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Logistik auf der letzten Meile Das Liefer-Dilemma

Quelle: Unsplash

Ob Elektronik, Bücher oder Lebensmittel: Immer mehr Kunden wünschen eine Lieferung bis zur Haustür – und zwar am liebsten kostenlos. Lebensmitteleinzelhändlern ist das oft zu teuer. Wie Unternehmen das Dilemma lösen.

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Kunden lieben Online-Shops. Nur ein paar Klicks, und der neue Lieblingsroman oder die Zutaten für das Familien-Dinner sind im Nu an die Haustür geliefert. Auch die Supermarktkette Kaufland wollte mitmischen und kündigte mit großem Werbe-Tam-Tam im Jahr 2016 einen Liefer-Service für Supermarkteinkäufe an. Das Versprechen: Kunden sollten online die gleiche Auswahl haben wie im Laden – und dieselben Preise. Nur die Liefergebühr von 2,75 Euro bis 4,75 Euro pro Lieferung kam noch obendrauf. Offenbar lief das Geschäft für Kaufland nicht sonderlich gut. Denn nur ein Jahr später, im Dezember 2017, stellte das Unternehmen den Lieferdienst wieder ein. „Nicht wirtschaftlich genug“, lautete die Begründung.

Der Einzelhandel muss in die Lieferung bis an die Wohnungstür investieren, auch letzte Meile genannt, um weitere Einnahmequellen zu erschließen, so die neue Studie des Capgemini Research Institute.

Lebensmitteleinzelhändler wie Kaufland stecken in einem Dilemma: Kunden wollen den Bringdienst, möchten aber möglichst wenig dafür bezahlen. Nur ein Prozent der Verbraucher ist bereit, die Kosten für die Lieferung zu übernehmen, hat die Anfang Januar veröffentlichte Studie des Beratungsunternehmens Capgemini „The Last-Mile Delivery Challenge“ gezeigt. Gleichzeitig können sich Händler einen vergünstigten oder gar kostenlosen Lieferdienst mehrheitlich nicht leisten: 97 Prozent geben an, dass sie die Haustür-Lieferung langfristig nicht kostendeckend anbieten können, wenn die Kunden nicht dafür zahlen. Bieten sie Lieferungen vergünstigt oder kostenlos an, verlieren sie also Geld. Tun sie es nicht, verlieren sie Kunden.

Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, der Zwickmühle zu entkommen: „Es ist jedenfalls zu einfach zu sagen, dass sich die letzte Meile nicht rechnet“, betont Martin Arnoldy, Experte für Supply Chain bei Capgemini. Er nennt drei Strategien zur Lösung des Problems. Erstens müssen Händler ihre Logistik-Kosten senken. Zu schaffen ist das nur durch den konsequenten Einsatz von Technologien wie etwa einer mit Hilfe von Machine Learning optimierten Liefersteuerung und AI-basierten Vorhersagen und Planungen.

Zweitens können Händler ihren Kunden Zusatzservices anbieten, damit diese eher bereit sind, Liefergebühren zu bezahlen. Drittens sollten sie sich bewusst machen, dass sie durch Online-Bestellungen an Kundendaten gelangen – und die sind langfristig womöglich sogar mehr wert als die entgangene Liefergebühr. „Unternehmen müssen verstehen, dass die Kaufentscheidung nie stärker durch das Thema Online-Handel beeinflusst war. Es bieten sich enorme Ertragschancen.“

Die wohl wichtigste Strategie ist es, die Logistik- und Lieferkosten zu senken. Denn: „Die sogenannte letzte Meile entwickelt sich zum entscheidenden Faktor der E-Commerce-Lieferkette“, erklärt Katja Busch, Chief Commercial Officer von DHL. Sie ist sich sicher, dass Unternehmen gezielte Strategien entwickeln müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu können sie zum Beispiel die Lagerverwaltung neu organisieren und neue Potenziale nutzen. Wie aus der Capgemini-Studie hervorgeht, machen Lagerhaltung und Produktsortierung ein Drittel der Kosten einer Lieferkette aus. DHL-Experten empfehlen Händlern deshalb eine stärkere Automatisierung, ein besseres Datenmanagement und mehr Flexibilität im Netzwerk. „So können E-Commerce-Unternehmen das Bestandsmanagement verbessern und die Zustellung an den Endkunden effizienter gestalten.“


Müssen Online-Händler trotzdem Liefergebühren erheben, dann sollten sie dem Kunden zumindest das Gefühl geben, dass er dafür einen Mehrwert erhält. Die Fastfood-Restaurantkette McDonalds macht es Händlern mit ihrem 2017 gegründeten Liefer-Service McDelivery vor. „Wir bieten den Nutzern unserer digitalen Angebote spezielle Produkte, die sie nur in der App oder über den Lieferservice beziehen können“, sagt Nicolas von Sobbe, Digitalchef bei McDonalds. „Beispielsweise den „Couchburger“ oder spezielle Coupons, die eben nur über die McDonald's App einlösbar sind.“ Online bestellen bringt somit Exklusivität. Auch in Sachen Logistik setzt McDonalds auf Optimierung. Die Fastfood-Kette arbeitet bei der Auslieferung mit dem Plattformanbieter Foodora zusammen, anstatt eigene Mitarbeiter auf die Straßen zu schicken. „Die Unternehmen können sich so auf ihr jeweiliges Kerngeschäft konzentrieren. Wir bieten schnell und unkompliziertes Essen an. Die Delivery Hero Group ist der erfahrene Logistiker.“

Zusatzservice kann für Online-Kunden auch bedeuten, dass der Händler ihnen Arbeit abnimmt. So wie Hellofresh, ein Berliner Unternehmen, das Kochboxen versendet. Kunden können per Klick ein Wochenmenü auswählen. Dann bekommen sie im Laufe der Woche Pakete mit den Zutaten der Gerichte nach Hause geliefert. Sie müssen sich keine Gedanken um Einkaufslisten machen und sparen sich den Gang in den Laden. Vor allem Supermärkte hätten ein enormes Potenzial, Ähnliches auszuprobieren, sagt Experte Arnoldy. „Sie bieten schließlich eine breite Produktpalette an.“ Nebeneffekt: Auf diese Weise lässt sich erreichen, dass Kunden mehr kaufen. Zum Beispiel indem der Online-Supermarkt vor dem Abschluss der Bestellung einen Wein vorschlägt, der gut zu dem Gericht passen würde.

Der dritte Ansatz zur Lösung des Liefer-Dilemmas steckt in den Kundendaten. Die Website oder auch unternehmenseigene Apps sammeln bei jeder Bestellung Informationen über den Kunden. „Je mehr Daten ein Kunde preisgibt, desto gezielter kann ein Unternehmen das Angebot erstellen“, sagt Arnoldy. So wird das Geschäft vorhersehbarer und besser steuerbar – „und eben profitabler“, weiß er. Händler können dem Kunden zum Beispiel speziell auf ihn zugeschnittene Sonderangebote oder Gutscheine anbieten. So etwas erhöht nicht nur den Umsatz, sondern auch die Kundenbindung, sagt der Capgemini-Experte.

Idealtypisch setzt US-Online-Händler Amazon alle drei Strategien um: Amazon feilt permanent an seiner Logistik, bietet Kunden Zusatzservices über seinen Prime-Dienst. Und der Händler sammelt Unmengen an Daten, die er für gezielte, personalisierte Angebote nutzt. Um da langfristig mithalten zu können, sollten sich Händler schleunigst neu aufstellen, warnen Experten wie Arnoldy von Capgemini. Denn Amazon ist mit Amazon Fresh längst in ihrem Geschäftsfeld aktiv.

Kunden sind experimentierfreudig. Das sollte Händlern Mut machen, sich auszuprobieren, sagt Arnoldy. Das kann auch so aussehen, dass sie überhaupt nicht liefern, weder mit noch ohne Gebühr, sondern Kunden ihren Online-Einkauf selbst abholen lassen – aus zentralen Lagerhäusern, Packstationen oder dem Supermarkt selbst. Mit passenden Anreizen sind Kunden offen für das Click-and-Collect-Prinzip. Auch hier kann McDonalds den Einzelhändlern als Vorbild dienen. „Unternehmen sollten sich nicht scheuen, neue Wege in Sachen Angebote und Lieferoptionen zu gehen“, sagt der Experte. Sie hätten im Grunde auch gar keine andere Wahl. Denn wenn sie es nicht schaffen, weiter Kunden an sich zu binden, werden Online-Spezialisten wie Amazon ihnen das Geschäft langfristig wegnehmen.

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