbegleiter und Mitarbeiter von Staatsfirmen, die ins Ausland reisen. Auch die Pförtner von Diplomatenvierteln erhielten den Impfstoff bereits.

Wenige Kilometer westlich hat das konkurrierende chinesische Unternehmen Sinovac ebenso in Rekordzeit ein neues Werk hochgezogen. Der genaue Standort ist allerdings bisher geheim. Auch diese Fabrik produziert schon kräftig Impfstoff, wie chinesische Medien berichten. Insgesamt will das Land 2021 eine Milliarde Covid-19-Impffstoffdosen verteilen, unter anderem auch in mehrere südamerikanische Staaten.

So weit ist das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca mit seinem Impfstoff AZD1222 noch nicht. Der befindet sich zwar ebenfalls in der letzten Testphase mit Zehntausenden Probanden - zuletzt mit einem Rückschlag, denn es gab im Zusammenhang mit der Studie einen Todesfall, dessen genaue Umstände aber bislang unklar sind. Rund siebzig Millionen Impfstoff-Dosen will die britische Non-Profit-Organisation Vaccines Manufacturing and Innovation Centre (VMIC) ab Sommer 2021 in Harwell südlich von Oxford für Astra Zeneca produzieren. Hier, wo vor etwas mehr als einem Jahr noch ein Parkplatz war, entsteht nun eine Impfstofffabrik. Ganz so schnell wie die Chinesen sind die Briten allerdings nicht. Immerhin wird die Anlage nun ein Jahr früher fertig als geplant – zunächst war die Fertigstellung für 2022 avisiert.

Harwell Innovation Center

Ein anderer Pharmakonzern, der gerade Impfstoff-Fabriken hochzieht, ist die französische Sanofi. Eine halbe Milliarde Euro investiert das Unternehmen in eine Impfstoffproduktion in Neuville-sur-Saône bei Lyon. In dem Werk sollen einmal drei bis vier Impfstoffe gleichzeitig produziert werden. Welche das sind, verrät der Konzern jedoch nicht. Zunächst einmal musste dort ab 2018 der verunreinigte Boden abgetragen werden – bei den Satellitenaufnahmen sind daher vor allem die dazugehörigen Zelte zu erkennen.

Freilich muss nicht immer gleich eine völlig neue Impfstofffabrik her. Die deutsche Corona-Impfstoff-Hoffnung Biontech aus Mainz löst das Problem auf andere Weise: Das Unternehmen kaufte dem Schweizer Hersteller Novartis gleich einen ganzen Standort im hessischen Marburg ab, um dort nach der erwarteten Zulassung den Coronaimpfstoff zu produzieren. Zusätzlich will Biontech die begehrte Flüssigkeit in Mainz und Idar-Oberstein produzieren – die Anlagen laufen bereits. Biontechs Kooperationspartner Pfizer hat bereits mit etlichen Industriepartnern ausgehandelt, deren Anlagen für die Impfstoff-Produktion nutzen zu dürfen.

Auch Curevac aus Tübingen, deren Corona-Impfstoff noch einige Monate von der Zulassung entfernt ist, hat bereits vorgesorgt. Eine Produktionshalle, in der pro Jahr eine Milliarde Impfstoff-Dosen produziert werden können, steht bereits in Tübingen. Was fehlt, sind noch die entsprechenden Maschinen und Anlagen.

Die Rubrik „Wirtschaft von oben“ entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.


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