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Gründerzeit-Interview „Wir begegnen uns alle auf Augenhöhe“

Die Unternehmerin sagt über sich:

Lena Maria Welter sprüht vor Lebensfreude und beeindruckt durch großen Optimismus. Sie hat zusammen mit Andreas Hanf im Jahr 2019 die HaWe GmbH in Essen gegründet - einen Fachbetrieb der Heizungs- und Sanitärbranche.

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Düsseldorf Lena Maria Welter war zuvor in einem anderen Fachbetrieb der Heizungs- und Sanitärbranche tätig, kommt aber ursprünglich aus dem Einzelhandel, wo sie zuletzt als stellvertretende Filialleiterin beschäftigt war. Zu Beginn bestand die HaWe-GmbH aus überschaubaren 3 Mitarbeitern, inzwischen hat sich ihr Mitarbeiterstamm bereits auf insgesamt 14 Personen erhöht. Und die 34 Jahre alte Unternehmerin will weiter expandieren – mit einem zweiten Standort.

Frau Welter, wird eine junge Frau wie Sie als Chefin eines Sanitärbetriebes überhaupt ernst genommen?
Manche Kunden glauben tatsächlich im ersten Moment, ich sei eine Bürokraft – und fragen dann ausdrücklich nochmal nach dem Chef, wenn Sie auf mich treffen. Das nehme ich aber ganz locker, manchmal mache ich mir sogar einen kleinen Spaß daraus, indem ich so etwas sage wie „Ok, ich hole Ihnen jetzt erstmal eine Tasse Kaffee und dann kommt der Chef.“

Gibt es im Sanitärgewerbe viele Vorurteile gegenüber Frauen?
Ja, auf Vorurteile gegenüber Frauen treffen wir in unserem Berufsalltag immer mal wieder. Meine Auszubildende ist zum Beispiel mal von einem Kunden gefragt worden „Bist du hier richtig? Musst Du nicht mit Deinen Barbies spielen?“ Das ist natürlich völlig unangemessen, zumal die betreffende Mitarbeiterin außerordentlich begabt für diesen Beruf ist. Und meiner Meinung nach ist ein gewisser Frauenanteil im Team grundsätzlich eine Bereicherung. Unsere Arbeit hat ja nicht nur etwas mit Kraft zu tun. Der ganze Beruf wird heute wesentlich stärker durch moderne Technik geprägt, als noch vor einigen Jahren. Deshalb versuche ich auch, mehr Frauen in mein Unternehmen zu holen und deren Anteil im Idealfall auf 50 Prozent zu erhöhen.

Mit welcher Idee sind Sie Unternehmerin geworden?
Ich muss nicht zwingend reich werden, möchte aber glücklich mit meiner Tätigkeit sein. Und dabei ist es mir am wichtigsten, dass meine Kunden immer zufrieden mit der erbrachten Leistung sein können. Außerdem lag und liegt es mir am Herzen, einen Betrieb zu führen, in welchem sämtliche Mitarbeiter ihre Arbeit wirklich gerne machen. Ich bin davon überzeugt, dass ein erfolgreiches Unternehmen nicht nur fachlich, sondern auch menschlich funktionieren muss. Und als Chefin kann ich sowohl organisatorisch als auch menschlich die dafür notwendige Basis sowie entsprechende Strukturen schaffen. Bei uns begegnen wir uns alle auf Augenhöhe – von der Putzfrau bis zum Meister. Alle Mitarbeiter genießen die gleiche Wertschätzung. Ein respektvoller Umgang miteinander ist für mich ein unheimlich wichtiger Punkt.

Wieso haben Sie ausgerechnet ein Sanitärunternehmen gegründet?
Ich war zuvor im Einzelhandel und auch in einem Sanitärbetrieb angestellt, teilweise sogar in leitender Funktion. Und dennoch hatte ich nicht das Gefühl, mich richtig entfalten zu können. Viele Dinge – sowohl intern, als auch extern – sind aus meiner Sicht falsch gelaufen, aber als Angestellte hatte ich nicht genügend Einfluss, um wirklich nachhaltig etwas daran zu verändern. Das frustrierte mich auf Dauer so sehr, dass ich mich dann eines Tages mit der Entscheidung konfrontiert sah: sich unglücklich unterzuordnen oder den Weg in die Selbstständigkeit gehen?. Dass ich ausgerechnet ein Unternehmen im Sanitärbereich gegründet habe, liegt vor Allem daran, dass mein Lebensgefährte schon sehr lange in dieser Branche erfolgreich tätig ist und auch einen entsprechenden Meisterbrief besitzt.

Lena Maria Welter (links) hat mit Andreas Hanf im Jahr 2019 die HaWe GmbH in Essen gegründet - einen Fachbetrieb der Heizungs- und Sanitärbranche. Quelle: Privat

Ist es ein Nachteil, dass Sie nicht aus dem Fach kommen?
Ich denke, es ist nicht entscheidend, dass der Gründer über sämtliches Fachwissen verfügt. Es gibt sehr viele Handwerksbetriebe, die lediglich aus zwei oder drei Mitarbeitern bestehen, weil den betreffenden Gründern für eine größere Organisation schlichtweg die nötigen Fähigkeiten fehlen, welche im Rahmen einer kaufmännischen Ausbildung jedoch vermittelt werden. Denn entscheidend für eine erfolgreiche Gründung ist es, eine gewisse Struktur aufzubauen, welche die Größe des Unternehmens berücksichtigt. Und dennoch erweitere ich systematisch mein branchenspezifisches Fachwissen - schließlich bin ich ja auch neugierig und lerne gerne dazu. Deshalb habe ich kürzlich sogar selbst eine Ausbildung zur Anlagenmechanikerin begonnen und helfe aktuell auch schon häufiger auf der Baustelle aus. Außerdem kommen hin und wieder fachliche Rückfragen von Mitarbeitern oder Kunden auf, welche ich natürlich kompetent beantworten möchte.

Hatten Sie Angst vor der Gründung?
Angst zu haben entspricht nicht meinem Naturell, auch wenn ich als Gründerin praktisch bei Null anfangen musste. Ich habe von Anfang an jeden Schritt mit Leidenschaft und Begeisterung gemacht - ob das nun die Erstellung eines Business Plans war, das Aussuchen und Bestellen der Büro-Einrichtung oder auch das Engagieren eines Steuerberaters. Ich fühlte mich in keinem Moment der Gründung irgendwie überfordert oder alleingelassen von Behörden, der Handwerkskammer oder den Banken. Es gab natürlich Freunde, die Bedenken geäußert haben, hinsichtlich der Schulden, der Verantwortung und der ganzen Arbeit, die auf mich zukommen würde. Aber darauf konnte ich bloß entgegnen, dass man nicht wissen kann, ob etwas klappt, wenn man es nicht einmal versucht. Man sollte sich bewusst sein über mögliche Komplikationen und diese auch ernst nehmen. Aber dann sollte man mutig sein und sein Bestes geben - Angst hilft einem in einer solchen Situation nicht weiter.

Wie hoch war der finanzielle Aufwand? Haben Sie Gründerkredite in Anspruch genommen?
Ja, ich habe ein KfW-Darlehen aufgenommen, weil es notwendig war, um beispielsweise Material vorzufinanzieren und Mitarbeiter einstellen zu können. Außerdem brauchte ich natürlich auch Fahrzeuge, Werkzeuge, Computer sowie eine branchengängige Software. Diese Anschubfinanzierung haben wir aber zum Glück auch schnell wieder reingeholt.

Wie gut läuft es nach zwei Jahren?
Sehr gut. Die Anzahl der Mitarbeiter ist in den vergangenen zwei Jahren von 3 auf mittlerweile 14 gestiegen. Die Kunden sind zufrieden und mancher bringt zum Dank sogar mal eine große Tasche mit Schokolade und Süßigkeiten oder Ähnliches vorbei. Das gesamte Team ist sehr engagiert und arbeitet hin und wieder - auch gegen meinen Rat – freiwillig nach eigentlichem Feierabend weiter, weil sie einem Kunden unbedingt noch helfen wollen. Solche Dinge zeigen mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Wie erleben Sie die Corona-Krise?
Zu Beginn war ich schon etwas nervös und hatte Sorge, dass die Corona-Krise auch schädliche Auswirkungen auf unseren Betrieb haben könnte. Es zeigte sich dann aber schnell, dass diese Sorge völlig unbegründet war und dennoch mehr als genügend Aufträge reinkommen. Aus geschäftlicher Sicht hat die Krise in unserem Unternehmen bislang quasi nicht stattgefunden. Termine werden höchstens mal verschoben, aber nie gänzlich abgesagt. Aktuell liegt die Schwierigkeit tatsächlich eher darin, den ganzen Anfragen gerecht werden zu können. Mit Blick auf das Geschäft ist es sicher ein Vorteil, dass unser Handwerk gerade in dieser schwierigen Zeit häufiger in Anspruch genommen wird. Die meisten Menschen verbringen derzeit zwangsläufig mehr Zeit zu Hause und denken in Folge dessen vermehrt über moderne Heizungen, Sanitäranlagen sowie Solarsysteme nach. Zudem gibt es in meinem Unternehmen keinen ständigen, sondern lediglich punktuellen persönlichen Kundenkontakt. Dadurch können wir die empfohlenen Abstände von Mensch zu Mensch problemlos wahren und die geltenden Hygieneregeln gut umsetzen.

Eine Auszubildende: In der Heizungs- und Sanitärbranche finden auch immer mehr Frauen ihren Platz. Quelle: Privat

Welche Nachteile hat es, als Frau ein Unternehmen zu gründen?
Mir fallen eigentlich gar keine geschlechtsspezifischen Nachteile ein. Es mag sein, dass ich in Verhandlungen beispielsweise gelegentlich zu nachgiebig bin, aber da habe ich dann oftmals auch männliche Unterstützung an meiner Seite, wodurch diese vermeintliche Schwäche wieder ausgeglichen wird. Und dafür habe ich als Frau wiederum womöglich mehr Einfühlungsvermögen im Umgang mit Kunden und Mitarbeitern, als so mancher männliche Kollege.

Haben Sie einen Plan für die nächsten zwei, drei Jahre?
Auf jeden Fall möchte ich Kinder haben. Dafür werde ich sicher viel Energie aufbringen müssen, aber ich bin es ja immerhin gewohnt, mich zu organisieren. Und genau das, eine gute Organisation, habe ich schon bei vielen berufstätigen Müttern beobachten können. Deshalb spricht aus meiner Sicht auch in geschäftlicher Hinsicht nichts zwingend dagegen, weibliche Mitarbeiter einzustellen, wenn die Strukturen einmal richtig gesetzt worden sind. Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt eine hervorragende Mitarbeiterstruktur. Das Team hat sich gefestigt. Ich würde das gerne erstmal eine Weile so weiterlaufen lassen und könnte mir gut vorstellen, noch einen weiteren Standort zu eröffnen.

Ihr großer Wunsch?
Mehr Frauen in meinem Unternehmen. Und dahingehend vor allem erstmal mehr weibliche Auszubildende. Dafür würde ich auch gerne persönlich in Schulen werben.

Ihr Rat an engagierte Frauen?
Probiert euch aus und macht etwas, das euch wirklich Spaß macht!

Dieses Interview ist Teil der Reports „Gründerinnen-Nation Deutschland?“, den das Handelsblatt Research Institute in Kooperation mit Google for Startups erstellt hat. Der Report wird beim Live im Streamingevent Gründerzeit am 25. Februar, 17.30 vorgestellt. Hier kann man sich dafür anmelden.

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