Wirtschaft von oben #95 – Hamburg So wächst die Hamburger HafenCity

Die HafenCity ist laut Eigenwerbung Europas größtes innerstädtisches Entwicklungsprojekt. Quelle: LiveEO/Skywatch

Seit 20 Jahren verwandelt die Hansestadt eine einstige Hafenbrache in ein komplett neues Viertel, umgeben von Wasser, Containerkränen und Lagerschuppen. Dazu bietet die HafenCity praktische Anregungen für die gerade laufende Eigenheim-Debatte. „Wirtschaft von oben“ ist eine Kooperation mit LiveEO.

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Eines der ersten Projekte war gleich das Schönste: Am Kaiserkai im Hamburgs HafenCity zeigt sich, was zeitgenössische Architektur kann, wenn man sie lässt. Wenn sie weder laut triumphieren muss noch ins Lochkartenraster einer verödeten, falsch verstandenen Minimalismusmoderne verfällt. „Am Kaiserkai“ ist die wohl beste Adresse für Neubaustraßen in der Hansestadt.

Hier gelang, was heutzutage selten funktioniert: Eine neue Gründerzeitmeile, die sich nicht hinter der Spannung und Eleganz der Altbauzeilen rund um die Alster zu verstecken braucht. Exklusive Satellitenaufnahmen von LiveEO zeigen, wie sie in den vergangenen Jahren entstanden ist. Am Kaiserkai ist auch nichts von dem neudeutschen Investorensprachbombast nötig, der hinter all seinen PR-Wortklingeleien doch nur notdürftig verstecken kann, worum es ihm wirklich geht: inspirationsfreie Wohnschachteln meistbietend abzuverkaufen.

Natürlich, nicht jede Straße hat einen Fluchtpunkt wie ihn der Kaiserkai im Westen zu allem Überfluss aufbieten kann: die Elbphilharmonie. Diese Straße bräuchte sie nicht einmal, um als urbanes Ensemble zu funktionieren, und doch steht sie dort, die „Elphi“: trutzig und schwebend leicht zugleich, eine Melange aus Hafenbunker und Wellenkamm, Backstein und Glas, ein maritimes Märchen. Erzählt mit der architektonischen Ambition der Basler Meister von Herzog & De Meuron. Hamburg, Deine Perle.

Die Elbphilharmonie ist ihrerseits ein Glücks- und ein Seltenheitsfall. Hier steht die gebaute Realität den glossy Computerrenderings einmal in nichts nach. Und die Hamburger lieben längst ihr Opernhaus, das doch eigentlich so unhanseatisch auftrumpfend daherkommt. Die Kosten? Ach, versunken und vergessen.

Hier also, am westlichen Zipfel der HafenCity, Europas größtem innerstädtischen Entwicklungsprojekt (so die Eigenwerbung), zeigt sich, was geht, wenn Ehrgeiz und kluge Ausführung, große Geste und planerisches Können ineinanderwirken. Man kann das leider nicht über die ganze neue Hafenstadt sagen, die seit 2001 an der Elbe wächst, von West nach Ost, die gegenüber den Landungsbrücken ihren Anfang nahm und an den Elbbrücken wenige Kilometer weiter einmal ihren Abschluss finden wird.

Straße für Straße, von Quartier zu Quartier, Wettbewerb um Wettbewerb wuchs die HafenCity in den vergangenen Jahren – und tut es immer weiter. Sie beherbergt heute einige der teuersten Appartements in einer ohnehin teuren Metropole (mit Preisen weit jenseits der 10.000-Euro-Marke pro Quadratmeter).

Aber eben nicht nur. Wer praktische Anregungen für die gerade heiß laufende Eigenheim-Debatte sucht, wird ebenfalls fündig: freistehende Einfamilienhäuser sucht man zwar vergebens, dafür aber gelingt der Hansestadt der geplante soziale Kompromiss. Zum Immobilienluxus gesellen sich durchaus günstige Eigentumswohnungen, die beispielsweise von Baugemeinschaften errichtet werden. Dazu kommen preisgebundene Sozial-Mietwohnungen und reservierte Flächen für Genossenschaften – zum Teil für deutlich unter zehn Euro den Quadratmeter.

Ein Viertel der Kontraste – und der Mischung. Konzerne wie Unilever und Kühne+Nagel haben sich hier niedergelassen. Die Redaktionen der SPIEGEL-Gruppe thronen in ihrem Neubau an einer elbwasserumspülten Fleetspitze, bald soll auch Gruner & Jahr ganz in die Nähe ziehen. Neue Schulen und mehrere Kitas wurden errichtet, Parks und Spielplätze, Hotels natürlich, sogar ein „Maritimes Museum“ hat seinen Sitz in einem historischen Hafenspeicher bezogen.

Als wäre das nicht schon genug, findet sich in der HafenCity auch Hamburgs einziges Restaurant mit drei Michelin-Sternen, Kevin Fehlings „The Table“, und eine eigene Universität. Letztere allerdings, obwohl selbst ein Lehrort für Architektur, erreicht die handwerklichen Standards, die in der Nachbarschaft gesetzt werden, leider in keiner Weise.

Und so ist die HafenCity heute vieles zugleich: Labor für überaus gelungene zeitgenössische Stadtplanung und doch auch Heimat von öden, aseptischen, unverbunden wirkenden Straßenzügen, Gebäudesilos. Die Tatsache, dass die meisten der neuen Häuser den dunkelroten Backstein der Speicherstadt am Nordrand – ein Unesco-Weltkulturerbe – in ihren Fassaden zitieren müssen, erzeugt eben allein noch keinen Charakter.

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Natürlich, was nicht ist, kann noch werden. Das Kreuzfahrtschiffterminal als Schlusspunkt des bisher so zugigen, aber zentral gelegenen Überseequartiers muss überhaupt erst noch entstehen. Auch ziemlich genau zwei Jahrzehnte nach den ersten Spatenstichen ist die HafenCity weit davon entfernt, fertig zu sein. Auf den langgezogenen Fleetstücken gen Osten fängt es sogar gerade erst an, spannend zu werden. Ganz am Ende soll bis 2025 das höchste Gebäude der Stadt emporwachsen: der Elbtower mit 233 Metern. Bleibt abzuwarten, wie auch diese zweite Absage an hanseatisches Understatement eines Tages wirken wird.

Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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